Personalmanagement 09.06.2011

Teil 3: Praxisführung mit angestellten Zahnärzten



Teil 3: Praxisführung mit angestellten Zahnärzten

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Der erste Teil dieser Serie befasste sich mit den Vorteilen der Neupatientenaufnahme nach dem Chefarztprinzip. Im zweiten Teil wurden die Chancen des gesunden Praxiswachstums durch systematische Delegation dargestellt. Dieser Beitrag gibt Ihnen eine Orientierung zu den Vergütungsmöglichkeiten für angestellte Zahnärzte.

Die Verdienstmöglichkeiten des angestellten Zahnarztes fallen im Vergleich zum Praxisinhaber natürlich deutlich geringer aus. Alles andere wäre auch nicht sachgerecht, denn der Angestellte hat systembedingt einen elementar kleineren Leistungsradius und trägt kein unternehmerisches Risiko. Außerdem liegt die medizinische Verantwortung für sein zahnärztliches Agieren in letzter Instanz beim Praxisinhaber. Es ist in der Zahnarztpraxis letztlich nichts anderes als in jedem anderen Betrieb: Die Entscheidung für Selbstständigkeit oder Anstellungsverhältnis ist mit vielfältigen Konsequenzen verbunden, wozu auch die Festlegung auf das erzielbare Einkommensspektrum gehört.

Verschiedene Blickwinkel auf das „gerechte Gehalt“

Die Beratungspraxis zeigt, dass die Vorstellungen zu einem „gerechten Gehalt“ bei den Beteiligten mitunter weit auseinanderklaffen. Zur Vereinbarung einer umsatzabhängigen Vergütung als wesentliche Gehaltskomponente ist man sich in der Regel schnell einig. Meinungsverschiedenheiten entstehen jedoch häufig an den zugrunde liegenden Prozentpunkten, also an der Frage: Welcher Teil vom selbst erwirtschafteten Honorar fließt als Gehalt? Hierbei haben die Beteiligten naturgemäß einen unterschiedlichen Blickwinkel. Für den Gehaltsempfänger ist das Bruttogehalt die Verhandlungsgröße und das Nettogehalt der letztlich alltagswirksame Betrag. Den Praxisinhaber interessieren diese beiden Werte eher wenig – für ihn ist der Personalaufwand inklusive Arbeitgeber-Nebenkosten die betriebswirtschaftlich relevante Summe. Wenn es in die Gehaltsverhandlungen geht, sind beide Parteien zunächst gut beraten, sich mit der jeweils anderen Sichtweise des Vertragspartners vorab vertraut zu machen.

Faustregel

Wir empfehlen als Faustregel, dass der gesamte Personalaufwand (= Summe aus Bruttogehalt und Arbeitgeber-Sozialabgaben) über ein Gesamtjahr gesehen bei rund 30 Prozent der vom Angestellten erwirtschafteten Honorareinnahmen (= eigene Umsätze ohne Labor, ohne Prophylaxe) liegen sollte. Das entspricht einer Umsatzbeteiligung von 25 Prozent (= Bruttogehalt), die sich inklusive Arbeitgeber-Nebenkosten (20 Prozent) auf einen Personalaufwand von 30 Prozent (vom Umsatz des Angestellten) addiert. Diese Empfehlung gilt mit folgende Zusätzen: Es ist angezeigt, ein Mindestgehalt als Fixum zu vereinbaren, um dem Angestellten den Einstieg zu erleichtern und das Gefühl der abgesicherten Existenzgrundlage zu vermitteln. Für hohe Umsätze kann es betriebswirtschaftlich vertretbar und im Gesamtgefüge auch sehr sinnvoll sein, eine Staffelung zu vereinbaren. Ein Berechnungsbeispiel steht im weiteren Text.

