Qualitätsmanagement 21.02.2011

Im Qualitätsmanagement Mehr(wert) sehen

Im Qualitätsmanagement Mehr(wert) sehen

Foto: © Shutterstock.com

Jede Organisation benötigt effiziente Führungs- und Steuerungsinstrumente. Ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem in der Zahnarztpraxis stellt nicht nur die Patienten­zufriedenheit sicher, sondern erhöht auch die organisatorische und kostenseitige Transparenz des Praxisgeschehens. Es ermöglicht die Sicherstellung reproduzierbarer Abläufe, sorgt für eine ständige Erhöhung des Qualitätsniveaus und erhöht somit die Wirtschaftlichkeit einer Praxis.

Die Einführung eines QM-Systems sowie die Zertifizierung erlaubt einer Zahnarztpraxis die Qualitätsfähigkeit am Markt zu dokumentieren. Von entscheidender Bedeutung ist dabei jedoch, dass ein solches System auf die Praxisstruktur und die jeweiligen Behandlungen ab­gestimmt ist und von allen Beteiligten in der Praxis mitgetragen wird. Bei der Einführung eines QM-Systems sollte man nicht anstreben, die in der Norm gestellten Anforderungen für jeden Bereich isoliert zu erfüllen. Der Grund hierfür liegt in der Komplexität der Abläufe innerhalb einer Zahnarztpraxis, die ein ständiges Miteinander sowohl bei der Behandlung des Patienten als auch bei organisatorischen Problem­lösungen erfordert. Der Aufbau eines QM-Systems ist ein dynamischer Prozess, der in vier Phasen unterteilt werden kann:

1. Analysephase
2. Einführungsphase
3. Zertifizierung sowie
4. Pflege und Weiterentwicklung des QM-Systems.

Ohne Fleiß kein Preis

Hat ein Zahnarzt in seiner Praxis erst einmal erkannt und akzeptiert, dass Veränderungsbedarf besteht, bietet ein QM-System die ideale Voraussetzung, um neue Strukturen zu schaffen. Transparente und beherrschte Abläufe – ohne lästiges Suchen und störende Rückfragen – sichern auch für die Mitarbeiter eine wichtige Basis, um dauerhaft erfolgreich zu sein. Geschenkt bekommt man aber bekanntlich nichts. Also muss eine Praxis auch dazu bereit sein, in den gewollten Erfolg zu investieren – nicht nur finanziell, sondern vor allem erst einmal an Zeit und Energie. Mit Blick auf ein erfolgreiches QM-System sind dabei zwei Punkte entscheidend: Führung und Management. Führung, um die richtigen Dinge zu tun, und Management, um diese Dinge rich­tig zu tun.

Dies lässt sich anhand eines beispielhaften Ablaufs aufzeigen: Meist in­formiert sich zuerst die Praxisleitung in einem Seminar zum Thema Qualitätsmanagement und entscheidet dann, ob ein externer Berater hinzugezogen wird. Ein Qualitätszirkel in der Praxis setzt sich intensiv mit dem neuen Managementsystem auseinander. Unter anderem werden dabei die internen Abläufe in der Praxis genau untersucht und in Form von Ablaufbeschreibungen von den eigenen Mitarbeitern schriftlich festgehalten. Der Berater sollte sich in dieser Phase bewusst auf eine lediglich anleitende Rolle beschränken, quasi in Gestalt eines Trainers und Schiedsrichters in einer Person.

Parallel dazu werden Praxispolitik und Praxisziele in schriftlicher Form festgehalten. Die Wichtigkeit einer solchen Übung wird im Übrigen leider von vielen Zahnärzten nach wie vor unterschätzt. Doch nur durch eine intensive Beschäftigung mit den eigentlichen Praxiszielen und der Kommunikation in der gesamten Praxis, ziehen alle Mitarbeiter an einem Strang und vor allem auch in die gleiche Richtung. Nach und nach folgt dann die Erledigung der klassischen „Hausaufgaben“, wie z.B.:

– Erarbeitung eines QM-Handbuches
– Regelung des Einkaufes
– Überarbeitung der Praxisorganisation
– Einführung von Formblättern sowie
– Vereinfachung und Optimierung verschiedener Abläufe.

Geprüfte Qualität

Als Zwischenergebnis steht an dieser Stelle schließlich ein System, welches bereits einige positive Veränderungen erkennen lässt. Als weiterer, entscheidender Schritt kommen nun zwei Ins­trumente des QM-Systems zum Tragen, welche einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in der Praxis in Gang setzen sollen:

– interne Audits und
– innerbetriebliches Vorschlagswesen.

Schlagartig wird dabei in der Zahnarztpraxis ein enormes Potenzial freigesetzt. Konkret: Im Gefolge der internen Audits prüfen ausgebildete Mitarbeiter die Effektivität des Management-Systems. Im Zuge dessen zeigt sich meistens auch, dass durch eine konsequente Einbindung aller Mitarbeiter deren Bereitschaft wächst, aktiv an einer Ver­besserung der Praxis mitzuwirken. Umso mehr, wenn damit für den Einzelnen keine Nachteile verbunden sind, sondern er vielmehr am Praxiserfolg teil hat. Trotz aller Erfolge – im Rahmen eines erfolgreichen QM-Systems – ist ständige Weiterarbeit das A und O.

