Praxismanagement 17.09.2019
Nachfolgersuche: Welches Praxisabgabemodell passt zu mir?
share
Derzeit existiert ein Überangebot von Abgeberpraxen im Dentalmarkt, das auch aufgrund der Altersstruktur tätiger Zahnärzte in den nächsten Jahren andauern wird. Dies wirft unzweifelhaft die Frage nach strategisch sinnvollen Abgabemodellen auf. Denn vielfach handelt es sich bei der eigenen Praxis um ein Lebenswerk mit auch emotionalem Wert.
Es liegt also im Interesse des abgebenden Zahnarztes, den Nachfolger auszuwählen und diesen vor dem Übergabezeitpunkt kennenzulernen. Darüber hinaus nehmen selbstverständlich auch rechtliche und wirtschaftliche Faktoren Einfluss auf die Wahl des passenden Praxisabgabemodells. Doch welche Modelle gibt es überhaupt und auf was ist zu achten?
Isolierter Praxiskaufvertrag
Aufgrund fehlender Zulassungsbeschränkungen kann der abgabewillige Zahnarzt seine Praxis zunächst einmal an einen Nachfolger mit Räumlichkeiten, Equipment und Praxisstamm veräußern. Selbstverständlich kann zum Beispiel auch nur der Praxisstamm oder das Equipment veräußert werden. Der Abgeber scheidet hier sofort mit Übernahme durch den Nachfolger aus.
Vor einem Verkauf ist eine umfassende Bestandsaufnahme der Praxis anzufertigen, eine sogenannte Due Diligence. Es handelt sich hierbei um eine Sorgfältigkeitsprüfung, mit der die Abgeberpraxis auf Herz und Nieren geprüft wird. Die Schwerpunkte liegen hierbei vor allem auf betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen.
Der reine Praxisverkauf stellt damit eine einfache Form der Praxisabgabe dar. Allerdings bedarf auch der isolierte Praxisverkauf einer zeitlich vorausgehenden umfassenden Planung, die am besten fünf Jahre vor der avisierten Beendigung der zahnärztlichen Tätigkeit beginnen sollte.
Denn insbesondere die Ermittlung/Schätzung des Praxiswerts kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Überdies sind in vertragsrechtlicher Hinsicht einige Vorbereitungen notwendig. So müssen unter anderem der Kaufvertrag vorbereitet und die Nachfolge in die Arbeits- und Mietverträge geregelt werden. Im Hinblick auf das Berufsrecht ist vor allem an die Übergabe der Patientenkartei zu denken. Im Zuge der Datenschutz-Grundverordnung kann bei einem Praxisverkauf überdies noch das Erfordernis des Abschlusses eines Auftragsverarbeitungsvertrags hinzukommen.
Gleiches gilt natürlich auch, wenn ein Gesellschafter einer Gemeinschaftspraxis seine Anteile an einen Nachfolger übertragen/veräußern möchte.
Modell der Teilzulassung
Gemäß § 19a Abs. 2 Satz 1 Z-ZV ist der Zahnarzt berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte zu beschränken. So kann der abgabewillige Zahnarzt diese Beschränkung vornehmen. Der nachfolgende Zahnarzt kann dann beim Zulassungsausschuss einen Antrag auf Zulassung als Vertragszahnarzt stellen und angeben, dass es sich um eine Praxisübernahme handelt, die mit hälftiger Zulassung nach § 19a Z-ZV als Praxis geführt und die zweite Teilzulassung beantragt wird.
Zu einem späteren Zeitpunkt kann dann die zweite Teilzulassung übergeben werden.
Dieses Modell kann sich zum Beispiel bei halbtagsbeschäftigten Zahnärzten oder solchen, die noch einer Nebentätigkeit nachgehen, anbieten.
Übergangs-BAG
Oftmals möchte der Nachfolger die Praxis nicht von jetzt auf gleich übernehmen und eigenständig fortführen. In diesen Fällen kann ein gleitender Übergang eine sinnvolle Option sein. Soll der Nachfolger vor dem konkreten Übergabezeitpunkt also bereits in die Praxis eingebunden werden, können sich der abgebende Zahnarzt und dessen Nachfolger zu einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) auf Zeit zusammenschließen. Falls es sich um eine bestehende BAG handelt, kann der Nachfolger einfach einsteigen.
Dies stellt eine Alternative zum reinen Verkauf an den Nachfolger dar. Dadurch hat der abgebende Zahnarzt die Möglichkeit, sein Wissen und die Abläufe in der Praxis dem Nachfolger nahezubringen und diesen dadurch bestmöglich einzuarbeiten. Erreichtnwird damit regelmäßig auch eine hö-here Patientenbindung an den Nachfolger.
Bei der Übergangs-BAG handelt es sich um eine „normale“ Berufsausübungsgemeinschaft, die zu dem Zweck gegründet wird, die Übergabe zu gestalten. Der abgebende Zahnarzt und der Nachfolger üben für einen bestimmten Zeitraum die vertragszahnärztliche Tätigkeit gemeinsam aus, haben eine gemeinsame Organisation, Abrechnung, Abrechnungsnummer, einen gemeinsamen Patientenstamm und ein gemeinsames Budget.
Nach Ablauf des Übergangszeitraums verzichtet der abgebende Zahnarzt sodann auf seine Zulassung und scheidet aus der BAG aus. Je nach der auch steuerlich zu beurteilenden Gestaltung ist dann gegebenenfalls noch ein separater Praxiskaufvertrag zu schließen.
Exkurs: Nullbeteiligungsgesellschaft
Unter Umständen ist es dem Nach-folger nicht möglich, eine finanzielle Beteiligung zu Beginn zu leisten; unter Umständen ist er dazu auch nicht gewillt. Er möchte also „nur“ seine Arbeitskraft in die Gesellschaft einbringen.
Das Bundessozialgericht und der Bundesgerichtshof gehen unter gewissen Voraussetzungen von der Zulässigkeit einer Nullbeteiligungsgesellschaft aus. Eine solche ist zwar nicht auf Dauer, aber zumindest für einen bestimmten „Kennenlernzeitraum“ (etwa drei Jahre) zulässig. In dieser Zeit kann die Kompetenz des neuen Kollegen beurteilt und dieser ausführlich eingearbeitet werden. Bereits zu Beginn kann der Kaufpreis festgelegt werden, der später zur Übernahme eines Anteils am Praxisvermögen zu erbringen ist.
Zwingend erforderlich ist, dass der neu eintretende Zahnarzt als Freiberufler am wirtschaftlichen Erfolg (also am Gewinn und Verlust) der eigenen Praxis zu beteiligen ist. Seine Tätigkeit muss er ferner selbstständig und weisungsunabhängig ausüben. In gesellschaftsrechtlicher Hinsicht sollte der eintretende Gesellschafter Stimm- und Teilhaberechte erhalten und an unternehmerischen Entscheidungen mitwirken.
Autoren: Christian Erbacher, LL.M., Lisa Schickling
Der Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.
Foto Teaserbild: panandrii – stock.adobe.com