25 Prozent Umsatzbeteiligung mögen dem angestellten Zahnarzt zunächst gering erscheinen. Folgen aber sehr schlüssig dem Blick auf die Kostenpositionen, die mit der Einstellung eines weiteren Behandlers zusätzlich in der Praxis entstehen und häufig keine angemessene Beachtung finden. Zu nennen sind insbesondere:

  • Personalkosten für zusätzliche Assistenzkräfte und Verwaltungsmitarbeiter (Terminvergabe, Abrechnung, Patientenführung, Beratungsgespräche)
  • Bereitstellung der Raumressourcen (was übrigens nicht selten zulasten der Produktivität des Praxisinhabers stattfindet) inklusive Erweiterungsinvestitionen (Finanzierungskosten, AfA) in medizinische Geräte, Instrumente und angepasste Lagerhaltung
  • Verbrauchsmaterial (je nach Leistungsbereich circa vier bis zehn Prozentpunkte vom Umsatz)
  • Verwaltungskosten, die sich durch die zusätzlichen Umsätze erhöhen (Abrechnungsgesellschaft, Telefon, Büromaterial, Steuerberatung etc.)

Enorme Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Anstellungsverhältnisses für den Praxisinhaber kann auch die Budgetsituation haben. So gibt es beispielsweise in Niedersachsen für einen angestellten Vollzeit-Zahnarzt (= mehr als 30 Wochenstunden) kein volles Budget, sondern 70 Prozent. Je nach Konzept und Patientenstruktur der Praxis ist man mehr oder weniger schnell im Abzugsbereich. Die Umsatzbeteiligung kann sich natürlich immer nur auf die tatsächlich ausgezahlten Honorare (= HVM-Kürzung bzw. sonstige Honorarverluste berücksichtigen) beziehen. Dies sollte vorausschauend besprochen, zweifelsfrei vereinbart und in der Honorarstatistik, die der Gehaltsberechnung zugrunde liegt, abgebildet werden. Die Tabelle 1 zeigt die konkreten Euro-Beträge bei einem Fixum von 30.000 Euro pro Jahr (2.500 Euro pro Monat) und einer Honorarbeteiligung von 25 Prozent. Die entsprechend ab 120.000 Euro Jahresumsatz zu Gehaltssteigerung führt.

Vollauslastung des Angestellten ist entscheidend

Grundsätzlich sollte die Einstellung eines Zahnarztes begleitet sein von einem Maßnahmenpaket, das der schlichten Frage folgt: Wie erreichen wir möglichst schnell die Vollauslastung des neuen Kollegen? Denn: je höher die Umsätze sind, desto mehr gibt es im Interesse aller zu verteilen. Die umsichtige Fortentwicklung der Praxisstrukturen (z.B. Aufbau fachlicher Spezialisierungen, durchdachtes Terminmanagement, langfristige Behandlungsplanung, Marketingkonzept zur Steigerung des Patientenvolumens etc.) gibt dieser Zielformulierung ein wirksames Korsett. So kann es dem Angestellten auf Dauer gelingen, einen Honorarumsatz von zum Beispiel 250.000 Euro und mehr pro Jahr zu erreichen. Weil die Praxiskosten glücklicherweise nicht linear steigen und bei höheren Gehältern zusätzlich die Beitragsbemessungsgrenzen positiv greifen, bieten diese Umsatzregionen attraktive Gestaltungsspielräume. An denen der umsatzstarke Angestellte beteiligt werden kann. Beispielsweise nach folgendem Prinzip: Bis 216.000 Euro 25 Prozent. Für alles darüber: Zusätzliche zehn Prozent. Die dann entstehende Situation ist in Tabelle 2 dargestellt.

Um den breiten Blick des Angestellten für die Entwicklung der Gesamtpraxis zu stärken oder spezielle Zukunftsziele der Praxis zu befördern, sind natürlich auch andere, individuell ausgearbeitete Gehaltskomponenten denkbar. In dieser Liga ergeben sich für den engagierten Angestellten im Vergleich zum Durchschnittseinkommen selbstständiger Praxisinhaber (laut aktuellem KZBV-Jahrbuch liegt der Median bei 108.620 Euro hochinteressante Verdienstmöglichkeiten. Gleichzeitig verbleibt eine angemessene Gewinnsteigerung in der Praxis. Die genannten Prozent-Staffelungen dienen als Anhaltspunkte. Um Gehaltsverhandlungen auf ein solides Fundament zu stellen, empfiehlt sich in jedem Fall eine präzise Kalkulation mit den konkreten betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Zielformulierungen der Arbeitgeberpraxis.

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