Praxismanagement 07.11.2014

Fehler bei der Praxisneugründung vermeiden

Fehler bei der Praxisneugründung vermeiden

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Der Weg in eine selbstständige Tätigkeit als Zahnarzt birgt viele Verwirklichungsmöglichkeiten, aber auch einige Risiken. Bei schlechter Planung und mangelnder Information im Vorfeld steht unter Umständen der Verlust einer hohen Investitionssumme auf dem Spiel. Um vermeidbare Fehler beim Start in die Selbstständigkeit zu umgehen, sollten die im nachfolgenden Artikel beschriebenen Aspekte rechtzeitig bedacht werden.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, sich als Zahnarzt selbstständig zu machen: die Praxisneugründung, die Übernahme einer bestehenden Praxis oder der Einstieg als Partner in eine Berufsausübungsgemeinschaft. Bei der Übernahme einer bestehenden Praxis bzw. dem Einstieg in eine Berufsausübungsgemeinschaft ist das Risiko des Existenzgründers zunächst überschaubarer als bei einer Neugründung, da man hier auf Basis von Vergangenheitswerten einfacher planen und kalkulieren kann. Mit den bereits vorhandenen Organisations-, Personal- und Patientenstrukturen ist der Existenzgründer in der Lage, vom ersten Tag an zu arbeiten und Umsätze zu generieren. Dies lässt die Praxisübernahme bzw. den Einstieg in eine Gemeinschaft im ersten Moment für viele lukrativer erscheinen. Bei der Neugründung ist wesentlich mehr zu organisieren und zu bedenken. Der Unternehmer ist hier am Anfang mehr gefordert als der Zahnarzt.

Vorteile:

  • Praxisstandort frei wählbar
  • Praxisgestaltung und Geräteausstattung frei wählbar
  • Praxiskonzept frei wählbar
  • Praxispersonal frei wählbar/keine Abfindungen für überbezahlte Altkräfte etc.
  • Kein Kaufpreis für Patienten die ggf. nach Übernahme nicht mehr kommen
  • Keine Investition in veraltete Praxisausstattung ohne Garantie
  • Keine finanziellen Mittel für nötige Umbauund Modernisierungskosten

Nachteile:

  • Keine Kollegen zum Erfahrungsaustausch
  • Keine Erfahrungswerte vorhanden
  • Circa ein bis zwei Jahre Vorfinanzierung des privaten Lebensunterhaltes
  • Höherer Planungsaufwand
  • Mehr unternehmerische Kompetenz und Willen erforderlich
  • Höherer Kapitalbedarf

Die Entscheidung zwischen Neugründung und Übernahme sollte daher zunächst in den Fokus gestellt werden. Erst wenn sichergestellt ist, dass der Zahnarzt bei einer Neugründung eine bessere berufliche Verwirklichung erreichen kann, sollte nach einem geeigneten Standort gesucht werden.

Standortsuche/-analyse

Ist die Wahl auf eine Neugründung gefallen, sollten die Vorstellungen vom Standort und der Wunschpraxis mit einem Depot erörtert werden. Passende Objekte werden oft von Depots in Zusammenarbeit mit Immobilienentwicklern vermittelt. Zur Standortanalyse gehören unter anderem die Kaufkraft und das Alter der Bevölkerung, die Wettbewerbssituation sowie die Patientenzahl pro Zahnarzt. Die Standortwahl ist das A und O der erfolgreichen Neugründung. Erst wenn sicher ist, dass das Praxiskonzept und die Schwerpunkte auch zu den Erwartungen der Patienten vor Ort passen und man sich damit gegenüber der Konkurrenz durchsetzen kann, sollte der Einstieg in die Planung erfolgen.

Praxiskonzept

Vor allem in den Ballungsräumen und Großstädten nimmt der Wettbewerb immer mehr zu. Daher sollten vor allem die Zielgruppe sowie das Leistungsspektrum der Praxis klar definiert werden. Das gesamte Team muss hinter der festgelegten Behandlungs- und Abrechnungsphilosophie stehen, damit eine einheitliche Praxismeinung vertreten wird. Die Unternehmerseite des Existenzgründers ist hierbei noch stärker gefragt als seine zahnärztliche Qualifikation.

Businessplan/Drei-Jahres-Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

Für die finanzierende Bank, aber vor allem für sich selbst sollte der Gründer gemeinsam mit seinem – auf die Beratung von Zahnärzten spezialisierten – Steuerberater eine sog. Drei-Jahres-Wirtschaftlichkeitsberechnung durchführen. Diese sollte ein realistisches Ergebnis der Lage widerspiegeln. Gefragt ist Ehrlichkeit zu sich selbst: Fällt die Prognose nicht vorteilhaft aus, sollte das Projekt verworfen werden. Die Wirtschaftlichkeitsprognose sollte in Anlehnung an das Praxiskonzept eine fundierte Umsatzplanung mit den damit verbundenen Kosten beinhalten. Nachdem das Praxisergebnis ermittelt wurde, ist die Liquidität nach Abzug von Steuern, Tilgung, Privatausgaben, Versicherungen und Vorsorgeaufwendungen Basis für die Kalkulation des geplanten Kontokorrentrahmens. In aller Regel wird bei einer Neugründung im ersten Jahr ein Verlust erwirtschaftet. Das zweite Jahr führt meist zu einem ausgeglichenen Ergebnis und erst das dritte Jahr endet mit einem ausreichenden Gewinn. Dieses Wissen sollte als Basis für die Finanzierungsplanung dienen.

