Praxismanagement 15.06.2015

BMW oder Mercedes? Die Geschichte vom besseren Zahnarzt



BMW oder Mercedes? Die Geschichte vom besseren Zahnarzt

Foto: © Olly - Shutterstock

Die bedingungslose Liebe zum eigenen Auto wird uns in Deutschland ja gern nachgesagt. Wenn Sie einen liebenden BMW-Fahrer nach dem besten Auto fragen, ist die Antwort leicht vorhersagbar: BMW. Doch das trifft in entsprechender Weise auch auf den Mercedes-Fan zu. Und natürlich auch auf Porsche, Audi und Toyota. Doch gibt es das wirklich: Das beste Auto?

Die Frage muss stets lauten: Das beste Auto – für wen? Wie immer bei derartigen Fragen ist die Antwort von der individuellen Sichtweise, also von der Zielgruppe, abhängig. Alle Automarken haben Stärken und Schwächen, Vor- und Nachteile. Und das gilt grundsätzlich genauso für alle ausgereiften Produktreihen und ebenso für alle etablierten Dienstleistungen – und natürlich auch für Zahnärzte.

Zielgruppen beachten

Die Patienten gehen heute nicht mehr nur zum Zahnarzt, um von Schmerzen befreit zu werden oder diesen vorzubeugen. Die Berufsgruppe hat sich zum Anbieter umfassender Gesundheitsdienstleistungen rund um den Mund gewandelt. Dabei kommen auch die Fragen nach Funktionalität, Prävention, Komfort, Ästhetik und vieles mehr nicht zu kurz. Hinsichtlich der fachlichen Spezialisierung bieten die Praxen ein umfangreiches Spektrum an: von der allgemeinen Zahnheilkunde über Endodontie bis hin zur Implantologie und Prothetik. Einige haben sich auf Kinder, andere auf Manager mit wenig Warte- und Behandlungszeit in Citylage spezialisiert. Die Menschen haben zeitlich wechselnde Bedürfnisse und werden in die Praxis gehen, von der sie glauben, am besten bedient zu werden. Um dieser Nachfragesituation erfolgreich zu begegnen, sollte sich jede Praxis zunächst überlegen, welche Zielgruppe sie ansprechen will.

Problem Praxisbindung

In der Auseinandersetzung mit der Problematik der zunehmenden Werbeaktivitäten von Zahnärzten werden immer wieder zwei Kernargumente genannt: „Wir haben ohnehin zu viele Patienten“ und „Die Patienten bleiben sowieso in ihrer Stammpraxis“. Tatsächlich ist es so, dass die Wettbewerbssituation unterschiedlich ist. Während es in ländlichen Gebieten manchmal 4.000 Patienten pro Behandler gibt, liegt die Zahnarztdichte in urbanen Gebieten teilweise deutlich unter 1.000. Gerade Landpraxen werden deshalb bei Werbung zurückhaltender sein. Im urbanen Raum aber macht es sogar bei stark frequentierten Praxen unter Umständen durchaus Sinn, für die Leistungsangebote zu werben, die die Behandler besonders gut beherrschen, oder die sie verstärkt anbieten möchten. Bis zu 90 Prozent der Patienten bleiben ihrem Zahnarzt treu und sind nicht durch Werbung anderer von ihm wegzubewegen. Das bedeutet aber auch, dass zehn Prozent – und zunehmend mehr – durchaus wechselbereit sind. Und da die zahnärztliche Dienstleistung sehr häufig in Anspruch genommen wird, sind zehn Prozent in absoluten Zahlen sehr viele Patienten. Berechnungen haben ergeben, dass im potenziellen Einzugsgebiet einer Praxis bis zu 1.000 Patienten eine neue Praxis suchen – und das in jedem Monat. Die Gründe sind vielfältig: Umzug, die alte Praxis hat geschlossen, bestimmte Leistung gesucht, besondere Empfehlung und vieles mehr.

Praxissuche früher und heute

Nach wie vor gilt: Es kommt kein Mensch in Ihre Praxis, der Sie nicht kennt. In Zeiten der Niederlassungsbeschränkung suchte der Patient in der Ärztetafel oder in den Gelben Seiten. Mit dem Wettbewerbsstärkungsgesetz 2007 kamen die Niederlassungsfreiheit – und mit ihr nahezu unbegrenzte Werbemöglichkeiten. In den ersten Jahren dominierten die Anzeigen in den Gelben Seiten. Sie wurden immer größer und bunter. Das galt in der Folge dann auch für Zeitungsanzeigen und Plakate mit strahlenden Zähnen und schönen Menschen. Teilweise zieren vier mal fünf Meter große Tafeln die dafür vorgesehenen Wände und Litfaßsäulen unserer Städte, unterstützt von Werbespots in den örtlichen Radiosendern und vieles mehr. Als Richtwerte für das Marketingbudget gelten seitdem fünf bis zehn Prozent des Gesamtumsatzes der Praxis, in großen BAGs also teilweise mehr als 100.000 Euro pro Jahr.

Wie sucht der Patient eine neue Praxis?

