Qualitätsmanagement 13.02.2015
Schwarz auf weiß: Dokumentation der Praxishygiene
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Die Umsetzung des Hygienemanagements in der zahnärztlichen Praxis und die Einhaltung der vorgeschriebenen Erfordernisse an die Medizinprodukteaufbereitung sind momentan allgegenwärtig. Der Grund hierfür sind die gestiegenen Anforderungen durch umfangreiche gesetzliche Vorgaben, die Zunahme behördlicher Begehungen und die Stärkung der Patientenrechte. Daher ist eine lückenlose Dokumentation gerade im Bereich des praxisinternen Hygienemanagements und der Medizinprodukteaufbereitung wichtiger denn je.
Eine gute Dokumentation ist notwendig für die Absicherung der eigenen Praxis. Auch wenn die Erstellung und Durchführung des internen Praxis-Hygienemanagements Zeit kostet, Personalkapazitäten bindet und finanziellen Mehraufwand bedeutet, sollte man sich der Verantwortung als Praxisinhaber/-in stets bewusst sein. Gerade in Bezug auf Patienten- und Mitarbeiterschutz ist es entscheidend, die gesetzlichen Regelungen und Vorgaben gewissenhaft einzuhalten, der notwendigen Dokumentation nachzukommen und die Umsetzung sicherzustellen. Dennoch sollte sich gerade die „Dokumentationsflut“ auf ein praktikables Maß für das Praxisteam beschränken und die Abarbeitung schrittweise sichergestellt sein. Sollte sich eine behördliche Begehung der Praxis ankündigen, bleibt mit Sicherheit nicht genügend Zeit, eine bis dahin fehlende Dokumentation vollständig auszuarbeiten. Erforderliche bzw. ergänzende Umrüstmaßnahmen der Praxis bis zur Begehung, wie beispielsweise die Anbringung von fehlenden Wanddesinfektionsspendern, die Beschaffung von nicht vorhandenem Zubehör im Aufbereitungsraum etc. sind schnell erledigt, während die gründliche Dokumentation bei Weitem zu aufwendig ist, um sie auf die Schnelle nachtragen zu können.
Begehungen können von verschiedenen Instanzen durchgeführt werden. Grundsätzlich gilt es, zwischen der Überwachung durch das Gesundheitsamt und der Überwachung durch das Regierungspräsidium zu unterscheiden. Weiterhin wird zwischen anlassbezogenen Begehungen (durch eine Anzeige) und anlassunabhängigen Begehungen (routinemäßig) differenziert. Das Gesundheitsamt richtet sich bei der Begehung nach den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) bzw. den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts. Ohne bestimmten Anlass erfolgt eine Begehung durch das Gesundheitsamt eher selten, ggf. vereinzelt in bestimmten Land- und Stadtkreisen oder auch bei einer Praxisneugründung. Sollte ein Patient oder Dritter jedoch Anzeige gegen eine Praxis erstatten, so sieht es anders aus. In diesem Fall erfolgt eine Überwachung der auffälligen Praxis direkt durch das Gesundheitsamt zudem in Abstimmung mit dem zuständigen Regierungspräsidium. Das Regierungspräsidium richtet sich nach den Anforderungen des Medizinproduktegesetzes (MPG) bzw. der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV). Es führt im Gegensatz zum Gesundheitsamt auch anlassunabhängige Regelüberwachungen durch, kündigt diese jedoch im Vorfeld an. Das Vorgehen richtet sich hier nach der Risikoeinstufung von Praxen: mund-, kiefer-, gesichtschirurgische Praxen vor oralchirurgischen Praxen und diese wiederum vor zahnmedizinischen und kieferorthopädischen Praxen. Generell sind die begehenden Institutionen rechtlich befugt, jeden Winkel der Praxis zu besichtigen sowie in sämtliche Dokumente Einsicht zu nehmen, hieraus Abschriften anzufertigen, Proben zur Untersuchung zu entnehmen und Auskünfte über Praxisvorgänge einzuholen. Aktuell stocken einige Bundesländer die Stellen der prüfenden Inspektoren erheblich auf, um flächendeckender aktiv werden zu können.
