Personalmanagement 05.12.2014
Mindestlohngesetz: Die Tücken stecken im Detail
share
Mit Beginn des neuen Jahres 2015 tritt das Mindestlohngesetz in Kraft. Was es für Praxisinhaber bedeutet und was sie beachten sollten, zeigt der folgende Beitrag. Hierbei wird der Fokus auf die praktische Anwendung und die diversen Sonder- und Ausnahmeregelungen gelegt.
Am 1. Januar 2015 ist es soweit: Dann gilt das sogenannte Mindestlohngesetz (MiLoG). Der Gesetzgeber hat darin einen Arbeitnehmer-Mindestlohn pro Zeitstunde festgelegt. Mitarbeiter haben ab dem neuen Jahr einen grundsätzlichen Anspruch auf Zahlung eines Mindestlohnes von 8,50 EUR brutto pro Zeitstunde. Das neue Gesetz gilt steuer- und sozialversicherungsrechtlich für alle Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben oder wenn sie – auch unter 18 Jahren – eine abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können.
Wichtig zu wissen: Das neue Mindestlohngesetz sieht in seiner derzeitigen Fassung eine Reihe von Sonder- und Ausnahmeregelungen vor. Es gilt zum Beispiel nicht für Praktikanten,
- die aufgrund schulrechtlicher Bestimmungen ein Pflichtpraktikum leisten
- die zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums ein Praktikum von bis zu drei Monaten absolvieren
- die begleitend zu ihrer Berufs- oder Hochschulausbildung ein Praktikum von bis zu drei Monaten erbringen
Auszubildende sind grundsätzlich, Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten einer Beschäftigung von der Mindestlohnregelung ausgenommen. Soweit in einer Branche ein tarifvertraglich geregelter Mindestlohn für allgemeinverbindlich vereinbart wurde, gilt für dessen Anwendung eine Übergangsregelung. In diesen Fällen behalten die bestehenden Tarifvertragsinhalte bis zum 31. Dezember 2017 unverändert ihre Gültigkeit. Es gilt somit ein Bestandsschutz.
Arbeitsverträge prüfen
Trotz der auf den ersten Blick relativ klaren gesetzlichen Regelung, stellen sich hinsichtlich der praktischen Anwendung des Mindestlohngesetzes bereits erhebliche Abgrenzungs- und Auslegungsfragen. Dies gilt insbesondere für geringfügig Beschäftigte (Minijobber), wie etliche Zahnarztpraxen sie unter Vertrag haben. Für geringfügig Beschäftigte beträgt der Mindeststundenlohn laut der gesetzlichen Neuregelung ebenfalls 8,50 EUR. Die regelmäßige – rein rechnerische – Höchst-arbeitszeit im Rahmen der geringfügigen Beschäftigung liegt bei 52,9 Stunden (8,50 EUR x 52,9 Stunden). Dies entspricht einer Monatsvergütung von 449,65 EUR. Dieser Betrag liegt noch unterhalb der maximal sozialversicherungsfrei zulässigen Vergütung von 450,00 EUR pro Monat.
Sollte ein Zahnarzt mit einer Mitarbeiterin aus Vereinfachungsgründen 53 Monatsstunden vereinbart haben, würde die rein rechnerische Vergütung bei 450,50 EUR liegen. Diese Summe überschreitet jedoch den monatlich maximal zulässigen Höchstbetrag von 450,00 EUR. Die Folge: Die Sozialversicherungsfreiheit der Vergütung wäre nicht mehr gegeben. Es käme zu einer finanziellen Mehrbelastung, da Sozialversicherungsbeiträge abzuführen wären. Daher der Tipp: Jeder Zahnarzt ist gut beraten, seine bestehenden Arbeitsverträge mit Mitarbeitern zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
Im Bereich der sogenannten kurzfristig beschäftigen Arbeitnehmer hat das Gesetz – zur allseitigen Überraschung – zu einer Verbesserung der derzeit gültigen Regelungen geführt. So wird für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2018 die zulässige sozialversicherungsfreie Beschäftigung von bisher 50 Arbeitstagen oder längsten zwei Beschäftigungsmonaten auf 70 Arbeitstage oder alternativ drei Beschäftigungsmonate ausgeweitet.
Papierkrieg droht
Die Freude über diese positive Änderung wird indes getrübt, da der Gesetzgeber eventuell die Aufzeichnungs- und Nachweispflichten für den Bereich der Minijobber und der kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmer unverhältnismäßig und praxisfremd verschärfen wird. Obwohl in der Gesetzesanwendung noch Auslegungsfragen zu klären sind, ist derzeit davon auszugehen, dass der Gesetzgeber für diese beiden Arbeitnehmergruppen, quasi durch die Hintertür, wieder den aus der Vergangenheit bekannten Einzelnachweis einführen möchte.
Diese Befürchtung lässt sich aus der Formulierung ableiten, dass zukünftig der Arbeitgeber unter anderem für diesen Personenkreis „Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit“ aufzeichnen muss. Diese Aufzeichnungen sollen spätestens mit Ablauf des siebten Tages, der auf den Tag der erbrachten Arbeitsleistung folgt, zu erstellen sein. Für geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten gilt diese Aufzeichnungspflicht jedoch nicht (§8a SGB IV). Die Nachweise muss der Arbeitgeber mindestens zwei Jahre aufbewahren. Sofern der Gesetzgeber diese Regelung nicht noch klarstellend entschärft, droht den Praxisinhabern ein erheblicher Papierkrieg. Im neuen Mindestlohngesetz ist auch festgehalten, welche Behörde künftig überprüft, ob die Arbeitgeber ihre Pflichten einhalten. Das ist die Zollverwaltung. Diese ist gehalten, Verstöße gegen das MiLoG sofort zu ahnden. Die Kontrolleure können – je nach Fall – Geldbußen in Höhe von bis zu 500.000 EUR erheben.
Mehrkostenrisiko
Ferner ist zu beachten, dass sich die Beiträge zur Sozialversicherung nach dem jeweils gültigen Mindestlohn (§22 SGB IV) bemessen. Deshalb fallen nach dem sogenannten Entstehungsprinzip in der Sozialversicherung auch dann Beiträge aus dem Mindestlohn an, wenn der Praxisinhaber – möglicherweise irrtümlich – niedrigere Stundenvergütungen ausgezahlt hat, obwohl er zur Zahlung des Mindestlohns verpflichtet gewesen wäre. Der Differenzbetrag zwischen gesetzlichem Mindestlohn und dem tatsächlich gezahlten niedrigeren Stundensatz ist beitragspflichtig. Ein nicht gezahltes Entgelt kann somit bei Betriebsprüfungen durch die Sozialversicherungen erhebliche Beitragsnachzahlungen sowie zusätzlich Säumniszuschläge auslösen. Dieses finanzielle Risiko sollte im Einzelfall nicht unterschätzt werden, da die Prüfungen üblicherweise mehrere Jahre umfassen.