Psychologie 22.06.2022

Interview: Was Corona mit der kindlichen Psyche macht



Interview: Was Corona mit der kindlichen Psyche macht

Foto: Jorm S – stock.adobe.com

Die sich hinziehende Pandemie belastet uns alle – Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Im Kurzinterview spricht der Klinikleiter der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Wien, Prof. Dr. Paul Plener, über die psychischen Folgen der letzten Jahre für die heranwachsende Altersgruppe und was Eltern tun können, um ihre Kinder ­zu unterstützen.

Herr Prof. Plener, Corona ist zur Normalität unseres Lebens geworden und hat gleich­­zeitig über die vergangenen Jahre viel mit uns, den Erwachsenen, aber natürlich auch mit den Kindern und Jugendlichen gemacht. Wie ist es Ihrem Wissen nach dieser Altersgruppe mit der anhaltenden Pandemie ergangen?

National sowie international konnten wir Hinweise auf eine deutlich gestiegene Anzahl von depressiven Symptomen, Angsterkrankungen, Essstörungen sowie Suizidgedanken als Auswirkung der Pandemie feststellen. Dieser Anstieg ist besonders in der Altersgruppe der 15- bis 25-Jährigen stark ausgeprägt. Die Auswirkungen äußern sich meistens in einem deut­lichen sozialen Rückzug, und auch alltägliche Tätigkeiten werden häufig vernachlässigt. Mitunter wird eine gedrückte Stimmungslage sowie Energielosigkeit beschrieben. Zusätzlich konnten wir Änderungen des Ess- sowie Schlafverhaltens feststellen, welche vermehrt durch das familiäre Umfeld als erstes Zeichen für negative psychische Auswirkungen wahrgenommen wurden.

Welche Maßnahmen können Sie empfehlen, um Kinder und Jugendliche in der andauernden Pandemie zu unterstützen und damit vor starken psychischen Auswirkungen zu schützen?

Es geht darum, sofern es die Pandemie zulässt, möglichst viel „Normalität“ zu bewahren. Ganz aktiv muss hier auf die Einhaltung des Tag-Nacht-Rhythmus und auf einen gesunden Schlaf geachtet werden. Daneben ist eine körperliche Aktivierung ein wesentlicher Bestand­teil der psychischen Gesundheit. Auch soziale Kontakte spielen hier eine große Rolle. Wichtig ist es für Eltern, Veränderungen, die ihnen Sorgen machen, bei ihren Kindern aktiv anzusprechen und mit den Kindern in einem Dialog zu bleiben.

Gibt es auch Erfahrungen der Kinder und Jugendlichen in den letzten drei Pandemiejahren, die man als durchaus positiv bewerten könnte?

Gerade Jugendliche haben aufgrund der Pandemie viele alternative Kommunikations- und Lernformen entdeckt, erprobt und für ihren Alltag übernommen. Hier hat die Digitalisierung gepunktet! In anderen Studien konnten wir auch Hinweise darauf finden, dass die wahr­genommene Wertigkeit des Schulbesuchs sowie der sozialen Kontakte im Zuge der ­Pandemie gestiegen ist. Sich in Person treffen zu können, gerade jetzt, wo viele Einschränkungen weggefallen sind, erleben viele Kinder und Jugendliche als eine Besonderheit. 

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