Rund um die Dokumentation
In vielen Fällen fordern begehende Instanzen wie beispielsweise das Regierungspräsidium im Vorfeld bereits diverse Unterlagen aus der Praxis an, um sich so einen ersten Eindruck über die Qualität der Dokumentation zu verschaffen. Sinnvoll ist es in diesem Fall, die entscheidenden Unterlagen griffbereit zu haben, um so zeitnah reagieren zu können. Generell sollten Sie besonders darauf achten, dass die folgende Dokumentation bei Ihnen in der Praxis vollständig und in entsprechendem Umfang vorhanden ist:
1. Anamnesebogen
Der Anamnesebogen dient der Abfrage von Infektionskrankheiten und Risiken zur Absicherung des Mitarbeiter- und Patientenwohls und ist ein Muss vor jeder ersten Behandlung. Anzuraten ist es zudem, die Anamnese jährlich zu aktualisieren und die Durchführung zu dokumentieren. Abfragen nach Immunsuppression, Bisphosphonaten, Allergien und Unverträglichkeiten etc. sollten in jedem Fall vollständig im Anamnesebogen erfasst sein. Oft vernachlässigt, aber durch die Mitteilung des Robert Koch-Instituts „Die Variante Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK)“ aufgeführt, wird die Abfrage der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit und deren Varianten. Achten Sie zudem auf die Fragestellung nach Patienten der Risikogruppe 3 (HIV, Hepatitis). Für eine lückenlose und aufeinander abgestimmte Dokumentation sollte speziell für diese Patienten eine Arbeitsanweisung zu den verstärkten Hygienemaßnahmen bzw. dem Ablauf einer bestimmten Hygieneschleife bei/nach der Behandlung erstellt werden.
2. Praxisorganigramm und Stellenbeschreibungen
Das Praxisorganigramm schafft einen strukturierten Überblick über die interne Teamaufstellung und dokumentiert die jeweiligen Weisungsbefugnisse der einzelnen Mitarbeiter. Damit jedes Teammitglied die Inhalte seines Tätigkeitsbereiches kennt, sollte eine Stellenbeschreibung für jede Position vorhanden sein. Im Rahmen des Hygiene- und Qualitätsmanagementsystems ist zudem schriftlich festzulegen, wer im Bereich Medizinprodukteaufbereitung welche Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten besitzt. Hier ist durch die „Stellenbeschreibung Medizinprodukteaufbereitung“ und die „Benennung der zur Freigabe der aufbereiteten Medizinprodukte (MP) berechtigten Beschäftigten“ genau gekennzeichnet, welcher Mitarbeiter welche Schritte der Aufbereitungskette durchführen kann bzw. dazu berechtigt ist. Achten Sie dabei darauf, dass Auszubildende die Medizinprodukteaufbereitung nur eingeschränkt unter Aufsicht von Sach- und Fachpersonal durchführen und unter keinen Umständen Medizinprodukte freigeben dürfen. Gerade im Bereich der Berechtigung zur Freigabe der MP haben sich einige Neuerungen auf Länderebene ergeben. So fordern einige Aufsichtsbehörden neben der Ausbildung zur/zum Zahnmedizinischen Fachangestellten eine zusätzliche Fortbildung zur Hygienefachkraft für eine bzw. mehrere Mitarbeiter/-innen jeder Praxis.
3. Mitarbeiterunterweisung
Vorschriften und Regelwerke sollten nicht nur in Ordnern abgeheftet, sondern auch tatsächlich zur aktiven Schulung der Mitarbeiter genutzt werden. Damit das gesamte Team Arbeitsanweisungen, Hygiene- und Schutzmaßnahmen verstehen und korrekt ausführen kann, sollten die jährlichen Mitarbeiterunterweisungen umgesetzt und eingehalten werden. Wichtig ist die jährliche Wiederholung der Belehrungen. Hierzu zählen unter anderem die Unterweisungen in Arbeitsschutz und Unfallverhütung, arbeitsmedizinischer Vorsorge, persönlicher Schutzausrüstung etc. Unterweisungen sollten auch mit Wartungs- und Instandhaltungspersonal einschließlich des Reinigungspersonals der Praxis durchgeführt werden. Beachten Sie zudem, dass für die von den Mitarbeitern unterzeichneten Unterweisungserklärungen Aufbewahrungspflicht besteht.
