Praxismanagement 20.04.2018
„Nebenbei-Prophylaxe“ kann nur der Anfang sein
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Teil 2 der Serie Praxismanagement – Praxiswachstum durch Prophylaxe Maßnahmen
Prophylaxebehandlungen gehören zu den wenigen Behandlungen, mit denen Zahnärzte Einnahmen generieren können, ohne selbst tätig zu werden. Je professioneller eine Praxis den Prophylaxerecall durchführt, desto höher fallen in der Regel die Ergebnisbeiträge aus, um die sich der gesamte Praxisgewinn erhöht. Das Konzept „Nebenbei-Prophylaxe“ stellt dabei oft die Übergangsphase zur professionellen Integration der Prophylaxe in das Behandlungsspektrum dar, wie Steuerberater Professor Bischoff aus Köln im nachfolgenden Beitrag darlegt.
In kleinen Einzelpraxen werden Prophylaxebehandlungen gerne von Stuhlassistentinnen oder Rezeptionskräften durchgeführt, wenn der Praxisalltag es gerade zulässt. Ein genauerer Blick auf die Wirtschaftlichkeit könnte so manchem Praxisinhaber aber den Spaß daran verderben, wie das folgende Beispiel zeigt.
Gewinnerhöhung durch Prophylaxe
Wenn nicht gerade Urlaubszeit ist, werden in der Praxis von Dr. Dent im Durchschnitt acht Prophylaxebehandlungen pro Woche durchgeführt. Er berechnet hierfür ein Behandlungshonorar von durchschnittlich 80 EUR pro Behandlung. Bei unterstellten 42 Wochen Behandlungszeit pro Jahr ergeben sich pro Quartal Einnahmen in Höhe von 6.720 EUR.1
Unterstellt wird, dass die Zahnmedizinische Fachangestellte (ZMF) ein Bruttogehalt von 2.000 EUR bei 32 Wochenstunden zzgl. Arbeitgeberanteil von 20 Prozent in Höhe von 400 EUR erhält. Die sonstigen Fixkosten pro Mitarbeiter werden mit etwa 10 Prozent des Bruttolohns angesetzt, das heißt 200 EUR. Die Personalkosten betragen also 2.600 EUR pro Monat. Da ein Viertel der Arbeitszeit der ZMF auf die Prophylaxe entfällt, ergeben sich pro Monat Personalkosten von 650 EUR. Schließlich werden die Kosten, die je Prophylaxebehandlung zusätzlich anfallen, durchschnittlich mit 10,5 Prozent der Prophylaxeeinnahmen beziffert (zum Beispiel für Material und Factoring).
Dr. Dent erwirtschaftet laut Tabelle 1 einen Ergebnisbeitrag in Höhe von 4.064 EUR im Quartal. Der Anteil an den allgemeinen Kosten wird im Verhältnis der Prophylaxehonorare zu den Gesamthonoraren der Praxis aufgeteilt. Sie umfassen Personalkosten für die Rezeption, Raumkosten, Abschreibungen insbesondere auf die Einrichtung, Finanzierungs- und Leasingkosten, Marketing, Buchführung, Versicherungen etc. Sie fallen also unabhängig davon an, ob die Praxis Prophylaxeleistungen anbietet oder nicht.
Feinheiten beachten
Hat die ZMF in der Praxis von Dr. Dent allerdings häufiger Leerzeiten, weil sie keine Prophylaxebehandlungen durchführt, sind bei der Berechnung der Ergebnisbeiträge für die Prophylaxe ihre anteiligen Lohnkosten nicht zu berücksichtigen, denn diese fallen ja ohnehin an. Es handelt sich dann nicht um zusätzliche Personalkosten, die durch die Prophylaxe anfallen, sondern um Kosten, die auch ohne Prophylaxe anfallen würden. Das Praxisergebnis würde sich folglich in diesem Fall bei durchgeführter Prophylaxe nur um die Prophylaxeeinnahmen abzüglich Material- und Factoringkosten erhöhen (Grafik 1).
