Implantologie 27.09.2023

Neuversorgung angulierter Oberkieferimplantate

Neuversorgung angulierter Oberkieferimplantate

Foto: Dr. Nadine Handschuck

Prothetische Restaurationen unterliegen mit den Jahren einem Verschleiß und in dessen Folge einem Funktionsverlust. Der folgende Fallbericht geht auf die Neurekonstruktion im Oberkiefer unter Einbeziehung der jetzigen digitalen Technologien ein.

Der vorliegende Patientenfall wurde 2010 mit dem alphatech®-Angulationskonzept erstversorgt. Hierbei handelt es sich um ein implantatprothetisches Konzept für den zahnlosen Kiefer. Bei diesem Vorgehen werden im Oberkiefer die beiden distalen Implantate unter Vermeidung der Sinusbodenelevation, von distal nach mesial im 35°-Winkel geneigt, inseriert (Abb. 1). Für dieses Vorgehen ist eine vorherige 3D-Diagnostik und -Planung sowie Herstellung und Nutzung einer Bohrschablone zwingend notwendig, um alle sensiblen anatomischen Strukturen zu schonen – und das knöcherne Lager maximal nutzen zu können (Abb. 2). Die Simulation des angestrebten prothetischen Ergebnisses zeigt den Umfang der Operation vorab.

Falldarstellung

Bei dem damals 51-jährigen Patienten erfolgte nach Wax-up und 3D-Planung die Implantation schablonengeführt und minimalinvasiv. Er wurde zu diesem Zeitpunkt einen Tag später mit einem metallverstärkten, kunststoffverblendeten Langzeitprovisorium versorgt. Mithilfe der virtuellen Planung konnte das prothetische Ziel schon in die Konzeption einbezogen werden. Das Langzeitprovisorium wurde fünf Monate belassen und dann definitiv mit einem Zirkonoxidgerüst und einer Kunststoffverblendung versorgt.

Neuanfertigung und digitale Planung

Nach 13 Jahren Tragedauer waren die Verblendungen insuffizient, verfärbt und teilweise abradiert (Abb. 3). Eine Neuanfertigung war dringend indiziert. Die klinischen und radiologischen Kontrollen zeigten eine solide Osseointegration und stabile Schleimhautverhältnisse. Während 2010 der analoge Weg mittels klassischer offener Abformung gewählt wurde, sollte die Neuversorgung nun digital erfolgen (Abb. 4).

Nach Entfernung der eingesetzten verschraubten Brücke wurden die entsprechenden Scanposts eingesetzt und der Ober- sowie Unterkiefer digital abgeformt (TRIOS 5, 3Shape). Die verwendeten Abutments (easyfixbase®, alphatech®) blieben dabei in situ (Abb. 5 und 6). Der Scan erfolgte auf Abutmentniveau. Eine Anfertigung individueller Abutments war nicht notwendig. Der angewendete Inraoralscanner arbeitet puderfrei und eine Kalibirierung war hierbei nicht notwendig. Da es sich um ein offenes System handelte, konnte der erstellte STL-Datensatz direkt in die Verarbeitungssoftware des Labors geladen werden (Abb. 7–10).

Für den Patienten entfiel somit die unangenehme Abformung. Das vom Labor angefertigte gefräste und gesinterte Zirkonoxidgerüst wurde zum Einprobetermin auf einen spannungsfreien Sitz, Passung in vertikaler sowie horizontaler Relation, kontrolliert (Abb. 11). Da individuelle Verblendungen angestrebt wurden, musste nun ein Modell gedruckt und mit den entsprechenden DIM-Analogen versehen werden. Ab hier wurde wieder der analoge Weg des Technikers benötigt, der in Schichttechnik die Verblendkeramik (Abb. 12), unter Beachtung der okklusalen Verhältnisse, aufschichtete. Die fertig verblendete Brücke wurde im Mund drehmomentbasiert mit den Implantaten verschraubt eingegliedert (Abb. 13 und 14). Zur Kontrolle des spaltfreien Sitzes wurde ein OPG angefertigt (Abb. 15). Der anschließende Verschluss der Schaubkanäle erfolgt mittels eines Komposits.

Fazit

Der vor 13  Jahren beschrittene teildigitale Weg kann im heutigen Zeitalter volldigital erfolgen. Die Weiterentwicklung der modernen Intraoralscanner, deren Software und die digitalen Verarbeitungsprogramme machen dies nun möglich. Die Versorgung mit angulierten Implantaten ist bei enger Indikationsstellung ein anerkanntes und etabliertes Verfahren. Eine hohe Patientenzufriedenheit und die erzielten Langzeiterfolge können mithilfe der digitalen Umsetzung noch komfortabler und planbarer realisiert werden.

Autorin: Dr. Nadine Handschuck

Dieser Beitrag ist im IJ Implantologie Journal erschienen.

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