Praxismanagement 10.02.2012

Von der Personalunion des Praxisinhabers



Von der Personalunion des Praxisinhabers

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Inhaber von Zahnarztpraxen werden immer mehr mit administrativen Anforderungen konfrontiert. Personalgespräche, schriftliche Anfragen, neue Bestimmungen, rechtliche Änderungen, Qualitätsmanagement und vieles mehr verringern entweder die wertschöpfende Behandlungszeit oder müssen in der Freizeit geleistet werden. Ganz in den Hintergrund tritt dabei oft die strategische Entwicklung der Praxis. Und das kann gefährlich werden. Welche Lösungsansätze gibt es?

Eine Zahnarztpraxis ist heute ein kleines bis mittleres Unternehmen (KMU, wobei z.B. das Institut für Mittelstandsforschung IfM Bonn bei einer Mitarbeiterzahl von weniger als zehn von kleinen und ab zehn von mittleren Unternehmen spricht). Doch im Vergleich zu anderen KMU ist die Arbeitsweise durch das geprägt, was auch mit Freiberuflichkeit beschrieben wird: die selbstständig ausgeführte Tätigkeit, hier am Patienten. Und damit unterscheidet sich die Zahnarztpraxis maßgeblich von anderen KMU.

Organisation von KMU

Um den Unterschied deutlich zu machen, soll im Folgenden die Organisation eines KMU beschrieben werden, das zum Beispiel Metallwaren produziert. Ein typisches, vereinfachtes Organigramm sähe dann wie oben stehend aus.Der Inhaber des KMU führt bzw. leitet hier auch den Betrieb. Er hat fünf leitende Mitarbeiter für die verschiedenen Geschäftsbereiche. Im Produktionsbereich leitet der Produktionschef zwei Produktzweige A und B, wobei die Produkte dann von Mitarbeitern des Unternehmens gefertigt werden.

Was hat das mit der Zahnarztpraxis zu tun?

Ein guter Geschäftsführer eines KMU wird sich darauf konzentrieren, die Entwicklung des Marktes und die Gesamtsituation des Unternehmens im Markt zu beobachten und entsprechende Strategien zu entwickeln. In Zusammenarbeit mit seinen leitenden Angestellten werden die Strategien dann in die Praxis umgesetzt. Die Ausführung – hier für die Produktion dargestellt – übernehmen Mitarbeiter des Betriebes. Es versteht sich von selbst, dass der Geschäftsführer nicht selbst am Fließband steht.Das ist in der Zahnarztpraxis anders. Hier erfüllt der Praxisinhaber alle in der Abbildung aufgeführten Funktionen in der Regel selbst. Der Zahnarzt ist seine eigene kaufmännische Leitung, sein eigener Personalchef, führt den Vertrieb bzw. das Marketing und ist darüber hinaus nicht nur für die Entwicklung und die Produktion des Unternehmens verantwortlich, sondern er produziert sogar noch selbst. Alles in einer Person!

Neuste Entwicklungen

Etwas verändert hat sich die Situation durch die zunehmende Prophylaxetätigkeit und die Öffnung aufgrund des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes, nachdem die Praxis bis zu zwei vollzeitbeschäftigte angestellte Zahnärzte haben darf. Hier kann man sich das Organigramm jetzt so vorstellen, dass der Produktionszweig „B“ z.B. die Prophylaxeabteilung ist oder eben ein angestellter Zahnarzt, der seine Tätigkeit als Mitarbeiter der Praxis zwar in eigener ärztlicher Verantwortung, aber in der Gesamtverantwortung der Praxis ausübt. Größere Strukturen mit ÜBAGs und/ oder Zweigniederlassungen kommen bereits heute der Organisation des in der Abbildung dargestellten KMU näher. In den allermeisten Praxen wird der Inhaber aber auch weiterhin direkt am Patienten tätig bleiben.