Finanzierungskonzept/Versicherungen/Liquidität

Die durchschnittliche Neugründung kostet nach IDZ 429.000 EUR bzw. 414.000 EUR nach KZBV Jahrbuch von 2013. Eigenkapital ist in aller Regel auch bei einer Neugründung nicht erforderlich. Rücklagen für private Lebenshaltungskosten in der Anlaufphase sind aber durchaus hilfreich. Finanzierungsmängel und vor allem eine unzureichende Liquiditätsplanung führen häufig zum Scheitern der Neugründung. Daher sollte lieber ein Sicherheitspuffer eingeplant werden, damit unangenehme Überraschungen erspart bleiben. Folgende Fragen sollten sich klar beantworten lassen: Wie viel Geld von welcher Bank wird zu welchem Zeitpunkt benötigt? Wie und ab wann soll getilgt werden? Besteht ein Anspruch auf Fördermittel, welche Unterlagen sollten für das Bankgespräch vorbereitet werden? Macht es Sinn, zur Verbesserung der Liquidität von Beginn an mit einer Abrechnungsgesellschaft zusammenzuarbeiten? Welche Versicherungen werden benötigt?

Praxisplanung und Geräteausstattung

Hierzu sollte frühzeitig das Gespräch mit einem Depot gesucht und sich über die Ausstattungs- und Gestaltungsmöglichkeiten informiert werden. In aller Regel verfügen die Depots über gute Erfahrungswerte darüber, was alles benötigt wird, und können Service aus einer Hand anbieten. Bei Interesse für eine individuellere architektonische Gestaltung ist dringend darauf zu achten, dass der Architekt der Wahl bereits einige Zahnarztpraxen geplant hat. Die Erfahrung zeigt, dass hier mitunter erhebliche Planungsfehler begangen werden, wenn dem Architekten das nötige Spezialwissen fehlt. Ebenfalls empfiehlt es sich, ein Depot vor Ort zu wählen, das später auch den nötigen Service anbieten kann. Bei einer durchschnittlichen Investition von 400.000 EUR kann ruhig mit allen Anbietern verhandelt werden. Bei der Neugründung sollte man nicht gleich überpowern, denn je höher das Investitionsvolumen, desto höher ist auch der Druck, von Anfang an genug Umsatz zu erwirtschaften. Daher macht es hier durchaus Sinn, z.B. schon Vorkehrungen für ein eventuell geplantes Eigenlabor oder z.B. das vierte Behandlungszimmer zu treffen, diese aber eben noch nicht einzurichten. Das wird sich positiv auf die Rentabilität auswirken, denn der häufigste Fehler sind zu hohe Investitionen. Daher lieber klein starten und wenn es gut läuft, weiter investieren. Das gilt auch für Personal- und andere Kostenpositionen.

Mietvertragsgestaltung

Auch hier ist es wichtig, einen auf Zahnärzte spezialisierten Anwalt hinzuzuziehen, für den ein Mietvertrag über eine Zahnarztpraxis nichts Neues ist. Gerade wenn es um das Thema der Übernahme von Umbau-/Einbaukosten durch den Vermieter geht, sollte man die einzelnen Möglichkeiten durchkalkulieren. Auch Verlängerungsoptionen sowie die Möglichkeit, weitere Kollegen mit in den Mietvertrag aufnehmen zu können, sollten verhandelt werden. Entscheidend ist auch, ob der Praxismietvertrag später mit oder ohne Rückbauverpflichtung beendet werden darf.

Marketingkonzept

Gerade bei einer Neugründung, bei der alle Patienten neu gewonnen werden müssen, ist ein Marketingkonzept mit entsprechendem Marketingbudget unerlässlich. Es bringt nichts, an dieser Stelle zu sparen und darauf zu warten, bis die Patienten über Mund-zu-Mund-Propaganda den Weg in die Praxis finden. Der Gründer benötigt von Beginn an so viele Patienten wie möglich, um seine Kosten zu decken. Daher sollte das Marketingkonzept schon mindestens vier Wochen vor Eröffnung der Praxis ansetzen und frühzeitig auf diese aufmerksam machen. Es gibt heute vielfältige Möglichkeiten, neue Patienten zu akquirieren. Das fängt bei den klassischen Maßnahmen wie Praxislogo, Corporate Identity, Visitenkarten, Flyer, Schilder, Homepage an und geht über Bewertungsportale wie Jameda, Social Media wie Facebook und Suchmaschinenoptimierung wie Google AdWords weiter. Daneben sind Zeitungskampagnen, Patienteninformationsveranstaltungen etc. möglich. Sehr wichtig ist die Erfolgsüberwachung dieser Maßnahmen mit gezielten Fragen bei der Anamnese. Auch hierbei ist die Zusammenarbeit mit Beratern/Agenturen sinnvoll, die sich mit dem dentalen Berufsfeld auskennen.

Privatkonzept/Familie

Viele Existenzgründungen scheitern daran, dass es neben dem beruflichen Stress noch zu privatem Ärger kommt. Daher sollte die Familie/Lebenspartner darauf vorbereitet werden, dass in der Gründungsphase sowie in den ersten drei Jahren sehr viel Zeit, auch Freizeit, in die neue Praxis investiert werden muss und dass es auch in finanzieller Hinsicht zu Einschränkungen kommen kann. Nur mit der nötigen Unterstützung wird der Erfolg greifbar.

Fazit

Eine Praxisneugründung ist grundsätzlich sehr interessant und individueller als andere Formen der Existenzgründung. Sie hat den Vorteil, dass die Räume, Ausstattung und Arbeitsweise nach eigenen Vorstellungen gestaltet werden können. Die Neugründung verlangt aber insgesamt etwas mehr „Unternehmergeist“ als die Übernahme, daher ist eine fundierte branchenspezifische Beratung bereits in der Planungsphase unerlässlich.

Autor/Kontakt:

ADVISA Steuerberatungs GmbH
Dipl.-Betriebswirt Thomas Weilbach
Grüneburgweg 12
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