Implantologie 15.07.2011
Interner Sinuslift mit periointegrativem Implantat
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Die nächste große Herausforderung in der Implantologie ist die Behandlung bzw. Verhinderung der Periimplantitis. Da es hierfür noch keine abschließenden Konzepte gibt, können neuartige Implantatsysteme und Abutmentbeschichtungen ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein.
In den meisten Fällen resultiert der Zahnverlust im Bereich der Oberkiefermolaren, infolge von Atrophie des Kieferkamms und zunehmender Ausdehnung der Kieferhöhle, in einer für eine Implantation nicht ausreichenden Knochenhöhe. Die Sinusbodenelevation ist bei reduziertem Knochenangebot im Oberkieferseitenzahnbereich die Behandlungsmethode der Wahl. Die Modifikationen der zuerst von Boyne und James und später von Tatum (1982) beschriebenen Technik sind sehr vielfältig und abhängig von der Restknochenhöhe. So kann man im Allgemeinen sagen, dass bei einem Angebot von weniger als 4–5mm ein zweizeitiges Vorgehen (Knochenaufbau und Implantation in zwei zeitlich getrennten Sitzungen) und bei einem Angebot von mehr als 5mm ein einzeitiges Vorgehen (Knochenaufbau und Implantation in einer Sitzung) möglich ist.
Bei einem Knochenangebot von weniger als 8mm muss ein laterales Knochenfenster angelegt und die Schneider’sche Membran abgelöst werden, um einen ausreichend dimensionierten Knochenaufbau durchzuführen. Bei mäßiger Atrophie und einem Knochenangebot von ca. 7–8mm ist ein sogenannter „interner Sinuslift“ möglich, der zuerst von Summers (1994) beschrieben wurde. Hierbei entfällt die laterale Fensterung der Kieferhöhlenwand. Die Bohrung erfolgt bis unmittelbar an den kortikalen Boden der Kieferhöhle. Anschließend wird der Kieferhöhlenboden mithilfe von Osteotomen nach kranial verlagert und somit das Implantatlager um mehrere Millimeter erhöht. Summers empfiehlt in der ursprünglichen Beschreibung von 1994 das Einbringen von Augmentationsmaterial durch das Bohrloch. Jedoch konnten Leblebicioglu et al. zeigen, dass auch bei Verzicht von augmentativen Maßnahmen eine Knochenneubildung von 3–4mm möglich ist.
Falldarstellung
Der 27-jährige Patient wurde mit dem Wunsch einer Versorgung für den verloren gegangenen Zahn 26 vorstellig. Die klinische Untersuchung zeigte eine Schaltlückensituation in Regio 26. Der Zahn ging vor längerer Zeit aufgrund einer endodontischen Behandlung verloren. Der radiologische Befund wurde anhand eines Orthopantomogramms erhoben (Abb. 1).
Zur Risikominimierung wurde eine digitale Volumentomografie (DVT, NewTom) erstellt. Hierbei ist es möglich, das Knochenangebot in allen drei Dimensionen zu vermessen und anatomische Besonderheiten darzustellen (Abb. 2 und 3).
Die Implantatposition und -größe konnte nun bestimmt werden. Bei einer Resthöhe von 9,3mm fiel die Wahl auf ein Perio-X Implantat 11,5mm, Ø 5mm. Dieses Implantat zeichnet sich durch eine vom Fraunhofer-Institut Braunschweig entwickelte Nano-Beschichtung aus.
Die oktagonale Innenverbindung verspricht eine optimale Kraftübertragung und die Reduktion von Mikrobewegungen. Die Oberfläche des Aufbaus besteht aus Zirkonnitrid (Abb. 4). Mehrere Studien haben gezeigt, dass Zirkonnitrid in Bezug auf Abriebfestigkeit, Härte und Verschleißbeständigkeit einen deutlichen Vorteil gegenüber anderen Werkstoffen aufweist. Becker et al. konnten 2008 nachweisen, dass es durch die nach Biofilmentfernung bessere Biokompatibilität für die Anheftung von Gingivafibroblasten zu einer besseren Voraussetzung für eine Periimplantitistherapie kommt. Nach Groessner-Schreiber wird die Bakterienanheftung durch die Beschichtung mit Zirkonnitrid signifikant reduziert (Groessner-Schreiber 2004).
Operatives Vorgehen
Aufgrund der genauen Planung konnte eine wenig invasive Schnittführung verwendet werden. Sie verläuft krestal, leicht nach palatinal versetzt. Die Bohrungen erfolgten nach Protokoll bis an den kortikalen Kieferhöhlenboden heran. Anschließend wurde dieser mithilfe der Osteotome kontrolliert frakturiert und angehoben. Je nach Knochendichte können die lateralen Wände gleichzeitig mit den entsprechend im Durchmesser aufsteigenden Osteotomgrößen kondensiert werden. In diesem Fall war eine Elevation von 2mm erforderlich, die sich an den Markierungen ablesen und nachvollziehen ließ (Abb. 5).
Das Implantat wurde maschinell eingebracht und zeigt eine gute Primärstabilität von 30Ncm. Eine Ruptur der Schneider’schen Membran lag nicht vor (Abb. 6). Das postoperative Orthopantomogramm zeigt einen erfolgreich durchgeführten internen Sinuslift mit simultaner Implantation in Regio 26. Auf der Vergrößerung ist an der Implantatspitze der elevierte Sinusboden zu erkennen (Abb. 7).
Die Einheilzeit betrug in diesem Fall acht Wochen. Anschließend wurde das Implantat freigelegt und mittels Pick-up-Technik abgeformt. Mit der Pick-up-Abformung ist eine dreidimensional korrekte Übertragung der Implantatposition auf das Modell mit hoher Genauigkeit möglich. Die Wiedergabe der Implantatposition ist bei der Pick-up-Technik besser als bei der Repositionstechnik (Wöstmann 2008). Hierbei wird der Abformpfosten mit einer Schraube im Implantat fixiert (Abb. 8). Diese Halteschraube wird vor der Entnahme der Abformung aus der Mundhöhle wieder gelöst, sodass der Übertragungsaufbau in der Abformung verbleiben kann. Für diese Pick-up-Technik wird ein individueller Löffel benutzt, der im Bereich der Übertragungsaufbauten Perforationen aufweist. Als Abformmaterial empfiehlt sich dabei ein Material mit großer Endhärte, wie z.B. Polyether oder A-Silikon. Der individualisierte Titanaufbau sollte im Rahmen des nächsten Termins anprobiert werden. Dies empfiehlt sich, um zu überprüfen, ob die Position des Aufbaus im Mund der Position des Aufbaus auf dem Meistermodell entspricht. Ist dies der Fall, kann die Krone fertiggestellt werden. Vor der Zementierung der Krone muss der Aufbau mit einem Drehmomentschlüssel mit der vom Hersteller vorgegebenen Kraft angezogen werden.
Nach Professor Wachtel scheint das Problem der Osseointegration weitgehend gelöst zu sein (www.ap-foundation.ch/periontegration.html) und verlagert sich mehr in Richtung der Stabilität des periimplantären Weichgewebes. Vor dem Hintergrund, dass 16% der Implantate (ohne regelmäßige Nachsorge) nach 9–14 Jahren eine Periimplantitis aufweisen (Roos-Jansåker 2006), können Implantatsysteme wie das in diesem Fall verwendete helfen, langfristig gute und stabile Behandlungsergebnisse zu erzielen.
Eine ausführliche Literaturliste finden Sie hier.