Prophylaxegewinn durch Honorarverlust zunichtegemacht
So mancher mag jetzt denken, dass die „Nebenbei-Prophylaxe“ doch eigentlich auch wirtschaftlich recht attraktiv ist. Doch hier ist Vorsicht geboten: In der Praxis lauert immer die Gefahr, dass der ausgelastete Zahnarzt bei Behandlungen auf seine Stuhlassistenz verzichten muss, weil diese im anderen Behandlungszimmer „gerade“ einen Prophylaxepatienten behandelt. Das kann auf Dauer richtig ins Geld gehen, da der Zahnarzt nicht die Honorare erzielen kann wie sonst mit Stuhlassistenz.
Zur Veranschaulichung folgendes Beispiel: Arbeitet der ausgelastete Zahnarzt Dr. Dent jede Woche etwa vier Stunden ohne Stuhlassistenz, so benötigt er erfahrungsgemäß 30 Prozent mehr Zeit für jede der allein durchgeführten Behandlungen. Dies erscheint auf den ersten Blick nicht viel. Bei näherer Betrachtung verliert er dadurch aber pro Woche ungefähr 1,3 Stundenhonorare.
Im Bundesdurchschnitt (KZBV Jahrbuch 2017) käme dies einem Ausfall von 15.280 EUR p. a. gleich.2 Damit wäre fast der gesamte Ergebnisbeitrag aus seiner Prophylaxe dahin.
Wagnis an der richtigen Stelle
Die Entscheidung eines Praxisinhabers für die „Nebenbei-Prophylaxe“ hängt häufig damit zusammen, dass er oder sie fürchtet, sich mit der Einstellung einer ZMP finanziell zu übernehmen und nicht genügend Patienten zur Nutzung dieses Angebots gewinnen zu können. Wird darüber hinaus die Prophylaxe nicht aktiv durch das Praxisteam kommuniziert, sondern werden entsprechende Anfragen als „störend“ empfunden, sinkt die Nachfrage. Die „Nebenbei-Prophylaxe“ in geringem Umfang wird damit zementiert.
Dabei ist angesichts der hohen gesellschaftlichen Akzeptanz der Prophylaxe eher zu erwarten, dass die Nachfrage nach Prophylaxe in solchen Praxen steigt, sodass sich das unternehmerische Wagnis an der Stelle in Grenzen hält. Allerdings muss die Prophylaxe aktiv und motivierend kommuniziert werden. Der Recall muss funktionieren. Und solange kein eigener Prophylaxebehandlungsraum zur Verfügung steht, müssen die Arbeitsabläufe perfekt aufeinander abgestimmt werden.
Was machen Profis anders?
Das „Nebenbei-Konzept“ stellt einen respektablen Einstieg in die Prophylaxe dar, erfordert aber eine ausgeklügelte Praxisorganisation. Mittelfristig ist es meist eine Zwischenlösung auf dem Weg zur professionellen Prophylaxe mit einer ZMP oder DH sowie entsprechender technischer Ausstattung.
Ausblick: In Teil 3 befasst sich der Autor mit der mittelgroßen Praxis, die Prophylaxe hoch professionell und wirtschaftlich mit spezialisiertem Personal anbietet. Er zeigt auf, dass die Praxis damit nicht nur zusätzliche Prophylaxeeinnahmen erzielt, sondern die Patientenbindung intensiviert und die Gesamtwirtschaftlichkeit stärkt.
1 Berechnung: (80 EUR Prophylaxehonorar je Behandlung x 8 Behandlungen/Woche x 42 Wochen : 4 Quartale = 6.720 EUR)
2 Berechnung: 1,3 Behandlungsstunden x 280 EUR Honorar x 42 Wochen
= 15.280 EUR p.a.
Der Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis 4/2018 erschienen.