Praxismanagement 11.02.2016

Wartezimmer-Aufenthalt angenehm gestalten und verkürzen



Wartezimmer-Aufenthalt angenehm gestalten und verkürzen

Foto: © Air Images – Shutterstock

Die Patienten ächzen im Wartezimmer und kommen ins Schwitzen – die Sonne heizt den Raum auf eine unerträgliche Art und Weise auf. Jetzt wäre ein Glas Wasser angenehm. Oder: Zehn Patienten im Wartezimmer – das bedeutet lange Wartezeiten – jetzt wäre ein schönes Magazin angenehm. Der Kieferorthopäde hat jedoch nur den sechs Monate alten SPIEGEL und das zerknitterte Exemplar der Arztzeitschrift zu bieten. Welche Möglichkeiten können der Kieferorthopäde und sein Team nutzen, um dem Patienten die Wartezeit zu erleichtern und zu verkürzen und so zugleich die Patientenbindung zu erhöhen?

Information und Unterhaltung im Wartezimmer

Die Gestaltung des Wartezimmers und die Überbrückung der Wartezeit gehören gewiss zu den wenig beachteten Stiefkindern des Praxismanagements, und das selbst in ansonsten hervorragend geführten Arztpraxen. Erinnert vielleicht deswegen so manches Wartezimmer an Verwahranstalten, weil der Kieferorthopäde und sein Team im digitalen Zeitalter davon ausgehen, dass sowieso jeder Patient sich mithilfe seines Smartphones in den unendlichen Weiten des World Wide Web bewegt? Ältere Kieferorthopäden, Mitarbeiter und Patienten werden wissen, dass es sich früher, vor der Digitalisierung, nicht sehr viel anders verhielt. Darum sollte es für den Kieferorthopäden eine Überlegung wert sein, wie er den Aufenthalt in seiner Praxis so angenehm wie möglich für seine Patienten gestalten kann. Die Optionen liegen auf der Hand – dazu zählen solche Selbstverständlichkeiten wie die ausreichende Bestuhlung und die Möglichkeit, den Warteraum vor Sonne und Hitze zu schützen. Wenn dann noch eine Klimaanlage, sensorgeleitete Jalousien, die automatisch vor zu intensiver Sonneneinstrahlung schützen, und ein Fernsehgerät, mit dessen Hilfe sich die Patienten die Zeit vertreiben können, hinzukommen, kann sich das Wartezimmer sogar zum Wohlfühlraum entwickeln. So manche Kieferorthopäden setzen neben der Unterhaltung auf Aufklärung: Neben den üblichen Magazinen aus Boulevard, Mode, Politik und Erziehung bieten sie fachmedizinische Lektüre oder informieren mithilfe einer Diashow, ausgestrahlt über das Wartezimmer-TV, über das Praxisteam oder die kieferorthopädischen Dienstleistungen der Praxis.

Aufmerksame Mitarbeiterinnen

Eine weitere Möglichkeit, das Wartezimmer in Richtung eines Wohlfühlraumes zu entwickeln, stellen bestimmte Aktivitäten der Praxismitarbeiterinnen dar. Statt die Patienten überlang warten und schmoren zu lassen, schaut eine Mitarbeiterin ab und zu, aber doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit im Wartezimmer vorbei, erkundigt sich, ob es den Patienten gut geht, erklärt, warum sich die Wartezeit in die Länge zieht und überlegt zum Beispiel gemeinsam mit Eltern, wie sich insbesondere die quälende Wartezeit für die Kinder unter den Patienten überbrücken lässt. Die Einrichtung einer kleinen, aber feinen Spielecke schadet dabei natürlich nicht. „Was nutzt es meinen wartenden Patienten, wenn ihnen von einer Mitarbeiterin die Gründe dafür erläutert werden?“, wird nun vielleicht so mancher Kieferorthopäde einwenden. Das Unvermeidliche lässt sich jedoch besser ertragen, wenn der Patient weiß, dass die Wartezeit dadurch entsteht, weil der Kieferorthopäde seiner ureigenen Pflicht nachkommt und in einer Notsituation einem Patienten hilft. Schließlich hofft jeder, auch ihm möge in solch einer Situation die ärztliche Hilfe zuteil werden.

