Digitale Zahnmedizin 23.03.2016
Hybridkeramik: Ein CAD/CAM-Material für Patienten mit Funktionsstörungen?
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Die Versorgung von Patienten mit Funktionsstörungen ist für Zahnärzte eine Herausforderung. Inwiefern Hybridkeramiken aufgrund ihrer dentinähnlichen Elastizität ein Werkstoff für Bruxismus-Patienten sein kann, beschreibt Dr. Sjoerd Smeekens (Beuningen, Niederlande) im folgenden Anwenderbericht. Rekonstruktionen aus Hybridkeramiken (VITA ENAMIC) werden bei der genannten Indikationsstellung zwar noch experimentell eingesetzt, zeigen jedoch schon jetzt gute klinische Erfolge.
Der 48-jährige Patient litt seit über zehn Jahren an starken Kiefergelenkbeschwerden und Kopfschmerzen sowie – in deren Folge – an Depressionen, die zur Arbeitsunfähigkeit geführt hatten. Zahlreiche Arztbesuche und Therapieversuche (u. a. mit Aufbissschienen) hatten keine Linderung gebracht. Eine wegen der vorliegenden skelettalen Klasse III-Anomalie empfohlene chirurgische Kieferkorrektur lehnte der Patient aufgrund des unsicheren Therapieerfolgs ab. Die Abbildungen 1 bis 3 zeigen die Ausgangssituation.
Vorbehandlung
Nach Überweisung an unsere Klinik wurde zunächst die Stabilisierung der Okklusion durch eine reversible Korrektur der Zahnstellung angestrebt. Die optimale Länge der Inzisalkanten, die Okklusionsebene sowie die Horizontal- und Vertikaldimension wurden mit einer Oberkiefer-Bissschablone aus Wachs bestimmt (Abb. 4). Es zeigte sich, dass durch eine Erhöhung der Vertikaldimension um 8 mm eine Korrektur der Angle-Klasse III-Relation möglich war. Zur langfristigen Evaluierung wurde auf Grundlage der Bissschablone eine PMMA-Schiene zum permanenten Gebrauch hergestellt (Abb. 5 und 6). Zehn Stunden nach deren Einsetzen (Abb. 7) berichtete der Patient unter Freudentränen, dass er schmerzfrei sei. Dieser Zustand hielt über die Tragedauer von zwei Jahren an.
Materialwahl
Erst nach erfolgreicher Anhebung der Vertikaldimension wurden die festsitzenden Versorgungen gefertigt. Ziel war es, die gesunde Zahnsubstanz durch noninvasives Vorgehen zu erhalten. Um hierbei eine exakte Passung zu erzielen, ist ein Restaurationsmaterial erforderlich, das sich an den Rändern sehr dünn ausschleifen lässt. Ferner war ein Werkstoff mit möglichst zahnähnlichen Eigenschaften gefragt. Diese Voraussetzungen erfüllt VITA ENAMIC mit seiner hohen Belastbarkeit und Elastizität sowie der Möglichkeit der adhäsiven Befestigung.
Herstellung der definitiven Restaurationen
Für die exakte Übertragung der optimalen Zahnstellung erfolgte die digitale Abformung einmal mit und einmal ohne Schiene. Die überlagerten Scans bildeten die Grundlage für die virtuelle Konstruktion der monolithischen Restaurationen aus VITA ENAMIC (Abb. 8 und 9). Nach der Fertigung wurden diese charakterisiert und poliert (Abb. 10 und 11). Bei der Einprobe zeigte sich eine hohe Passgenauigkeit und der Patient war mit der Farbgebung sehr zufrieden, sodass sofort die adhäsive Befestigung erfolgte. Um einen unsichtbaren Übergang zur Zahnsubstanz zu schaffen, wurde vorgewärmtes Komposit-Füllungsmaterial verwendet.
Fazit
Mit der Eingliederung der Restaurationen aus VITA ENAMIC (Abb. 12–14) stieg das Selbstbewusstsein des Patienten und er nahm eine neue Beschäftigung auf. Dieses Beispiel zeigt, dass das vorgestellte noninvasive Behandlungskonzept selbst bei Patienten mit extremen funktionellen Beschwerden zu hervorragenden Ergebnissen führen kann – verbunden mit einem deutlichen Gewinn an Lebensqualität.