Recht 30.05.2013
Neues Patientenrechtegesetz – die wirtschaftliche Aufklärung
share
Am 26. Februar 2013 ist das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (PatRG) in Kraft getreten. Das PatRG hat einige Neuerungen im Arzt-Patienten-Verhältnis mit sich gebracht. Insbesondere die wirtschaftliche Aufklärungspflicht des Behandlers, die bisher nicht gesetzlich geregelt war, hat der Gesetzgeber nunmehr durch §630 c Abs. 3 BGB normiert.
Die wirtschaftliche Aufklärung
Bei der wirtschaftlichen Aufklärung ist der Patient vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform zu informieren, wenn dem Behandelnden bekannt ist, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten, also der Krankenkasse, nicht gesichert ist oder sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte ergeben. Folglich ist der Behandler bereits dann zu einer wirtschaftlichen Aufklärung verpflichtet, wenn er nach den Umständen Zweifel an der Kostenübernahme hat.
Die wirtschaftliche Aufklärungspflicht ist im Kern nicht neu. Bereits nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestand keine vertragliche Verpflichtung zur Zahlung einer Vergütung, wenn der Patient darauf vertrauen durfte, dass er zulasten seiner Krankenversicherung behandelt wird (vgl. BGH, Urt. v. 09.05.2000, Az.: VI ZR 173/99). Ihre Durchführung und die zu beachtenden Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen, wirtschaftlichen Aufklärung werden hingegen erstmals in einem Gesetz geregelt.
Was bedeutet Textform?
Der Verweis auf die Textform bedeutet, dass dem Patienten die voraussichtlich anfallenden Kosten schriftlich mitgeteilt werden müssen. Dies bedeutet, dass die wirtschaftliche Aufklärung in Papierform mit Unterschrift oder mit der Nachbildung der Unterschrift als Telefax, als Computerfax sowie als Datei, bspw. in einer E-Mail, zu erfolgen hat (vgl. §126 b BGB). Dabei stellt der Gesetzgeber nicht auf die Vorschriften der GOZ ab. Es ist daher auch nicht zwingend erforderlich, dem Patienten etwa einen Kostenvoranschlag in Form einer fiktiven GOZ-Abrechnung zu erteilen. Es dürfte ausreichen, wenn ihm die voraussichtlich anfallenden Kosten in Form eines konkreten Betrags schriftlich genannt werden und der Patient zudem darauf hingewiesen wurde, dass die genaue Kostenhöhe vom Verlauf der Behandlung und eventuellen Komplikationen abhängt.
Wer trägt die Beweislast?
Für den Nachweis eines Verstoßes gegen die wirtschaftliche Aufklärungspflicht gelten die allgemeinen Beweisgrundsätze. Das bedeutet, dass der Patient zu beweisen hat, dass eine im Einzelfall erforderliche wirtschaftliche Aufklärung durch den Behandler nicht erfolgt ist.
TIPP:
Lassen Sie sich den Erhalt der wirtschaftlichen Aufklärung unterzeichnen. Hiermit führen Sie im Streitfall den Nachweis, dass eine ordnungsgemäße wirtschaftliche Aufklärung gegenüber dem Patienten erfolgt ist.
Kann ich die Aufklärung auf nicht zahnärztliches Personal delegieren?
Die wirtschaftliche Aufklärung des Patienten muss nicht persönlich vom Behandler durchgeführt werden, sondern kann an nicht zahnärztliche Praxismitarbeiter (bspw. Zahnmedizinische Fachangestellte) delegiert werden.
Gibt es Ausnahmen von der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht?
Ausnahmsweise entfällt die wirtschaftliche Aufklärungspflicht, sofern besondere Umstände vorliegen (§630 c Abs. 4 BGB). Exemplarisch wird im Gesetzestext eine „unaufschiebbare Behandlung“ des Patienten aufgeführt. Dies kann bspw. ein Notfall sein, bei dem durch einen Aufschub der Behandlung Gefahren für Leben oder für die Gesundheit des Patienten drohen, sodass eine ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten nicht mehr rechtzeitig erfolgen kann. Die wirtschaftliche Aufklärungspflicht entfällt auch, wenn der Patient ausdrücklich auf die Aufklärung verzichtet. Beachten Sie, dass an die Wirksamkeit eines solchen Verzichts hohe Anforderungen gestellt werden. Nach den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf muss der Patient den Verzicht deutlich, klar und unmissverständlich geäußert und die Erforderlichkeit der Behandlung sowie deren Chancen und Risiken zutreffend erkannt haben.
TIPP:
Um etwaigen Beweisschwierigkeiten vorzubeugen, sollte die Verzichtserklärung schriftlich fixiert und vom Patienten unterschrieben werden. Hinzuweisen ist darauf, dass der im Gesetzestext angeführte Katalog der Ausnahmetatbestände nicht abschließend ist.
Welche Folgen hat eine fehlende oder fehlerhafte wirtschaftliche Aufklärung?
Die Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung sollte unbedingt beachtet werden, da der Behandler seinen Honoraranspruch anderenfalls nur schwerlich durchsetzen kann. Es ist insbesondere empfehlenswert, die wirtschaftliche Aufklärung ordnungsgemäß zu dokumentieren.