Wissenschaft und Forschung 15.09.2014
Mit „speckles“ bessere Röntgenbilder erzielen
Mit der Röntgenphasenkontrast-Methode lassen sich hochqualitative Bilder von Objekten mit nur geringer Strahlendosis aufnehmen. Bis jetzt sind solche Aufnahmen aber nur schwer zu erzeugen, da, unter anderem, spezielle Strahlenquellen nötig sind, die nur in großen Teilchenbeschleuniger-Anlagen vorkommen. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM), des Royal Institute of Technology in Stockholm (KTH) und des University College London (UCL) haben jetzt gezeigt, dass verlässliche Phasenkontrastaufnahmen schon mit einem sehr einfachen Versuchsaufbau und einer Laborstrahlenquelle von extrem hoher Strahlkraft produziert werden können.
Die Röntgenphasenkontrast-Technik nutzt für die Erstellung von
Bildern die Brechung der Röntgenstrahlen beim Durchtritt durch das
Objekt, und nicht, wie beim herkömmlichen Röntgen, die Abschwächung
(Absorption). Bilder, die mit dieser Methode erzeugt werden, sind
deshalb oft von sehr viel höherer Qualität als die Absorptionsbilder.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Franz Pfeiffer
arbeiten daran, grundlegend neue Ansätze für die biomedizinische
Bildgebung und Therapie mit Röntgenstrahlen zu entwickeln –
einschließlich der Röntgenphasenkontrast-Technik. Ein Hauptziel ist es,
diese Methode in Zukunft auch für die Diagnose von Krebs oder
Osteoporose in der Klinik einsetzbar zu machen.
In ihrer neuen Studie haben die Wissenschaftler jetzt einen extrem
einfachen Aufbau für Röntgenphasenkontrast-Bilder entwickelt. Um die
Bildinformationen zu erhalten, wählten sie einen ungewöhnlichen Weg: sie
streuten die Röntgenstrahlen auf eine spezielle Weise, so dass
zufällige Strukturen entstanden. Diese „speckles“, wie sie in
Fachkreisen genannt werden, liefern eine Vielzahl von Informationen über
das Objekt, das sie durchdringen. Die gestreuten Röntgenstrahlen werden
mit einer hochauflösenden Röntgenstrahl-Kamera aufgefangen und die
Informationen daraufhin durch Analysieren der Daten gewonnen.
Hohe Genauigkeit und neuartige Röntgenquelle
Die Forscher konnten zudem zeigen, wie effizient und vielfältig ihr
Ansatz ist. „Aus einer einzigen Messung bekommen wir drei
unterschiedliche Bilder des Objekts: ein Abschwächungsbild, ein
Phasen-Bild und eine Dunkelfeld-Aufnahme“, erklärt Dr. Irene Zanette,
leitende Wissenschaftlerin der Studie. „Das Phasen-Bild kann genutzt
werden, um die projizierte Dicke des Objekts sehr genau zu messen. Mit
Hilfe des Dunkelfeld-Bildes lassen sich darüber hinaus kleinste
Strukturen wie Fasern oder Risse sichtbar machen, die sonst nicht
aufgelöst werden könnten“, fügt sie hinzu.
Eine hohe Strahlkraft der Quelle ist ebenfalls ein wichtiger Faktor, um
Phasenkontrastaufnahmen erzeugen zu können. „In unserem neuen
Versuchsaufbau verwenden wir einen Strahl aus flüssigem Metall zur
Röntgenerzeugung in der Quelle und nicht - wie bei üblichen Laborquellen
- festes Material“, sagt Tunhe Zhou vom KTH Stockholm, Projektpartner
der TUM. „Das erlaubt uns, hohe Intensitäten zu erzeugen, die wir für
Phasenkontrastaufnahmen brauchen, ohne dabei die Strahlenquelle zu
zerstören.“ Um die unterschiedlichen Bilder gleichzeitig zu erstellen,
scannt ein spezieller Algorithmus die "speckles" und analysiert genau,
wie sich ihre Form und Position verändern, wenn sich eine Probe im
Strahl befindet.
Aber nicht alle Komponenten des neuen experimentellen Aufbaus sind
High-Tech. Um die Röntgenstrahlen speziell zu streuen, fanden die
Wissenschaftler eine billige und einfache Lösung: „Wir haben
festgestellt, dass ein einfaches Sandpapier hierfür perfekt geeignet
ist“, erklärt Irene Zanette.
Die Wissenschaftler arbeiten bereits an den nächsten Schritten. „Die
neue Technik braucht nur eine Aufnahme und wäre daher auch geeignet, sie
in Richtung Phasenkontrast-Tomographie zu erweitern. Das würde uns
3D-Einblicke in die Mikrostruktur des untersuchten Objekts ermöglichen“,
beschreibt Zanette die Pläne der Wissenschaftler.
Originalpublikation
I. Zanette, T. Zhou, A. Burvall, U. Lundström, D. H. Larsson, M. Zdora,
P. Thibault, F. Pfeiffer, and H. M. Hertz. Speckle-based X-ray
Phase-contrast and Dark-Field Imaging with a Laboratory Source. Phys.
Rev. Lett., 2014.
DOI: 10.1103/PhysRevLett.112.253903
(http://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.112.253903)
Kontakt
Lehrstuhl für Biomedizinische Physik & IMETUM
Technische Universität München
http://www.e17.ph.tum.de/
Prof. Dr. Franz Pfeiffer
Inhaber des Lehrstuhls für Biomedizinische Physik
Tel.: +49 89 289 - 10807
franz.pfeiffer@tum.de
Dr. Irene Zanette
Postdoktorandin
Tel.: +49 89 289 -10802
irene.zanette@tum.de
Quelle: TU München/idw online