Praxismanagement 06.09.2022

Praxissteuerung: Praxisteams mit Zahlentransparenz stärken



Praxissteuerung: Praxisteams mit Zahlentransparenz stärken

Foto: Artem – stock.adobe.com

Der Gedanke, dem Team Praxiszahlen offenzulegen, erzeugt bei vielen Praxisinhabern immer noch ein mulmiges Gefühl. Gleichzeitig hat die planvolle Einbindung von Mitarbeitern in die Steuerung mit Praxiskennzahlen vielfältige positive Auswirkungen. Dieser Fachbeitrag gibt praktische Tipps.

Das ungute Gefühl entsteht primär bei dem Gedanken, „Wenn jeder weiß, was ich verdiene, aber gar nicht einschätzen kann, was noch alles dranhängt, kann der Schuss nach hinten losgehen.“ Absolut richtig. Jedem im Team die gesamte Betriebswirtschaft offenzulegen ist wenig hilfreich, weil zu viele komplexe Erläuterungen kommen müssten, um zu erreichen, dass die Menschen die Daten tatsächlich so verstehen, wie sie zu verstehen sind. Insofern raten wir davon ab.

Das hier skizzierte System konzentriert sich darauf, ausgewählte Kennzahlen ins Visier zu nehmen, die zentrale Praxisziele abbilden und adressatengerecht sind, also unmittelbar verstanden werden können und außerdem auch (im engeren und weiteren Sinne) mit dem jeweiligen eigenen Arbeitsplatz zu tun haben. Dazu folgende Beispiele:

Rezeption

Die Rezeption ist die zentrale Schaltstelle für Patientensteuerung und Termineffizienz. Die Mitarbeiter in der Rezeption können ihre Aufgaben noch selbstverantwortlicher und fokussierter im Sinne der Gesamtpraxis wahrnehmen, wenn sie folgende Daten kennen:

  • Anzahl der behandelten Patienten pro Quartal
  • Zielkorridor für die Neupatientenzahl pro Quartal, je nach Praxiskonzept ergänzend aufgeteilt nach Bereichen (Kinder/Erwachsene/ggf. KFO)
  • Ausschnitte aus therapeutischen Kennzahlen (zum Beispiel MKV-Quote oder Anzahl der gesetzten Implantate).

Insbesondere der Zielwert für Neupatienten ist wichtig, weil ein Großteil der „Alltagsprobleme“ in Praxen aus der Disbalance zwischen Behandlungskapazitäten und Patientenzahlen entstehen.

Sobald miteinander erste vertrauensvolle Routinen in der Praxissteuerung mit Kennzahlen aufgebaut wurden, ist die Zeit reif, um das Rezeptionsteam auch in die aktive Arbeit mit weiteren operativen Daten einzubinden. Das sind insbesondere die Ist- und Zielstundensätze für die einzelnen Zahnärzte und das Prophylaxeteam sowie spezifische Kennziffern, die sich aus konkreten Praxiszielen ableiten – beispielsweise die Stärkung der Prophylaxeleistungen oder die breitere Verankerung der Parodontitistherapie im Leistungskonzept der Praxis.

Angestellte Zahnärzte

Vielfältige Vorteile ergeben sich für alle Beteiligten, wenn angestellte Zahnärzte konkret wissen, wo sie stehen. Ergänzend zu der Möglichkeit, eigene Honorardaten jederzeit in der Praxissoftware abrufen zu können, sollten sie eine persönliche monatliche Auswertung bekommen, aus der die sie betreffenden zentralen Daten hervorgehen:

  • erwirtschaftetes Honorar
  • weiterberechnetes Material
  • veranlasste Laborleistungen
  • Behandlungsstunden am Patienten (im Timer buchbare Zeiten) des jeweiligen Monats
  • erzielter Honorarstundensatz (erwirtschaftetes Honorar geteilt durch die Behandlungsstunden am Patienten)

Soweit die Basics. Sofern konkrete Ziele mit den Zahnärzten bereits vereinbart sind, werden Soll-Ist-Abgleiche integriert. Quartalsauswertungen werden um die Daten ergänzt, die im Quartalsmodus sinnvoller bewertet werden können als in einer monatlichen Betrachtungsweise (z. B. Anzahl behandelter Patienten und Fallwerte). Individuelle weitere Komponenten empfehlen sich in Abhängigkeit vom jeweiligen Tätigkeitsspektrum des betreffenden Zahnarztes.

