Patienten 10.12.2015
Der Aufklärungsratgeber – Teil 1
share
Zum 1. Januar 2016 gibt es nach zehn Jahren einen neuen Vordruck für Heil- und Kostenpläne. Was ist nun neu bei diesem „neuen“ Vordruck? Neben einem anders gestalteten Feld IV „Zuschussfestsetzung“ wurde die „Erklärung des Versicherten“ textuell geändert. Es heißt jetzt dort:
„Ich bin bei der genannten Krankenkasse versichert. Ich bin über Art, Umfang und Kosten der Regel-, der gleich- und andersartigen Versorgung sowie über den voraussichtlichen Herstellungsort beziehungsweise das voraussichtliche Herstellungsland des Zahnersatzes aufgeklärt worden und wünsche eine Behandlung entsprechend dieses
Kostenplanes.“
Aufgeklärt? Wirklich? Über Art, Umfang und Kosten sowie Alternativen? Wäre ich ein renitenter Patient einer „jener“ Praxen, die dem Patienten einfach einen Heil- und Kostenplan in die Hand drücken und ihn damit zu seiner Krankenkasse schicken – ich würde einen solchen Antrag nicht unterschreiben.
Ich würde verlangen, dass ich aufgeklärt werde über:
A) Diagnose und Behandlungsplan
B) Übliche Vorgehensweise
C) Die wichtigsten Risiken der Behandlung
D) Wichtige Regeln zur Sicherung des Heilerfolgs
E) Hauptsächliche Risiken der Nichtbehandlung
F) Grundsätzliche Behandlungsalternativen.
Und selbstverständlich erwarte ich eine präzise Schätzung meines Eigenanteils und nicht irgendeine Zauberzahl, die vom Verwaltungsprogramm der Praxis ausgewürfelt wurde. Und seit Februar 2013 habe ich sogar das im BGB §630e verbriefte Recht, diese Aufklärungen zu verlangen, und der behandelnde Zahnarzt steht in der Pflicht, diese Aufklärungsarbeit zu leisten – selbstverständlich ohne zusätzliche Honorierung.
Das klingt zunächst einmal recht harsch. Deswegen werde ich zur Unterstützung meiner Leser in der Artikelserie „Der Aufklärungsratgeber“ in loser Folge gängige Behandlungsbereiche beleuchten und Punkte vorstellen, die in einem Aufklärungsgespräch unbedingt angesprochen werden sollten.
Fangen wir also an:
Viele Menschen empfinden Zahnbehandlungen als unangenehm, weil sie durch Zahnschmerzen „vortraumatisiert“ wurden. Aus naheliegenden Gründen werden viele Zahnbehandlungen unter Anästhesie ausgeführt. In der Rubrik „B) Übliche Vorgehensweise“ sollte man den Patienten also darüber aufklären, dass eine Behandlung unter Anästhesie „schmerzfrei“ erfolgt. Dies sichert dem Zahnarzt bereits initiales Wohlwohlen eines „vortraumatisierten“ Patienten. Eine Anästhesie birgt Risiken, die trotz ihrer Seltenheit für den Eingriff spezifisch sind und über die der Patient aufgeklärt werden muss, da sie bei ihrer Verwirklichung die Lebensführung nachhaltig beeinträchtigen. So ist bei einer Leitungsanästhesie der Patient darauf hinzuweisen, dass es zu einer Nervschädigung kommen kann – selbst wenn es einige Gerichtsurteile in der Vergangenheit gab, die diese Aufklärungspflicht verneinten. Dabei genügt es nicht, das Reizwort „Nervschädigung“ zu erwähnen, sondern nach aktueller Rechtsprechung (z.B. LG Berlin Az. 6 O 386/05 – 12.4.2007, OLG Koblenz Az. 5 U 496/12 – 22.8.2012) muss dem Patienten verdeutlicht werden, was das für ihn konkret bedeutet: nämlich ein dauerhaftes Taubheitsgefühl im Kinn-Lippen-Bereich der betroffenen Seite. Ich persönlich kenne Zahnärzte, denen dies ein einziges Mal in ihrem Berufsleben passiert ist – mit den üblichen Konsequenzen: Gerichtsprozesse über mehrere Instanzen, negative Gutachten, Rechtsanwaltskosten und schließlich Verurteilung. Hätten diese Kollegen den Patienten entsprechend aufgeklärt und diese Aufklärung gerichtsverwertbar dokumentiert, wäre ihnen solche Pein weitgehend erspart geblieben. In der Rubrik „D) Wichtige Regeln zur Sicherung des Heilerfolgs“ ist der Patient unbedingt darauf hinzuweisen, dass er heiße Getränke und Nahrungsaufnahme meiden sollte, solange das Taubheitsgefühl anhält. Auch sollte grundsätzlich auf die Einschränkung der Fahrtüchtigkeit nach einer Zahnbehandlung unter örtlicher Betäubung hingewiesen werden. Diese Hinweise müssen natürlich rechtzeitig vor der Behandlung erfolgen und nicht erst beim Abschied, wenn der Patient mit dem Autoschlüssel in der Hand an der Rezeption steht. Ich werde diese Artikelserie in loser Folge weiter fortsetzen und möchte auf eine von mir initiierte Softwarelösung hinweisen, die die Aufklärungsaufgaben des Zahnarztes extrem erleichtert. Interessiert?
Eine kostenlose Probe-Installation bestellt man im Internet unter www.synadoc.ch