Praxismanagement 19.11.2015

MVZ als Alternative zu Juniorpartnern



MVZ als Alternative zu Juniorpartnern

Foto: © Sfio Cracho – Shutterstock

Seit dem Inkrafttreten des Versorgungsstärkungsgesetzes (GKV-VSG) können auch Zahnärzte Medizinische Versorgungszentren (MVZ) gründen. Dies stellt insbesondere für Praxen auf Wachstumskurs eine gute Alternative zur Aufnahme von Juniorpartnern dar, die mit vielen Risiken behaftet ist.

Werden Berufsausübungsgemeinschaften, mit Senior- und Juniorpartnern als Gesellschafter, von der Rechtsprechung als sogenannte „unechte Gemeinschaftspraxen“ eingestuft, drohen sowohl Honorarrückforderungen als auch die Gewerbesteuerpflichtigkeit der Praxis. Darüber hinaus können sich auch sozialversicherungsrechtliche Risiken ergeben.

Die Obergrenze von zwei angestellten Zahnärzten in Vollzeit bzw. vier angestellten Zahnärzten in Teilzeit ist bei Zahnarztpraxen, die sich auf Wachstumskurs befinden, schnell erreicht. Dann stellt sich die Frage, wie die Praxis weiter expandieren kann. Die Möglichkeit der Aufnahme von Mitgesellschaftern sollte gut überlegt sein. Die Aufnahme eines gleichwertigen Partners in eine bestehende und gut laufende Praxis ist oftmals nicht unproblematisch, insbesondere dann, wenn sich die Beteiligten nicht schon  zuvor beruflich kennengelernt haben.

Handelt es sich hingegen um eine sogenannte Null-Beteiligung, das heißt die Aufnahme eines Mitgesellschafters in eine Berufsausübungsgemeinschaft, ohne dass dieser am Gesellschaftskapital beteiligt ist, ist Vorsicht geboten. Fehlt es außerdem an einer echten Mitunternehmerstellung, sind in der Regel die Anforderungen der Rechtsprechung an eine echte Berufsausübungsgemeinschaft nicht erfüllt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sowie auch der Finanzgerichte ist es in einer solchen Konstellation erforderlich, dass sämtliche Gesellschafter unabhängig von ihrer Kapitalbeteiligung ein Unternehmerrisiko tragen und gesellschaftsrechtliche Mitwirkungsmöglichkeiten haben. Im Hinblick auf die Beteiligung am Unternehmerrisiko bedeutet dies, dass alle Gesellschafter am Gewinn und auch am Verlust der Gesellschaft teilhaben müssen. Die Rechtsprechung verlangt – neben der Beteiligung aller Gesellschafter am Unternehmerrisiko – zudem auch eine ausreichende Handlungsfreiheit der Gesellschafter im Sinne einer gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsmöglichkeit.

Daher sind vor allem solche Konstellationen risikobehaftet, in denen eine nicht gleichberechtigte zahnärztliche Gemeinschaftspraxis zwischen einem oder mehreren sog. Seniorpartnern und einem Juniorpartner besteht. Der Seniorpartner bringt seine Praxis einschließlich des gesamten Patientenstammes in die Gemeinschaftspraxis ein, wobei diese im Eigentum und Sonderbetriebsvermögen des Seniorpartners verbleiben und der Praxis unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Ist darüber hinaus keine echte Beteiligung des Juniorpartners am Gewinn und Verlust der Praxis vorgesehen, ist der Juniorpartner in wesentlichen Entscheidungen die Gesellschaft betreffend nicht ausreichend mitspracheberechtigt, und gibt es darüber hinaus unter Umständen sogar im Innenverhältnis eine Freistellung des Juniorpartners von Verbindlichkeiten, so handelt es sich um eine sogenannte „unechte Gemeinschaftspraxis“. In solchen Fällen geht die Rechtsprechung davon aus, dass keine Berufsausübungsgemeinschaft besteht, sondern in Wahrheit ein verdecktes Anstellungsverhältnis vorliegt – und das hat für die Praxis weitreichende Folgen.

