Praxiseinrichtung 09.11.2011
Wann rechnet sich eine neue Behandlungseinheit?
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Attraktiv sind sie, die neuen Einheiten, die durch viele Verbesserungen hinsichtlich Workflow, Individualität, Ergonomie, Flexibilität und Design komfortableres und effizienteres Arbeiten versprechen. Welche betriebswirtschaftlichen Entscheidungskriterien zu berücksichtigen sind bei der Frage, wann und in welcher Form sich eine Anschaffung lohnt, wird im folgenden Artikel erläutert.
Bei vielen Investitionen in den technischen Fortschritt, wie zum Beispiel in ein CEREC-System, einen DVT oder in ein neues Lasergerät,
war es schon immer die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit, die den
Ausschlag für die Kaufentscheidung gab. Oder anders formuliert: Können
durch diese Investition so viele zusätzliche Einnahmen erzielt werden,
dass sie die entstandenen Kosten übersteigen? Bei einer
Behandlungseinheit sah dies bislang anders aus, und nur in den
allerwenigsten Fällen ließen sich die Auswirkungen einer neuen Einheit
auf das Honorarvolumen einer Praxis in konkrete Zahlen fassen. Da sich
die Innovationskraft moderner Einheiten heutzutage aber nicht mehr nur
in Arbeits- und Patientenkomfort, sondern vor allem in der Effizienz
zeigt, könnte sich hier eine Veränderung bezüglich der wirtschaftlichen
Betrachtung abzeichnen.
Hoher Anspruch an Wirtschaftlichkeit
Der
hohe Automatisierungsgrad, durch den sich die neuen Einheiten
auszeichnen, führt dazu, dass viele vormals manuell und damit
zeitaufwendig auszuführende Arbeitsschritte automatisch angesteuert und
schneller durchgeführt werden können. Das Umschalten zwischen
verschiedenen Geräten und Behandlungsfunktionen sowie die Unterstützung
effizienter Behandlungsabläufe sollen einfach sein. Und ein geringerer
Aufwand für Hygiene, Wartung und Vorbereitung der Behandlung führt zu
kürzeren Rüstzeiten. Viele Behandlungen können somit schneller bei
gleichbleibendem Honorar erbracht werden. Die gewonnene Zeit kann der
Zahnarzt für zusätzliche Behandlungen nutzen. Abgesehen von dieser
Entwicklung stehen die Anschaffungskosten einer Einheit im Mittelpunkt
der Investitionsüberlegungen, und es stellt sich hier vor allem die
Frage: „Um wie viel Euro verändert eine neue Behandlungseinheit die
Kosten pro Behandlungsstunde einer Praxis?“
Geringere Kosten durch zusätzliche Einheit
Wie
hoch ist die Auslastung der bereits vorhandenen Behandlungseinheiten?
Diese Frage muss sich eine Praxis stellen, die in eine zusätzliche
Einheit investieren, also eine Erweiterungsinvestition tätigen will.
Zeigen die Statistiken nämlich keine Vollauslastung der vorhandenen
Behandlungseinheiten in der Vergangenheit, so ist die Notwendigkeit
einer solchen Investition kritisch zu hinterfragen. Mögliche Gründe für
Erweiterungsinvestitionen sind beispielsweise der Eintritt eines
weiteren Behandlers oder die Erweiterung des Prophylaxebereichs.
Eröffnet eine zusätzliche Einheit die Möglichkeit, mit mehr behandelnden
Zahnärzten als bisher zu arbeiten, so liegt der wirtschaftliche Vorteil
darin, dass die Fixkosten der Praxis auf mehr Behandlungsstunden
verteilt werden. Erfahrungsgemäß sinken auf diese Weise die Kosten pro
Behandlungsstunde, da sich bei einem zusätzlichen Behandler ja weder
Miete, EDV-Kosten noch die Kosten für das Röntgengerät oder für die
Rezeptionskraft erhöhen. Selbst wenn eine zusätzliche Stuhlassistenz
eingestellt und in eine weitere Behandlungseinheit investiert würde,
hätte dies eine Absenkung der Kosten pro Behandlungsstunde zur Folge.
