Recht 22.01.2013

Patientenrechtegesetz – Alles wird Neu und bleibt doch beim Alten

Patientenrechtegesetz – Alles wird Neu und bleibt doch beim Alten

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Zum 01.01.2013 hat der Gesetzgeber die bereits im Vorfeld viel diskutierten Patientenrechtegesetze eingeführt. Begründet wird der viel diskutierte Gesetzesentwurf und bereits im Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb angekündigte Entwurf damit, dass kaum ein Patient seine Rechte kennt. Lesen Sie im Folgenden die (vermeintlichen) Neuheiten durch das Patientenrechtegesetz.

Heute sind Patientenrechte grundsätzlich im deutschen Recht verankert, jedoch verteilen sich diese auf verschiedene Rechte und wurden durch die Rechtsprechung weiter ausdifferenziert. Aus diesem Grund seien die unterschiedlichen Rechtsansprüche für den juristischen Laien kaum zu überblicken. Durch die Sammlung der Rechte in einem einzigen Gesetz soll dies nun anders werden. Hierdurch soll „ein informierter und mit ausreichenden Rechten ausgestatteter Patient (…) Arzt, Krankenkasse oder Apotheker auf Augenhöhe gegenübertreten“ können. Ob lediglich durch die Zusammenfassung von Rechten auch ein „juristischer Laie“ in der Lage ist, seine Rechte umfassend zu überblicken, darf bezweifelt werden.

Betrachtet man die immer weiter steigende Anzahl an Arzthaftungs- und insbesondere Zahnarzthaftungsfällen, scheint auch die Notwendigkeit eines solchen Gesetzeswerkes zweifelhaft. Der von der Bundesregierung als unmündig empfundene Patient dürfte tatsächlich kaum noch existieren. Ist der Patient mit seiner Zahnbehandlung nicht zufrieden, erscheint er erneut beim Behandler und verlangt Nachbesserung. Dies ist sein gutes Recht und dem Patienten auch bewusst. Auch in Fällen, in denen gerade keine Nachbesserung möglich oder gewünscht ist, weiß man sich in der heutigen Zeit schnell zu informieren und zu handeln. Ob der behauptete Anspruch gegenüber dem Behandler schließlich begründet ist oder nicht, wird sich zumeist erst nach Begutachtung des Sachverhaltes feststellen lassen. Die vielschichtigen Zwischenschritte im Rahmen eines solchen Verfahrens lassen sich weder für den Zahnarzt noch für den Patienten tatsächlich überblicken, da es sich hierbei um ein weites und von ­Gerichten entwickeltes Rechtsgebiet handelt. Insoweit steht hier der Patient nicht besser da als der Behandler.

Warum also die Notwendigkeit eines Patientenrechtegesetzes? In der Begründung des Bundesministeriums heißt es: „Die Rolle der Patientinnen und Patienten in der Gesundheitsversorgung hat sich gewandelt. Sie sind nicht mehr nur vertrauende Kranke, sondern auch selbstbewusste Beitragszahler und kritische Verbraucher. Mit dem Patientenrechtegesetz will jetzt die Bundesregierung die Position der Patienten gegenüber den Leistungserbringern und Krankenkassen weiter stärken.“ Der Feststellung, dass Pateinten selbstbewusste und kritische Verbraucher sind, kann nicht widersprochen werden. Ob dies jedoch ein weiteres Gesetz notwendig macht, bleibt fraglich. Tatsächlich bleibt fast alles beim Alten. Eine Stärkung von Patientenrechten – unabhängig von der Frage, ob eine Verbesserung der Position überhaupt notwendig wäre – ist in der jetzigen Form des Gesetzes jedenfalls nicht ersichtlich. Ausweislich des Gesetzentwurfes regelt das Gesetz, dass Patienten bei Verdacht auf Fehler die Hilfe ihrer Krankenkassen in Anspruch nehmen können. Die Kassen sollen beispielsweise bei der Beweis­erleichterung helfen, indem ein Gutachten erstellt wird, oder sie können darauf hinweisen, wo und wie Rechte geltend gemacht werden können. All dies geschieht – gerade im zahnärztlichen Bereich – schon heute und wird wohl nichts an der derzeitigen Situation ändern. Zumal die von den Krankenkassen in Auftrag gegebenen (Kurz-)Gutachten auch zukünftig ein umfassendes gerichtlich angeordnetes Sachverständigengutachten nicht ersetzen können und werden. Zu beachten ist, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Patienten auch über Kosten, die von Krankenkassen und Versicherungen nicht übernommen werden, aufzuklären sind. Das Gesetz sieht vor: „Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist, oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren.“ Ausnahmen gelten nur dann, wenn die Behandlung unaufschiebbar ist oder der Patient auf die Informationen verzichtet hat. In Anbetracht der Vielzahl von Behandlungen, die eine Kostentragungsverpflichtung des Patienten bei zahnärztlichen Behandlungen auslösen, empfiehlt es sich, dass der Zahnarzt hierfür ein Rohmuster bereithält.

Ferner sieht das Patientenrechtegesetz eine Beweislastumkehr bei „groben Behandlungsfehlern“ vor. Dies stellt jedoch auch keine Neue­rung dar, sondern ist von der Rechtsprechung bereits seit vielen Jahren entwickelt wurden. Eine generelle Beweislastumkehr, dass der ­Behandler beweisen muss, keinen Fehler gemacht zu haben, hat dagegen keinen Einzug in das Patientenrechtegesetz gefunden. Diese, von ­Oppositionsparteien, von Verbraucherschützern und Patientenverbänden geforderte Regelung, hätte nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Bahr zu amerikanischen Verhältnissen geführt. Im Bundestag erklärte Herr Bahr: „Ich will nicht, dass der Arzt als Erstes an das Risiko denkt, dieses vermeiden will und deswegen eine Defensivmedizin in Deutschland stattfindet.“ Diese Befürchtung dürfte im Falle einer generellen Beweislastumkehr nicht unbegründet sein und zu einem sprunghaften Anstieg an (Zahn-)Arzthaftungsfällen führen.

Fazit

Das Patientenrechtegesetz ändert tatsächlich kaum etwas. Die enthaltenen Rechte von Patienten existieren bereits seit Jahren und ­werden erfahrungsgemäß auch umfassend genutzt. Der zur Begründung des Gesetzesentwurfes bemühte „unmündige Patient“ dürfte – sofern er tatsächlich existiert – die absolute Ausnahme sein und auch nicht besser gestellt sein als vor dem Patientenrechtegesetz. Nach Einführung des Gesetzes gilt nunmehr, dass es sich bei Haftungsfällen um eine komplexe Materie handelt, die eine frühzeitige umfassende Beratung und kompetente Vertretung notwendig macht. Gerade im Frühstadium eines Haftungsfalls gilt es für den Leistungserbringer Fehler zu vermeiden, die unter Umständen eine Kosten­tragungspflicht auslösen können.

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