Ideal ist es, wenn mir ein Freund einen „guten“ Zahnarzt empfiehlt. Aber das Empfehlungsmarketing ist auf 40 Prozent geschrumpft. Heute informieren sich die Menschen über Google. Ebenfalls 40 Prozent finden auf diese Weise ihren neuen Zahnarzt, unterstützt durch die oben genannten Maßnahmen. Entscheidend ist, dass der potenzielle Patient Sie und Ihre Praxis kennt. Und deshalb ist es mindestens erforderlich, dass Sie sich und Ihre Praxis auf einer Website darstellen. Denn auch die Patienten, denen Sie als „guter Zahnarzt“ empfohlen wurden, schauen vor einem Anruf in der Praxis auf Ihrer Website nach, ob Sie wohl wirklich „der Richtige“ sind. Erstaunlich ist daher, dass erst lediglich die Hälfte aller Praxen eine eigene Website hat. Beachten Sie, dass in Ihrem Einzugsgebiet deutlich mehr als einhundert Patienten in jedem Monat einen neuen Zahnarzt nur über Google suchen. Und von diesen kommt keiner in Ihre Praxis, wenn Sie keine, eine schlecht gemachte und vor allem eine schlecht platzierte Website haben.

Arztbewertungsportale und gezielte Internetwerbung

Immer mehr Menschen schauen vor der Wahl ihres neuen Zahnarztes in Arztbewertungsportalen nach, wie andere Patienten diesen beurteilen. Dadurch wird die Auswahl massiv beeinflusst. Es ist egal, ob Sie sich aktiv in diesen Portalen engagieren oder nicht –  Sie sind dort gelistet und werden bewertet. Dagegen können Sie sich nicht wehren. Besser ist es daher, agierend mit den Portalen umzugehen und aktives Bewertungsmanagement zu betreiben. Agieren Sie – bevor Sie reagieren müssen! Weiterhin sind seit einiger Zeit gezielte Werbungen bei Google auf dem Vormarsch. Vorteil dieser „AdWords“: Festlegung des Umkreises und damit Konzentration der Werbung auf das Einzugsgebiet der Praxis sowie die Abrechnungsmethode. Denn Sie zahlen nur für jeden aktiven Klick auf Ihre Anzeige, je nach Region und Keyword zum Beispiel einen Euro. Gleichzeitig können Sie das Budget begrenzen, zum Beispiel auf 500 Euro im Monat. Wenn die verbraucht sind (hier nach 500 Klicks), erscheint die Anzeige nicht mehr, aber mit den meisten Klicks haben Sie einen bewussten Kontakt zu Ihrer Praxis und damit die aktive Auseinandersetzung mit ihr erzeugt: Die User kennen Sie nun – und entscheiden sich mit erhöhter Wahrscheinlichkeit für Sie. Diese Vorgehensweise rechnet sich selbst dann, wenn Sie aufgrund der kostenpflichtigen Klicks nur ein bis zwei Patienten pro Monat gewinnen. Die Zukunft liegt in noch gezielterer Werbung, wenn Sie über das Nutzungsverhalten von Menschen in den sozialen Netzwerken exakt bei denen werben, die Sie als Patienten haben wollen und deren Freunde Ihre Praxis mit einem „Like“ oder mit positiven Kommentaren bewertet haben. Hier vollendet sich die ideale Verbindung zwischen Empfehlungs- und Webmarketing.

Veränderung im Marketingmanagement

Es kann festgestellt werden, dass die Anzeigen- und Plakatwerbung rückläufig ist und von den Internetaktivitäten verdrängt wird, wobei sie teilweise als crossmedial stabilisierende Elemente weiter verwendet wird. Viele Praxen wissen aber, dass die Webwerbung effizienter ist. Es muss weniger Geld investiert werden, um die gleiche Zahl von Patienten zu gewinnen. Das Marketingbudget kann verringert werden. Gleichzeitig wächst aber auch das Basisbudget für die Marketingsteuerung. Diese muss immer professioneller organisiert werden, um im Wettbewerb mithalten zu können. Inzwischen kann der Anteil für die Organisation des Marketings mit 0,5 bis 1,0 Prozent des Gesamtumsatzes geschätzt werden. Zu beachten ist hierbei allerdings, dass das gesamte Marketingbudget mit professioneller Steuerung deutlich gesenkt werden kann.

Wie wirbt nun der „bessere Zahnarzt“?

Oben wurde in vereinfachter Form beschrieben, mit welchen Instrumenten heute sinnvoll auf die Praxis aufmerksam gemacht werden sollte. Diese Aufmerksamkeit ist essenziell, denn ohne dass Sie jemand kennt, kann keiner zu Ihnen finden. Jetzt geht es um die Inhalte. Wie stellen Sie sich dar? Ganz einfach: So, wie Sie sind. Erzählen Sie den Menschen von sich, Ihrer Praxis, Ihrem Team. Die Basis dafür ist das Instrument „Website“. Alle weitergehenden Aktivitäten können Sie daraus ableiten. Allerdings sollte diese authentische Darstellung nicht unkontrolliert, sondern bewusst im Hinblick auf Ihre Praxisziele und die von Ihnen bestimmte Zielgruppe erfolgen. Dazu sollten Sie – ebenso professionell – Ihre sogenannte „Positionierung“ erarbeiten. Über die essenzielle Bedeutung der Positionierung für den Praxiserfolg habe ich schon häufig geschrieben – nachzulesen in vielen ZWP-Ausgaben und im Internet.

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