Nachdem zunächst das Bundessozialgericht mit Urteil vom 23.6.2010 (Az.: B6KA7/09) entschieden hatte, dass an eine „unechte Gemeinschaftspraxis“ gezahlte Honorare für einen Zeitraum von 16 Quartalen zurückgefordert werden können, waren im Anschluss die Finanzgerichte auf die Problematik „unechter Gemeinschaftspraxen“ aufmerksam geworden. Das Finanzgericht Düsseldorf (Az.: 11K3968/11F) vertrat dabei die Auffassung, dass nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligte Juniorpartner, die auch nicht am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt sind, sondern lediglich eine prozentuale Beteiligung am eigenen Honorarumsatz erhalten, eine Gewerbesteuerpflichtigkeit der gesamten Praxis nach sich ziehen können.

Hinzu kommen weitere sozialversicherungsrechtliche Risiken, wie ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 12.12.2014 (L4R 1333/13) zeigt. Im Jahr 2011 führte die Rentenversicherung bei der Praxis eine Buchprüfung für den Zeitraum von 2007 bis 2010 durch. Dabei gelangte die Rentenversicherung zu der Einschätzung, dass es sich bei dem Juniorpartner nicht um einen Gesellschafter, sondern vielmehr um einen Arbeitnehmer der Zahnarztpraxis handelte. Daher war sie der Ansicht, dass der Juniorpartner der Versicherungspflicht unterliege, und verlangte vom Seniorpartner die Nachzahlung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für den Juniorpartner.

Daher sollten Zahnarztpraxen, die die Obergrenze von zwei angestellten Zahnärzten erreicht haben, sorgfältig prüfen, ob die Aufnahme von Mitgesellschaftern in die Praxis für sie die richtige Lösung darstellt. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass sich mit der nunmehr in Kraft getretenen Gesetzesänderung für solche Praxen mit der Gründung eines Zahnärzte-MVZ eine attraktive Alternative darstellt. Jede Berufsausübungsgemeinschaft kann nun in ein MVZ umgewandelt werden. Das MVZ kann – wie auch Berufsausübungsgemeinschaften – als Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder auch als Partnerschaftsgesellschaft betrieben werden. Sofern es im Einzelfall sinnvoll ist, kann die Praxis als MVZ, aber auch in der Rechtsform der GmbH betrieben werden. Einzelpraxen steht die Möglichkeit der Umwandlung in eine MVZ-GmbH ebenfalls offen. Eine Beschränkung der anzustellenden Zahnärzte gibt es im Gegensatz zu einer Berufsausübungsgemeinschaft im MVZ nicht. Vielmehr können zahlenmäßig unbegrenzt Anstellungsgenehmigungen für Zahnärzte beantragt werden, sodass dem Wachstum der Praxis insoweit keine Grenzen mehr gesetzt sind. Hinzu kommt, dass der Betrieb des MVZ in der Rechtsform einer GmbH zahlreiche interessante Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Neben den bestehenden haftungsrechtlichen Vorteilen gibt es insbesondere bei der Frage, wie im Alter das Ausscheiden aus der Praxis aussehen soll, einen weiten Gestaltungsspielraum. Hier besteht die Möglichkeit, auch im Ruhestand wirtschaftlich beteiligt zu bleiben, um so eine Alterssicherung aus der Praxis heraus zu ermöglichen.

Jede Praxis kann daher wählen, ob sie weiterhin als Einzelpraxis, Berufsausübungsgemeinschaft oder aber als MVZ tätig sein möchte. Die Gründung eines MVZ bietet die Möglichkeit, wachstumsorientierte Praxen zukunftssicher aufzustellen und Juniorpartnern und anderen Umgehungsmodellen aus dem Weg zu gehen. Daher sollten Zahnarztpraxen die Alternative einer MVZ-Gründung für sich prüfen.

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