Die Herausforderung

Problematisch ist die Tatsache, dass auf der einen Seite die Anforderungen an die strategische Entwicklung der Praxis immer mehr zunehmen und andererseits die Belastungen durch die übrigen Bereiche immer größer werden. Diese Schere geht unaufhörlich auseinander. In der Folge steht dem Praxisinhaber immer weniger Zeit zur Verfügung für das, was wirklich wichtig ist, nämlich einerseits die zukunftsorientierte unternehmerische Leitung der Praxis und andererseits die wertschöpfende Tätigkeit am Patienten. Das ist eine unternehmerische Herausforderung, der strategisch begegnet werden sollte.

Die Lösungen

Wie so oft ist das anstehende Problem schon halb gelöst, wenn es erkannt ist. Es gibt aus Sicht des Autors grundsätzlich drei Möglichkeiten:

A StrategieWorkshopEinmal pro Jahr sollte sich die Praxisleitung – ggf. zusammen mit erfahrenen leitenden Mitarbeiterinnen – zu einem mindestens eintägigen StrategieWorkshop zusammenfinden, in dem die Praxisstrategie für die nächsten Jahre festgelegt wird. Der Workshop sollte von einem professionellen Berater begleitet werden. Aus der Strategie ergeben sich angemessene Praxisziele und -maßnahmen sowie deren Umsetzungsorganisation, beispielsweise durch geeignete Delegation. Wenn Strategie und Organisation festgelegt sind, kann sich der Inhaber besser auf die wertschöpfende Tätigkeit konzentrieren. Diese Variante ist für kleine bis mittlere Praxen geeignet.

B PraxismanagerinAufbauend auf dem Strategie-Workshop stellt die Praxis bei dieser Variante eine Praxismanagerin ein, die den Praxisinhaber von (nahezu) sämtlichen Aufgaben der mittleren Führungsebene entlastet. Der Zahnarzt verfügt dann über die Ressourcen, sich um die strategische Entwicklung und um die Wertschöpfung selbst zu kümmern.Diese Variante ist für mittlere und große Praxen geeignet, die einen hinreichenden Umsatz erwirtschaften, um die Praxismanagerin zu finanzieren. Dabei ist zu beachten, dass sich – wenn es richtig organisiert ist und die Strategie stimmt – die Praxisführung mit einer Praxismanagerin schnell rechnet. 

C Betriebswirtschaftliche LeitungBei größeren Praxen trifft man immer häufiger die Variante an, dass sich ein kaufmännisch ausgebildeter (meist studierter) Praxismanager um alle betriebswirtschaftlichen Belange kümmert. In der Regel handelt es sich um freiberuflich tätige Berater, die unter Umständen mehrere Praxen betreuen (bzw. anders ausgedrückt: mehrere Praxen teilen sich einen kaufmännischen Leiter). Ganz große Praxen leisten sich eventuell sogar einen Vollzeitmanager. Die Erfahrungen mit dieser Variante sind durchweg gut. Der Praxisinhaber entwickelt seine Unternehmensstrategie auf Augenhöhe mit dem kaufmännischen Leiter und kann hemmungslos delegieren. Es ergibt sich entweder eine erhöhte wertschöpfende Behandlungszeit oder mehr Freizeit. Dieses Modell wird oft dann gewählt, wenn Gründung von ÜBAGs oder Zweigniederlassungen angestrebt werden oder bereits verwirklicht sind.

Fazit

Die Veränderungen in der Zahnarztbranche erzwingen geeignete Maßnahmen, hier beschrieben am Beispiel der internen Organisation. Es kann jedem Zahnarzt empfohlen werden, einmal losgelöst vom Praxisalltag speziell für ihn geeignete Strategien für eine erfolgreiche Zukunft zu entwerfen. Spezielle Erfahrungen und Hinweise dazu gern auf Nachfrage beim Autor.

„Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ 
(Reinhold Niebuhr, Theologe, 1892-1971)

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