Praxismanagement 10.07.2018
„Prophylaxeprofis“ sind Optimierer
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Praxiswachstum durch Prophylaxe-Maßnahmen (Teil 3)
Die Integration der Prophylaxe in das Behandlungsspektrum der Zahnarztpraxis eröffnet zusätzliche Einnahmepotenziale und stärkt die Patientenbindung. Aber es macht einen großen Unterschied, ob man den Prophylaxebereich so „nebenbei“ oder professionell betreibt. Steuerberater Professor Bischoff aus Köln stellt im folgenden dritten Teil seiner Reihe das Konzept der Optimierer vor. Dabei handelt es sich um Praxen, die permanent auf der Suche nach Verbesserungen der Behandlungs- und Organisationsabläufe sowie der Kostenstrukturen ihrer Praxis sind und die durch hohe Auslastung das Einnahmenpotenzial der Prophylaxe maximieren.
Immer mehr Zahnärzte beschäftigen spezialisierte Kräfte, die ausschließlich Prophylaxeleistungen erbringen: eine Zahnmedizinische Prophylaxeassistentin (ZMP) oder sogar eine Dentalhygienikerin (DH). Letztere darf zusätzlich die Vor- und Nachbehandlung bei Parodontalbehandlungen sowie begleitende Therapien von Zahnbett- und Zahnfleischerkrankungen durchführen. Sie ist zwar teurer, aber durch ihre erweiterte Einsatzfähigkeit bei Auslastungsschwankungen auch vielseitiger einsetzbar. Praxen, in denen ausgebildete Prophylaxemitarbeiter arbeiten, verfügen meist auch über einen eigenen Prophylaxeraum. Hier stehen eine spezielle Prophylaxebehandlungseinheit sowie entsprechende Hightech-Geräte zur Verfügung, mit denen schneller, effektiver und schmerzfreier behandelt werden kann als mit herkömmlichen Handinstrumenten. Bleaching kann eine sinnvolle Zusatzleistung zum Prophylaxeangebot sein, da die professionelle Zahnreinigung (PZR) als fester Bestandteil der Individualprophylaxe auch Voraussetzung für gute Ergebnisse beim Bleaching darstellt.
Vieles ist möglich bei guter Auslastung
Welche Ergebnisbeiträge mit dem vorstehend beschriebenen Konzept möglich sind, veranschaulicht das Beispiel von Dr. Dent:
Die Nachfrage nach Prophylaxeleistungen in der Praxis von Dr. Dent ist groß. Und die Rezeption sorgt für einen guten Recall. Deshalb hat sich Dr. Dent entschlossen, eine ZMP für 32 Stunden die Woche für 3.000 EUR Bruttogehalt einzustellen. Ein eigenes Behandlungszimmer mit einer Prophylaxeeinheit steht bereits zur Verfügung. Durch seine Entscheidung erhöht Dr. Dent seine Praxiskosten um 3.000 EUR Bruttogehalt, um 600 EUR Arbeitgeberanteil (20 %) zur Sozialversicherung und um weitere Nebenkosten in Höhe von 300 EUR monatlich für Lohnabrechnungen, Fortbildung etc. Hieraus ergeben sich jährliche feste Personalkosten von 46.800 EUR durch die ZMP.
Bei Berücksichtigung von Urlaub, Fortbildung und üblichem Krankheitsstand könnte eine ZMP mit einer Arbeitszeit von 32 h/Woche 1.344 Stunden p. a. behandeln.1 Dr. Dent geht aber bei seinen Berechnungen von einer zunächst realistischen 85%igen Auslastung der ZMP aus. Den Patienten wird die Prophylaxebehandlung im Durchschnitt mit 100 EUR in Rechnung gestellt.
Inklusive Rüstzeiten kalkuliert Dr. Dent pro Behandlung durchschnittlich eine Stunde.
Insgesamt ergeben sich hieraus jährliche Einnahmen von 114.240 EUR (85 % von 1.344 Std. = 1.142,40 Std. x 100 EUR/Stunde). Die Ergebnisverbesserung der Praxis beträgt 48.105 EUR (Tabelle 1).
Wie viele Prophylaxebehandlungen sind mindestens notwendig?