Das
nachfolgende Beispiel verdeutlicht den sogenannten Degressionseffekt:
Die jährlichen Praxiskosten (ohne Fremdlabor- und Materialkosten) einer
Einzelpraxis betrugen in der Vergangenheit 170 Tsd. Euro. Die Praxis
expandiert und beschäftigt deshalb einen weiteren angestellten Zahnarzt
(Personalkosten 60 Tsd. Euro p.a.). Darüber hinaus stellt sie eine
weitere Stuhlassistenz (30 Tsd. Euro Personalkosten pro Jahr) ein und
investiert in eine zusätzliche Behandlungseinheit (7,8 Tsd. Euro Leasing
pro Jahr). In diesem Fall verringern sich die Behandlungskosten (ohne
Labor, Material und Factoring) pro Behandlungsstunde um rund ein Drittel
(s. Tabelle unten). Solche Kostensenkungseffekte durch eine
Erweiterungsinvestition verbessern aber nur die Rentabilität der Praxis,
wenn genügend zusätzliches Behandlungspotenzial in der Praxis vorhanden
oder genügend neue Patienten akquiriert werden können. Aus diesem Grund
ist es sinnvoll zu berechnen, welche Praxiseinnahmen zusätzlich
notwendig sind, damit der Gewinn nach der Investition zumindest auf dem
Niveau bleibt, auf dem er sich vorher bewegt hat.
Alt durch neu ersetzen
Wer
seine alte Einheit durch eine neue ersetzt, erhöht in der Regel seine
monatlichen Kosten und bindet Geld. Nur in Ausnahmefällen übersteigt der
Reparaturaufwand für die alte Einheit die Mehrbelastungen, welche durch
die neue entstehen. Rein rechnerisch stellt sich das beispielhaft für
eine neue Einheit mit einem Listenpreis von 34.000 Euro wie folgt dar:
Eine Einheit wird für 650 Euro pro Monat geleast. Die jährliche
Belastung liegt bei 7.800 Euro. Eine Mehrbelastung von 5.300 Euro ergibt
sich, wenn man den jährlichen Reparaturaufwand für das alte Gerät in
Höhe von 2.500 Euro abzieht. Die Behandlungsstunde kostet nun 3,60 Euro
mehr als vor der Investition (Berechnung 5.300 Euro: 1.474
Behandlungsstunden pro Jahr, Durchschnitt lt. KZBV Jahrbuch). Nun steht
der Zahnarzt vor der unternehmerischen Frage, wie er diese
Kostensteigerung kompensieren kann. Rechnet der Zahnarzt mit höheren
Honoraren als Folge der mit der modernen Einheit einhergehenden
Arbeitserleichterungen? Wird die Zeiteinsparung durch die neue Einheit
so groß sein, dass durch zusätzliche Behandlungen mehr Honorare
erwirtschaftet werden? Und sind hierfür genügend Patienten da? Weitere
Eigenschaften einer Behandlungseinheit, wie Patientenkomfort oder
Design, lassen sich schwer in Zahlen fassen. In einer gut laufenden
Praxis runden sie aber das Bild der gesamten Praxis in positiver Weise
ab.
Fazit
Der Kostensprung zur Anschaffung ei-ner neuen Einheit (Ersatzinvestition) verkleinert sich in dem Maße, in dem Ausfallzeiten und Reparaturkosten für die alte Einheit zunehmen. Hinzu kommen die Arbeitserleichterungen durch die neue Einheit. Benötigt wird entsprechendes Patientenpotenzial, um die durch die Einheit gewonnenen Freiräume zu nutzen. Bei der Erweiterungsinvestition ist die wirtschaftliche Beurteilung etwas komplexer. Grundsätzlich gelten aber ähnliche Bewertungskriterien, die helfen, Chancen und Risiken der Investition realistisch einzuschätzen. Angesichts des rasanten technischen Fortschritts, der sich in einigen modernen Einheiten manifestiert, stellt sich vielen Praxen mit älteren Einheiten jedoch fast nicht mehr die Frage, ob sie sich die neue Einheit leisten können, sondern ob sie es sich leisten können, noch nicht zu investieren.