Mitarbeiter einbinden

Hohe, jedoch zu überwindende, Hürden bei der Arbeit mit einem QM-System sind mangelnde Akzeptanz und Ängste der Mitarbeiter (vor Arbeitsplatzverlust, zusätzlicher Kontrolle, Mehrarbeit und störender Bürokratie). Ein effek­tiver Dialog (nicht Monolog) mit den Mitarbeitern sowie umfassende und rechtzeitige Informationen seitens der Führung sind hier gefragt. Erfolgreiche Zahnärzte teilen ihren Mitarbeitern Informationen beizeiten mit und binden sie frühzeitig ein. Sie schaffen so eine Praxiskultur, die durch konsequente Mitarbeiterorientierung deren gesamtes Potenzial kanalisiert und ausschöpft. Dazu zählen:

– Effiziente Planung und Verbesserung der Mitarbeiterressourcen
– Aufrechterhalten und Weiterentwicklung der Fähigkeiten der Mit­arbeiter
– Vereinbarung von Zielen und Überprüfung der Leistungen

– Beteiligung bzw. Autorisierung zu selbstständigem Handeln sowie An­erkennung

   von Leistungen

– Effektiver Dialog mit den Mitarbeitern, aber auch
– Fürsorge für die Mitarbeiter.

Vom Zertifizierungsloch zu weiterem Verbesserungspotenzial

Nach der erfolgreichen Zertifizierung kommt es unweigerlich zum „Zertifizierungsloch“ – einer Art Entspannungsphase, in der sich die Prioritäten wieder am normalen Alltag ausrichten. Zerti­fiziert, Abläufe geregelt und eingespielt – nun kommt die wahre Herausforderung. Der Grund: Praxen stagnieren in ihren Leistungen, wenn sie nicht systematisch neues Verbesserungspotenzial aufspüren. In der Regel liegt bereits einiges an Verbesserungspozential direkt auf der Hand, wie etwa die Optimierung der Dokumentation im Rahmen des QM-Systems. Mit internen Audits lässt sich aufspüren, wie es um die Umsetzung der selbst auferlegten Regeln in allen relevanten Bereichen und Ebenen steht. Aber auch hier stößt man schnell an Grenzen – dabei nicht so sehr dessen, was möglich ist, sondern vielmehr dessen, was in Bezug auf die Geschäfts­ergebnisse weiterhin hohe Priorität genießt.

Ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem …

… schafft zufriedene Patienten. Es gewährleistet, dass Patientenanforderungen

    verstanden und angemessen bearbeitet werden.

… erhöht die Transparenz Ihrer Praxis. Es dokumentiert Ihre Abläufe und macht

    finanzielle Vorgänge besser nachvollziehbar.

… verbessert Ihre Wirtschaftlichkeit. Es stellt reproduzierbare Abläufe sicher und

    sorgt für eine ständige Erhöhung des Qualitätsniveaus.

… steigert Ihre Wettbewerbsfähigkeit. Die Zertifizierung Ihres Qualitätsmanagement-

    systems dokumentiert die Qualitätsfähigkeit Ihrer Praxis am Markt.


Acht Grundkonzepte der Exzellence


Um einer Organisation bei der Verbesserung ihrer Leistung zu helfen, hat sich das europäische Modell für Business Exzellence (EFQM-Modell) bewährt. Mit acht Grundkonzepten und neun
Bewertungskriterien können Zahnarztpraxen in allen Bereichen und mit allen beteiligten Menschen wachsen. Die acht Grundkonzepte der Exzellence lauten:

1. Ergebnisorientierung: Exzellence erzielt Ergebnisse, die alle Interessengruppen

    der Organisation begeistern.

2. Ausrichtung auf den Kunden: Exzellence schafft nachhaltigen Kundennutzen.

3. Führung und Zielkonsequenz: Exzellence bedeutet visionäre und begeisternde

    Führung, gekoppelt mit Beständigkeit hinsichtlich der Zielsetzung.

4. Management mittels Prozessen und Fakten: Exzellence bedeutet, die Organisation

    durch ein Netzwerk untereinander abhängiger und miteinander verbundener Systeme,

    Prozesse und Fakten zu steuern.

5. Mitarbeiterentwicklung und -be­teiligung: Exzellence maximiert den Beitrag der

    Mitarbeiter durch ihre Weiterentwicklung und Beteiligung.

6. Kontinuierliches Lernen, Innovation und Verbesserung: Exzellence nutzt Lernen

    zur Schaffung von Innovation und Verbesserungsmöglichkeiten, um den Status quo

    infrage zu stellen und Änderungen zu bewirken.

7. Entwicklung von Partnerschaften: Exzellence entwickelt und erhält wertschöpfende

    Partnerschaften.

8. Soziale Verantwortung: Exzellence bedeutet, die Mindestforderungen der gültigen

    Gesetze und Regeln zu übertreffen, die die Organisation bei ihrer Geschäftstätigkeit

    zu berücksichtigen hat, und sie bedeutet das Bemühen, die Erwartungen des

    gesellschaftlichen Umfeldes zu ver­stehen und darauf einzugehen.

Eine Praxis zu entwickeln ist nicht immer einfach. Weder für den Zahnarzt, der Wege aufzeigen muss, noch für die Mitarbeiter, die oft gar nicht wissen, warum sie etwas tun (sollen). Genau genommen ist ein QM-System jedoch in letzter Konsequenz nur dann rentabel, wenn man über die grundlegenden Anforderungen der gültigen ISO-Norm hinausgeht, wenn man unter Qualitätsmanagement mehr als nur einen plaka­tiv im Raum schwebenden Wahlspruch versteht. Langfristig lohnt es sich aber in jedem Fall, sich erst einmal auf den Weg zu machen – auf den Weg zu ex­zellenten Ergebnissen im Hinblick auf Führung, Prozessgestaltung und Ressourcennutzung, um gemeinsam mit Mitarbeitern, Patienten und der Gesellschaft außergewöhnliche Ergebnisse und Erfolge zu erzielen.

Autoren: Mike Emenako, Frank Slawik

Mehr News aus Qualitätsmanagement

ePaper