Methodik

Warum soll sich die Praxis die Mühe machen, für die angestellten Zahnärzte eine individuelle Auswertung zu erstellen – sie könnten doch selbst alles abrufen? Weil es nicht dasselbe ist. Wer möchte, dass sich zahnärztliche Mitarbeiter reflektiert mit ihrer Performance auseinandersetzen, erreicht dies nicht mit diffuser Erwartungshaltung, sondern mit einem planvollen Konzept, das den Fokus ausrichtet. Ein übersichtliches, ansprechend gestaltetes Datenblatt ist ein zentraler Konzeptbaustein. Regelmäßige Reflexionsgespräche sind der zweite Baustein – und es gibt noch weitere, führt an dieser Stelle jedoch weg vom Kernthema.

Diese Aufbereitung und Handhabung hilft dabei, das so immens wichtige, einvernehmliche Verständnis für den Zusammenhang zwischen ärztlichem Handeln und wirtschaftlichem Ergebnis nicht nur entwickeln zu können, sondern auch besprechbar zu machen. Vorteile ergeben sich daraus für alle Beteiligten; auch die Bindungswirkung ist nennenswert. Denn der einzelne zahnärztliche Mitarbeiter nimmt wahr, „In dieser Praxis beschäftigt man sich mit mir, meiner Performance, meinem beruflichen Vorankommen.“

Genau an dieser Stellschraube (investiert die Praxis an dieser Stelle in Zeit und Konzept oder nicht) ergibt sich der Unterschied für die erlebbare Unternehmenskultur und damit für die Attraktivität der Praxis aus der Sicht von angestellten Zahnärzten. Dieser Effekt gilt natürlich für alle anderen Teilteams der Praxis gleichermaßen.

Personalthemen

Kennzahlen leisten auch gute Dienste für die Personalarbeit und für den Aufbau einer zukunftsfähigen, mitarbeiterfokussierten Unternehmenskultur. Schlüsselwerte in dieser Kategorie sind beispielsweise:

  • Daten zur Mitarbeiterzufriedenheit
  • Teilnahmequote an Teamevents
  • Anteil Azubis im ZFA-Team
  • Fluktuationsquote in den verschiedenen Teambereichen (Assistenzen, Zahnärzte, Prophylaxe etc.)
  • Stundenlöhne in den verschiedenen Teambereichen (dto.)
  • Auswertungen zu Kündigungsgründen (wer hat sich von wem warum getrennt, Tätigkeitsbereiche der betreffenden Personen, Muster dahinter erkennen und mit den Erkenntnissen weiterarbeiten)

Dies nur als kurzer Anriss. Wer mit diesen Personaldaten auf welche Weise sinnvoll arbeiten kann, ist immer abhängig von der individuellen Praxissituation. Gleichzeitig ist auch hier die praxisklimatische Wirkung nicht zu verachten: Wenn die Mitarbeiter erleben, dass die Chefetage sich für genau diese Daten nicht nur interessiert, sondern aus den Erkenntnissen auch erkennbar proaktives Handeln ableitet, stärken sich Zugehörigkeitsgefühl, Zuversicht und gemeinsamer Tatendrang.

Praxisführung

Die aktive Arbeit mit Kennziffern ist idealerweise eingebettet in ein übergeordnetes Gesamtkonzept, das von zahnärztlicher Leitung und Praxismanagement im Schulterschluss initiiert und verantwortet wird. Ein gutes Prinzip ist es, für ein oder zwei Quartale nur orientierende Daten aufzubereiten und dann später in konkrete Zielwerte relevanter Bereiche einzusteigen.

Das System kann auf kleiner Flamme gestartet und dann sukzessive ausgebaut werden. Der Aufwand lohnt sich zweifellos, denn für die Praxisführung ergeben sich sowohl auf individueller als auch übergeordneter Handlungsebene aus der Gesamtübersicht wertvolle handlungsleitende Erkenntnisse für die gedeihliche Gestaltung der Praxiszukunft.

Fazit

Transparenz, anstatt Verschlusssache: Die Praxissteuerung mit Kennzahlen gibt der Idee des gemeinschaftlichen Gestaltens von Praxiserfolgen einen praktikablen Rahmen. Im Ergebnis werden Kräfte freigesetzt, von denen die Praxis sowohl in ihrer sozialen Attraktivität als auch wirtschaftlich erheblich profitiert.

Dieser Beitrag ist in der aktuellen ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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