Bevor Dr. Dent die ZMP einstellt, möchte er aber wissen, wie viele Behandlungen im Monat notwendig sind, damit zumindest alle zusätzlichen Kosten abgedeckt sind. In der Betriebswirtschaftslehre spricht man vom Break Even. Im Beispiel sind dafür rund 50 Behandlungen pro Monat erforderlich. Mit jeder darüber hinausgehenden Behandlung erhöht sich der Gewinn der Praxis um 89,50 EUR pro Behandlung (Tabelle 2).2
2. Beste Performance erfordert ständige Optimierung
Ein niedergelassener Zahnarzt erwirtschaftet in Deutschland durchschnittlich einen Gewinn von 157.300 EUR pro Jahr.3 Die PZR hat das Potenzial, diesen Gewinn nachhaltig zu erhöhen. Entscheidend kommt es auf die Auslastung an. Hierfür sind Performance und ständige Optimierung ausschlaggebend. Für den Praxisinhaber gibt es viele Ansatzpunkte:
1. Erfahrene und engagierte Fachkräfte arbeiten motiviert, schnell und genau. Behandlungstechnisch und kommunikativ gut geschult, beraten sie überzeugend und geben kompetente Auskünfte. Sie entlassen zufriedene Patienten und damit
potenzielle Empfehler aus der Behandlung.
2. Die moderne Ausstattung des Prophylaxezimmers mit spezieller Behandlungseinheit und Hightech- Prophylaxegeräten ermöglicht ergonomisches und zügiges Arbeiten auf der Basis von modernen Behandlungsprotokollen, wie z.B. GBT (Guided Biofilm Therapy). Patienten verlassen nach einer schmerzfreien Behandlung die Praxis mit einem positiven Gefühl.
3. Die freundliche und konsequente Erinnerung der Patienten an die meist halbjährliche professionelle Zahnreinigung wird erfahrungsgemäß dankbar aufgenommen. Denn den meisten Menschen mangelt es heute an Zeit und nicht an Gesundheitsbewusstsein. Ein bedarfsgerechtes Recallsystem schafft also eine intensive Patientenbindung und generiert Prophylaxeeinnahmen, auch wenn die Zähne gesund sind.
4. Je kürzer die Wartezeiten und je freundlicher der Service, desto lieber kommen Patienten wieder. Im Sinne einer optimalen Auslastung ist es also die höchste Pflicht einer engagierten und erfahrenen Terminmanagerin, für Patientenabsagen möglichst schnell Ersatz zu finden.
Je besser die Performance der Praxis in diesen Bereichen, desto höher die Auslastung. Läuft das System nicht mehr rund, hat das spürbar negative Folgen. Wird zum Beispiel das zuvor genannte Auslastungspotenzial von 85 Prozent nur um 25 Prozent weniger ausgeschöpft, so verringern sich die Ergebnisbeiträge im Beispiel von Dr. Dent von 48.105 EUR auf 17.937 EUR pro Jahr, also um etwa 62 Prozent! Rechnerisch ist das leicht nachzuvollziehen, da die Kosten für Raum und Personal ja auch anfallen, wenn keine Patienten behandelt werden (Tabelle 3).
Dagegen belasten Investitionen in Technik das Ergebnis nur geringfügig. Würde Dr. Dent beispielsweise bei gleicher Auslastung doppelt so viel in die Behandlungstechnik investieren, so würde sich das Ergebnis im Beispiel nur um 10,4 Prozent verringern. Dazu eine Anmerkung: Die Potenziale, die sich durch verkürzte Behandlungszeiten mit moderner Technik erschließen können, finden hier keine Berücksichtigung.
Fazit
Die Prophylaxe kann auch bei kleineren Praxen den Praxisgewinn deutlich erhöhen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es gelingt, Arbeitsabläufe und Auslastung nachhaltig zu optimieren. Der hohen Auslastung der ZMP/DH kommt dabei wirtschaftlich eine große Bedeutung zu, zu der es ohne die professionelle Performance des Praxisteams gar nicht erst kommt.
Wer als Zahnarzt die Entwicklung seiner Praxiszahlen immer im Blick haben will, der sollte sich quartalsweise von seinem Steuerberater anschauliche Auswertungen (siehe Grafik 1 und 2) zur Verfügung stellen lassen. Denn Grafiken machen die Entwicklung der Wirtschaftlichkeit des Prophylaxebereichs und seiner Auslastung sichtbar. Dies erleichtert die nachhaltige Optimierung und erfolgreiche Steuerung der Praxis auch in diesem Bereich.
Ausblick: Eine Steigerung dieses Optimiererkonzepts trifft man in Großpraxen an, die aufgrund der hohen Anzahl an Behandlern über einen so großen Patientenstamm verfügen, dass sie das Prophylaxezentrum wie ein eigenes Unternehmen führen können. Mit den wirtschaftlichen Chancen und Risiken, die in solchen Konzepten schlummern, befasst sich der letzte Beitrag dieser Reihe.
1 32 Stunden/Woche x 42 Arbeitswochen = 1.344 Stunden p.a.
2 100 EUR pro Behandlung – (100 EUR x 10,5 % anteilige Praxiskosten) = 89,50 EUR Ergebnisbeitrag.
3 vgl. KZBV Jahrbuch 2017.
Der Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis 5/2018 erschienen.