Recht 10.08.2016

Der Fremdenverkehrsbeitrag ist urlaubsreif



Der Fremdenverkehrsbeitrag ist urlaubsreif

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Der leidige Fremdenverkehrsbeitrag, den auch Zahnärzte in touristisch geprägten Gemeinden zu entrichten haben, war wieder einmal Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens. Das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hatte sich in einem neueren Fall einmal mehr mit der Frage zu befassen, welche Vorteile Zahnärzten eigentlich durch den Fremdenverkehr entstehen und bei der Bemessung des Beitrags berücksichtigungsfähig sind (Urt. v. 02.02.2016 (Az.: 1 A 9171/14)).

Der Fall

Die beklagte Gemeinde hatte ab 2012 rückwirkend gegenüber einer Gemeinschaftspraxis einen umsatzbezogenen Fremdenverkehrsbeitrag festgesetzt. Den Umsatz hatte die Beklagte kurzerhand auf 500.000,- € p. a. geschätzt und davon ausgehend einen Betrag in Höhe von 1.000,- € pro Jahr ermittelt.

Die Praxis klagte insbesondere mit dem Argument, Zahnärzte hätten vom touristischen Betrieb keinen (auch keinen mittelbaren) Vorteil. Die Praxis habe tatsächlich im Jahr 2012 nur 0,3 % des Honorarumsatzes bei der Behandlung von Kurgästen erzielt.

Die Entscheidung

Im Ergebnis hob das VG den Bescheid auf und gab dem Zahnarzt recht. Nicht jede noch so theoretische Vorteilsberechnung ist rechtmäßig, wenn touristisch geprägte Gemeinden den sog. Fremdenverkehrsbeitrag festsetzen.
Riesiger Ermessensspielraum der Kommunen

Allerdings: Das VG betonte zunächst eingehend den Gestaltungsspielraum der Gemeinden bei der Erhebung eines Beitrags. Dem entsprechend beanstandete das Gericht weder, dass die Satzung den steuerbaren Umsatz zur Grundlage des Beitrags mache noch die Umsatzschätzung bei fehlender Mitwirkung.

Das Gericht hielt es sogar für plausibel, dass der Beitragsberechnung ein geschätzter - und nur theoretischer - Umsatzvorteil der Praxis von 10 % zugrundgelegt wurde. Das Gericht monierte schließlich nicht einmal, dass die Stadt auch mittelbare Vorteile bei der Festsetzung des Beitrags berücksichtigte.
Kein Beitrag für den Hotelier im Stuhl an sich

Aber: Die mittelbar Bevorteilten müssten ihre Leistungen "mit Rücksicht auf den Fremdenverkehr" erbringen. Das möge bei dem Steuerberater der von Touristen besuchten Restaurants noch der Fall sein.

Die von der Stadt herangezogene zahnärztliche Behandlung z. B. der unmittelbar vom Tourismus profitierenden Hotelinhaber sei hingegen deren Privatangelegenheit. Hier "reißt die Wertschöpfungskette des Fremdenverkehrs". Die Bestimmung des Vorteilssatzes und damit die Festsetzung des Beitrags sei deshalb rechtswidrig.

Kurz: die theoretische Möglichkeit, Touristen zahnärztlich zu behandeln ist beitragswirksam, die Behandlung der Restaurantinhaber am Ort nicht. Eine wahrhaft kühne Unterscheidung.

Die auf andere Bundesländer in ihren Grundzügen übertragbare Entscheidung zeigt: den Kommunen wird bei der Festsetzung der Fremdenverkehrsbeiträge nahezu völlig freie Hand gelassen. Ob der Bescheid zur Festsetzung letztlich rechtswidrig ist, hängt von den Details der kommunalen Satzung ab, ist mithin sehr stark einzelfallabhängig.

Quelle: lennmed.de Rechtsanwälte

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