In die Welt des wartenden Patienten versetzen

Darum ist es durchaus sinnvoll, die kommunikativen Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen zu schulen. Wenn diese in der Lage sind, sich in die Patientenwelt zu versetzen und die Perspektive des Patienten einzunehmen, können sie nachvollziehen, dass eine längere Wartezeit belastend sein kann. Und dann können sie dies auch zum Ausdruck bringen und ihren Zuspruch entsprechend formulieren: „Lieber Patient, ich bin ja auch Patientin und weiß, wie lästig das Warten ist.“ Allein dieses sensible und empathische Mitfühlen führt dazu, dass ungeduldig-verärgerte Patienten zumindest Verständnis für die Situation aufbringen. Aber es ist hilfreich, wenn der Kieferorthopäde dies nicht einfach von der Mitarbeiterin erwartet und verlangt, sondern ihr mit einer Schulung dazu verhilft, dieses patientenorientierte kommunikative Verhalten an den Tag zu legen. Ein Praxishinweis: Oft wirkt es bereits Wunder, wenn der Patient mit seinem Namen angesprochen wird und ihm die Mitarbeiterin so signalisiert, dass er für Kieferorthopäde und Team kein anonymes Rädchen im Getriebe ist, sondern ein Individuum.

Wartezeiten verhindern und reduzieren

Die entstehenden Wartezeiten angenehm zu überbrücken, das ist das eine. Doch ebenso entscheidend sind die Überlegungen des Kieferorthopäden, wie Wartezeiten gar nicht erst entstehen oder sich reduzieren lassen. In diesem Zusammenhang hat sich die Etablierung eines effektiven Zeitmanagements bewährt. Dazu gehört eine Terminsoftware, die jedoch nur etwas nutzt, wenn die Mitarbeiterinnen, die die Gespräche mit den Patienten führen und die Termine vereinbaren, zum Beispiel genügend Pufferzeit zwischen den Terminen lassen und diese Terminsoftware auch professionell handhaben. Vor allem sollten sie mit Patienten angemessen umzugehen verstehen, die „ganz schnell“ einen Termin wollen oder „zwischendurch“ in der Praxis auftauchen und möglichst rasch eine Behandlung nicht nur wünschen, sondern fordern. Auch dazu bedarf es einer hohen kommunikativen Kompetenz. Zielführend dabei ist die Einrichtung einer Akutsprechstunde, bei der der Kieferorthopäde einen Klassiker des Zeitmanagements nutzt, indem er es vermeidet, seinen Tag vollständig zu verplanen. Vielmehr wird täglich mindestens je eine halbe Stunde am Vormittag und am Nachmittag als Pufferzeit für Akutpatienten freigehalten. Für diese Stunde dürfen keine Patienten im Voraus angenommen werden. Die organisatorische Trennung von Patienten mit und ohne Termin kann zu einer Reduzierung der Wartezeiten führen.

Persönliche Taktzeit ermitteln

Auch der Kieferorthopäde selbst kann einiges dafür tun, damit Wartezeiten zumindest reduziert werden, und zu diesem Zweck einmal seine durchschnittliche Behandlungszeit errechnen, die er für einen Patienten aufwendet:

  • Wohl jeder Kieferorthopäde entwickelt seine persönliche Taktzeit. Die Analyse der durchschnittlichen Behandlungsdauer zeigt annäherungsweise, in welchem Abstand Terminpatienten in die Praxis bestellt werden sollten.
  • Terminketten führen oft zu Wartezeiten. Die Terminvereinbarung bei Patienten, bei denen nacheinander mehrere Behandlungsschritte notwendig sind, bedarf der besonderen organisatorischen Aufmerksamkeit.
  • Die Information muss fließen: Dass Termine doppelt belegt sind oder der Kieferorthopäde einen Termin vereinbart, ohne an der Rezeption Bescheid zu geben, lässt sich durch regelmäßige Teambesprechungen begegnen. In diesen Sitzungen entwerfen Kieferorthopäde und Team überdies Spielregeln zum Informationsfluss in der Praxis.
  • In diesen Sitzungen geht es auch um den entschlossenen Umgang mit Akutpatienten, die sich mit Nachdruck in die wartende Menge der Terminpatienten drängeln wollen. Es darf nicht sein, dass die Terminpatienten unnötigerweise die Leidtragenden sind – nur in Notfällen müssen sie leider zurückstehen.

