Personalmanagement 22.06.2022
Wie Kommunikation innerhalb des Praxisteams gelingen kann
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Der Erfolg eines Praxisteams hängt maßgeblich von der Art der Kommunikation innerhalb des Praxisteams ab: Wer erzählt wem etwas, wer weiß was, wie geht man mit Regelverstößen um, wer tauscht sich wie aus und wie erfahren einzelne Teammitglieder wichtige Dinge? Ob Flurfunk, Learning by doing als Neuer im Team oder Regelbrüche, die unangesprochen bleiben – solche Entwicklungen behindern massiv den Weg hin zu einer gemeinsamen Teamarbeit. Denn Wissen ist die zentrale Macht in einer Praxis. Die Art, wie dieses Wissen innerhalb des Teams geteilt wird, bestimmt den Erfolg.
Die Zusammenarbeit in der heutigen Zahnarztpraxis ist sehr komplex geworden. Ständige Weiterentwicklung von Techniken oder Umsetzung gesetzlicher Regelungen (z. B. Hygieneanforderungen) machen permanente Veränderungen an den Abläufen notwendig. Teams bestehen zunehmend aus unterschiedlichen Individuen, die sich in Alter, Berufserfahrung oder kultureller Herkunft unterscheiden – und diese Heterogenität nimmt stetig zu. Wandel erleben wir auch bei der Entwicklung von Teams: Mitarbeiter sind heute wechselfreudiger und so ist eher die Fluktuation fester Bestandteil unserer Praxiswelt geworden als die Beständigkeit eines Teams, wenn es über einen langen Zeitraum in der gleichen Kombination zusammenarbeitet. Es kommen aber auch noch weitere Aspekte hinzu. Ökonomisch erfolgreiche Praxen erfahren einen Zulauf an Patienten, der wiederum ein Wachsen des Teams nach sich zieht. Kommen angestellte Zahnärzte hinzu, so ist weiteres Assistenz- und Verwaltungspersonal notwendig. Ab einer gewissen Spanne von Mitarbeitenden wird es zudem notwendig, auch Führungsebenen einzuführen. Die Anforderungen an den Austausch und die Kommunikation untereinander und an Führung nimmt dann deutlich zu. Mit ihr entstehen eine Reihe von Gefahren. All diese Entwicklungen stellen hohe Anforderungen an die Art und Weise, wie Wissen innerhalb des Teams weitergegeben wird.
Wissensvermittlung ist eine Frage der Zeit
Der Satz „Wissen ist Macht“ gilt in vielfältiger Weise. So verfügen Berufserfahrene über mehr Wissen als Auszubildende, was z. B. Abläufe, medizinische Zusammenhänge angeht. Auszubildende können nur dann zu echten Berufsanfängern werden, wenn sie systematisch und nicht nur in Ausnahmefällen alles Wissen vermittelt bekommen, was für die Ausbildung (Rahmenlehrplan) und für die Praxis (QM) wichtig ist. Sie sollten daher nicht nur durch Zuschauen und zufälliges Erklären („weil gerade eine Präparation ansteht, zeige ich sie dir jetzt mal“) Wissen aneignen können, sondern durch systematisches Begleiten ihrer Ausbildung. Dazu gehören Wissensvermittlung anhand des Rahmenlehrplans, Überprüfen des Wissens durch Zeigen/Zuschauen lassen und Nachmachen und vor allem durch Raum für individuelle Entwicklung, z. B. in Form von Feedbackgesprächen. Gerade letztere sollten regelmäßig erfolgen, auch auf positive Entwicklungen bei den Azubis hinweisen und nicht nur negative Rückmeldungen zum Inhalt haben. Es sind Menschen, die an der Schwelle des Erwachsenenalters stehen und neben der beruflichen Reife auch eine persönliche durchschreiten. Sie brauchen und suchen daher Orientierung, Vorbilder und klare Vorgaben. Unser Bildungssystem mit dem neuen Rahmenlehrplan bildet dafür die ideale Grundlage. In anderen Berufen werden Ausbildungen strukturiert und auf dieser Basis mit entsprechenden Ressourcen (Zeiten, Personal, Material) schon seit Jahren umgesetzt, und diese Praxis hat sich sehr bewährt. Dort, wo viel in Ausbildung investiert wird, ist die Auflösungsquote deutlich geringer. Die Ausbildung der Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) gehört dagegen zu den Ausbildungsberufen mit der höchsten Auflösungsquote überhaupt. Eine Entwicklung, die übrigens den Fachkräftemangel in unserer Branche stark fördert. Auch das Alter der Zugehörigkeit kann zur Ungleichheit des Wissens beitragen: Wenn die neuen Mitglieder im Team nicht mit allen formellen und informellen Regeln vertraut gemacht werden, dann besteht die Gefahr, dass Altgediente immer mehr wissen als jene, die nachkommen. Gerade in Praxen, die eine hohe Fluktuation haben, zeigen sich innerhalb des Teams zwei Gruppen: Die langjährigen Mitglieder, die alles wissen und die neuen, die kaum etwas wissen. Verständlich, dass die erste Gruppe irgendwann keine Lust mehr hat, der zweiten etwas zu erklären, wenn sie erstens das Gefühl haben, dass die Neuen nur kurz dabei sind und zweitens keine Ressourcen für die Wissensvermittlung haben. Ein oft gehörter Satz von Leistungsträgern aus der Assistenz lautet: „Ich würde ja die Neuen gerne einarbeiten oder den Azubis helfen, aber wenn ich das neben meinen eigentlichen Tätigkeiten auch noch machen soll, schaffe ich das nicht.“ Hier zeigt sich das eigentliche Dilemma: Oft werden engagierte Mitarbeitende gefragt, ob sie die Neuen einarbeiten oder den Azubi anlernen können („Haben Sie Lust, sich um die Azubis zu kümmern?“), aber es werden keine Ressourcen in Form von Zeitfenstern und Fortbildung oder Material (Literatur) angeboten. Manch einer macht das aus eigenem Antrieb eine Weile „mal so nebenbei mit“. Allerdings ist es auf dieser Basis auf längere Sicht gesehen verständlich, dass dieser Einsatz irgendwann nachlässt.