4. Medizinprodukte
Bezüglich der aktiven Medizinprodukte in Ihrer Praxis gilt die Pflicht, ein Bestandsverzeichnis zu führen. Hier sollten alle elektrisch betriebenen MP aufgenommen werden. Wichtig ist, dass das Bestandsverzeichnis regelmäßig aktualisiert wird, neue Geräte hinzugefügt und veraltete oder defekte Geräte entfernt werden. Denn bei einer Begehung wird streng darauf geachtet, ob entsprechend aufgeführte aktive Medizinprodukte auch tatsächlich in Ihrer Praxis vorhanden sind. Des Weiteren ist ein Medizinproduktebuch erforderlich. Dieses umfasst alle Geräte, die zur Anlage 1 und Anlage 2 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) gehören: meist handelt es sich hier um Elektrotom und Laser. Zu einer gründlichen Dokumentation in diesem Bereich gehört, dass Sie zudem die Herstellerangaben zu jedem aktiven Medizinprodukt vorweisen können. Auch sollte das Formblatt zur „Meldung über Vorkommnisse an Medizinprodukten“ vorliegen, da die Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV) dies vorgibt.
5. Medizinprodukteaufbereitung
Voraussetzung für die sachgemäße Aufbereitung der MP stellt deren Risikobewertung und Einstufung dar. Hinsichtlich der Anwendung der MP und dem sich daraus ergebenden Risiko erfolgt die Einstufung in:
– Unkritisch (MP, die lediglich mit intakter Haut in Berührung kommen)
– Semikritisch (MP, die mit Schleimhaut oder krankhaft veränderter Haut in Berührung kommen)
– Kritisch (MP, die die Schleimhaut durchdringen) sowie in die Feineinteilung der Kategorien A (ohne besondere Anforderungen an die Aufbereitung) und B (mit erhöhten Bedingungen an die Aufbereitung). Beachten Sie bei der Einteilung und Risikobewertung Ihrer MP zudem die Aufbereitungshinweise des jeweiligen Herstellers. Die Einstufung sollte individuell auf die Praxis und die verwendeten MP bezogen sein und in regelmäßigen Zeitabständen aktualisiert werden.
Im Folgenden sollen Ihnen zur Orientierung einige wichtige Dokumente genannt werden, die im Zusammenhang mit der Medizinprodukteaufbereitung notwendig sind:
a. Dokumentation „Anforderungen an den Aufbereitungsraum“
Diese Dokumentation dient dazu, negative Einflüsse in Bezug auf die Aufbereitung der Medizinprodukte zu vermeiden. Sollte der Aufbereitungsraum beispielsweise ein Durchgang in weitere Praxisräumlichkeiten sein, ist in dieser Arbeitsanweisung eine praxisinterne Regelung zu treffen, dass während der Instrumentenaufbereitung der Durchgang nicht genutzt wird. Ebenso sollte hier geregelt sein, dass beispielsweise ein Insektenschutzgitter angebracht wird, sollte der Aufbereitungsraum ein zu öffnendes Fenster besitzen.
b. Arbeitsanweisungen zu allen Einzelschritten der Medizinprodukteaufbereitung
Zu den Prozesstätigkeiten der Medizinprodukteaufbereitung gehören unter anderem die Vorbehandlung, das Sammeln, der Transport, das Zerlegen, die unterstützende Reinigung im Ultraschallbad etc. Für jeden dieser Einzelschritte ist eine eigene Arbeitsanweisung zu erstellen. Individualisieren Sie die Arbeitsanweisungen in jedem Fall so, dass gerätespezifische Herstellerangaben mit integriert werden. Für die Arbeitsanweisungen bezüglich Ihrer eingesetzten Aufbereitungsgeräte (Reinigungs- und Desinfektionsgerät und Autoklav) ist die Einbindung der vorgegebenen Beladungsmuster sinnvoll. So empfiehlt es sich, die Beladungsmuster in die praxisindividuellen Arbeitsanweisungen zu integrieren, damit eine möglichst weitgehende Standardisierung der Beladungen der einzelnen Geräte erreicht werden kann.
c. Dokumentation „Routineprüfung an den Aufbereitungsgeräten“
Die Angaben der Hersteller bezüglich praxisinterner Routineprüfungen von Ultraschallbad (bspw. Alufolientest, Ultraschallbadindikatoren), Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG) (bspw. Sichtprüfung der Kammer, Prüfung der Speisewasser-Qualität), Siegelgerät (bspw. Seal-Check, Peel-Test) und Autoklav (bspw. Vakuumtest, Bowie-Dick-Test) sind streng zu beachten. Auch in diesem Fall ist eine Dokumentation seitens des Praxisteams notwendig. Sinnvoll ist der Aufbau als Tabelle mit Angaben zu Routineprüfung, Datum, Name der durchführenden Person und Prüfergebnis. Es empfiehlt sich, ein Dokument je Aufbereitungsgerät dauerhaft im Aufbereitungsraum auszuhängen.