Kommunikative Kompetenz erhöhen

Die kommunikative Kompetenz der Mitarbeiterinnen z.B. bei der telefonischen Terminvereinbarung trägt entscheidend dazu bei, Wartezeiten zu vermeiden oder für den Patienten so angenehm wie möglich zu gestalten. Hinzu kommt: Mitarbeiterinnen, die mithilfe einer speziellen Ausbildung zur Dentalberaterin die Kompetenz haben, den Kieferorthopäden zu entlasten, sorgen gleichfalls für eine zeitliche Entspannung der Situation. Ein Beispiel: Indem sie den Patienten Behandlungskonzepte vorstellen und erläutern, gewinnt der Kieferorthopäde mehr Zeit für die Behandlung, was schließlich wiederum einen positiven Einfluss auf die Reduzierung von Wartezeiten hat.

Fazit

Der Umgang mit wartenden Patienten, die sich deswegen vielleicht auch beschweren, die Abstimmung zwischen Termin- und Akutpatienten, die Verbesserung des Zeitmanagements sowie die Verzahnung der Kommunikation zwischen dem Kieferorthopäden und den Mitarbeiterinnen erfordern von den Mitarbeiterinnen kommunikative Fähigkeiten, die sie sich möglichst umfassend antrainieren sollten.

Tipps für ein effektives „Besucher“-Management

Der Kieferorthopäde sollte herausfinden, welche Störquellen dazu führen, dass seine Zeitplanung durcheinander gerät, um frühzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Eine der häufigsten Störquellen sind ungeplante Gespräche mit Pharmavertretern und Mitarbeitern, die „ganz rasch ein Gespräch zwischendurch“ wünschen. Was kann der Kieferorthopäde tun, um zeitsparend mit solchen „Besuchern“ umzugehen?

  • Er unterscheidet zwischen angemeldeten und unangemeldeten Besuchern.
  • Er entwickelt für verschiedene Besuchergruppen individuelle Checklisten zur Gesprächsvorbereitung.
  • Mitarbeitern steht die „Stunde der offenen Tür“ zur Verfügung, die der Kieferorthopäde in einem festen Rhythmus (täglich, zweitäglich, einmal pro Woche ...) speziell für solche Gespräche einrichtet. In dieser Zeit sind solche ungeplanten Gespräche erwünscht.
  • Er führt in der „Stunde der offenen Tür“ mehrere Gespräche hintereinander (zeitsparende „Blockbildung“).
  • Der Kieferorthopäde verlangt, dass der Besucher das – zeitlich begrenzte – Gespräch strukturiert: Worum geht es? Welche Lösungen sind denkbar?
  • Er geht konsequent vor – notfalls muss der Kieferorthopäde ein Gespräch auch einmal im Sinne der Patienten abbrechen.

Weiterbildung der Mitarbeiterinnen anstreben

Mit der Weiterbildung der Mitarbeiterinnen zu „Dentalberaterinnen“ ist nicht die medizinische Fortbildung gemeint. Vielmehr sollen die Mitarbeiterinnen in die Lage versetzt werden, in kürzester Zeit eine gute Beziehung zu den Patienten aufzubauen, im Vorfeld mögliche Behandlungskonzepte zu erläutern und Detailfragen zu beantworten. Im Gespräch mit dem Patienten hört die Dentalberaterin aktiv zu, stellt offene Fragen, die dazu führen, dass der Patient seine Wünsche und Erwartungen genau artikuliert, und veranschaulicht ihm den Nutzen einer Behandlung. Bringt der Patient etwa einen Einwand vor, bittet ihn die Dentalberaterin mithilfe einer Präzisierungsfrage, den Einwand zu umschreiben: „Was genau erwarten Sie von der Behandlung?“ So erhält sie Informationen, denen sie argumentativ begegnen kann. Der Vorteil dieser Arbeitsaufteilung: Der Kieferorthopäde kann sich auf Diagnose und Therapie konzentrieren, mithin auf sein eigentliches Geschäft. Die Dentalberaterin führt die Vorgespräche, sie informiert und stellt Konzepte vor – und leistet so auch einen substantiellen Beitrag zur Reduzierung der Wartezeiten.

Die Literaturliste kann hier heruntergeladen werden.

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