Wissensvermittlung ist eine Frage der Struktur
Es ist daher sehr sinnvoll, im Sinne der Praxis Zeit und Ressourcen in die Wissensvermittlung gegenüber den Neuen und Auszubildenden zu investieren. Dies kann z. B. durch die Rolle von Mentorinnen geschehen, die auf Grundlage fester Einarbeitungspläne gezielt neues Wissen vermitteln, den Wissensstand überprüfen und auch dokumentieren. Letzteres ist übrigens für die Umsetzung des Delegationsrahmens wichtig.
Sollte man alles Wissen vermitteln?
Nein, aber jene Abläufe, die erfolgskritisch für eine Praxis sind und/oder wo neue Mitarbeiter bisher keine Erfahrung gemacht haben.
Welches Wissen sollte überprüft werden und warum?
Erstens ist der Ablauf in jeder Praxis unterschiedlich und die ersten Wochen fühlen sich oft auch für Berufserfahrene wie ein Jobwechsel an. Hier sei nur ein Hinweis auf die vielen Praxissoftwareprogramme gegeben, die derzeit in Praxen eingesetzt werden. Der zweite Grund, sich auch scheinbar selbstverständliche Handlungen zeigen zu lassen (z. B. Umsetzung der Hygieneanforderungen), ist, dass man sich als neue Praxis einfach sicher sein sollte, dass die neuen Mitarbeiter es auch im Sinne der Praxis richtig machen. Nur weil jemand sagt, er kenne die Bedienung eines Autoklavs und sich dabei selbstbewusst gibt, heißt es noch lange nicht, dass er das Gerät auch beherrscht. Manch einer diskutiert dann nach einigen Wochen auch diese Bedienung: („In meiner alten Praxis habe ich das aber immer anders gemacht“) und rechtfertigt damit seine Handlungen. Hier helfen nur klare Hilfestellungen und Anweisungen von Beginn an.
Wissensvermittlung ist eine Frage der Kontrolle
Wissen sollte besonders für die informellen Regeln innerhalb eines Teams vermittelt werden. Die Frage ist dabei auch: Wer toleriert oder sanktioniert Regelverstöße? Als Beispiele seien nur die Themen Raucherpausen oder Arbeitszeiterfassung genannt. Dies sind hochemotionale Themen, die immer wieder zu Auseinandersetzungen führen. Hier helfen nur klare Richtlinien, die von Beginn an mit allen Neuen besprochen werden und so für alle Mitarbeitenden gelten (QM, Mitarbeiterhandbuch). Das ist die Basis – genauso wichtig ist auch das Einhalten im Praxisalltag, denn diese Regeln gelten für alle im Team. Das bedeutet, dass jeder Regelverstoß direkt von der Praxisleitung geahndet wird. Ein schlankes und sehr effizientes System der Wissensvermittlung, das dem hohen Gerechtigkeitsempfinden der Mitarbeitenden gerecht wird. Dies ist ein starkes Bindungsinstrument für Leistungsträger.
Fazit
Wir sehen: Nur wer weiß, was von ihm erwartet wird, kann dieses Wissen auch in diesem Sinne umsetzen. Wenn die Praxisleitung dieses Wissen proaktiv vermittelt und überprüft, Regeln kommuniziert und alle Verstöße ahndet, kann ein Team wachsen und zu einer echten Zusammenarbeit gelangen. Nutzen wir also diese Macht.
Dieser Beitrag ist im Prophylaxe Journal erschienen.