d. Dokumentation „Fehlerbehandlung bei der Aufbereitung“
In diesem Dokument sollen Medizinprodukte, ggf. ganze Chargen, erfasst werden, die aufgrund von Fehlern in der Aufbereitungskette nicht freigegeben werden können. Werden bei der Aufbereitung demnach Abweichungen von einem korrekten Prozessablauf festgestellt, ist die Charge nach Beheben des Fehlers einem erneuten Prozessdurchlauf zu unterziehen. Zudem sollte das Verfahren der Fehlerbehebung in einer separaten Verfahrensanweisung dokumentiert werden. Zeigt beispielsweise der Helix-Test im Autoklav nicht den gewünschten Farbumschlag, so muss dieser Fehler dokumentiert werden.
e. Dokumentation „Freigabe der MP“ nach den einzelnen Aufbereitungsstufen und der Chargenkontrolle
Die Freigabe der Medizinprodukte schließt mit der Überprüfung und Dokumentation des gesamten und insbesondere des korrekten Prozessverlaufs. Die Prüfkriterien einer Chargenfreigabe sollten entsprechend festgehalten sein. Inhalte sind hier u.a. die Chargennummer, die Programmnummer, das Datum und Beladungsmuster sowie die eigentliche Freigabe etc. Bitte beachten Sie, dass für die Freigabedokumente eine Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren besteht.
6. Allgemeine Praxishygiene
Grundsätzlich sind in der Praxis für die einzelnen Arbeitsbereiche entsprechend der Infektionsgefährdung Maßnahmen zur Reinigung, Desinfektion und Sterilisation, zur Entsorgung und zum Tragen der Schutzausrüstung etc. schriftlich zu hinterlegen. Als geforderte Dokumentation in diesem Bereich zählt der Rahmenhygieneplan. Er umfasst Informationen zur Händehygiene, Unterhaltsreinigung, Aufbereitung, zum Umgang mit zahntechnischen Werkstücken und Abdrücken etc. Zudem ist es empfehlenswert, den Hygieneplan um praxisindividuelle Hygienemaßnahmen zu ergänzen. Hier kann dokumentiert werden, dass die Hilfsmittel zur Aufbereitung regelmäßig aufbereitet werden (beispielsweise Transportboxen für MP, Instrumentenzangen etc.) oder Kinderspielzeug aus dem Wartezimmer desinfiziert wird. Neben dem Rahmenhygieneplan sollte ein separater Putzplan vorhanden sein und das Reinigungspersonal regelmäßig dazu belehrt werden. Weisen Sie das Reinigungspersonal im Umgang mit Desinfektionsmitteln und Gefahrstoffen ein und legen Sie schriftlich fest, dass auch das Reinigungszubehör, wie beispielsweise Boden- und Putztücher, regelmäßig aufbereitet wird. Gleiches gilt für die Aufbereitung der Praxiswäsche. Auch hier sollte eine Verfahrensanweisung erstellt werden, die genau vorgibt, wie mit der kontaminierten Wäsche zu verfahren ist. Zur Vervollständigung der aushangpflichtigen Dokumentation ist noch der Hautschutzplan anzuführen. Hier wird dokumentiert, welche Händedesinfektions-, Händereinigungs-, Hautpflege- und Hautschutzmittel in Ihrer Praxis genutzt werden.
Fazit
Eine gründliche Umsetzung und Dokumentation des Hygienemanagements in der Praxis sollte nicht nur auf das Absegnen bei einer behördlichen Begehung beschränkt sein, sondern viel mehr den Schutz von Patient und Praxisteam im Fokus haben. Im Rahmen der Begehung kann es zudem durchaus vorkommen, dass der Inspektor auch die entsprechende Umsetzung der dokumentierten Maßnahmen überprüft. Damit Sie und Ihr Team ihm die sachgemäße Ausführung vorweisen können, ist es entscheidend, dass die Maßnahmen in Ihrer Praxis nicht nur schriftlich hinterlegt sind, sondern diese auch in den Praxisalltag transportiert und kontinuierlich gelebt werden.