Branchenmeldungen 01.06.2021
25 Jahre Geistlich Biomaterials – für mehr Lebensqualität
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Wenn verloren gegangenes Gewebe wieder aufgebaut werden soll, sind die richtigen Biomaterialien und Behandlungsmethoden wichtige Erfolgsfaktoren. Das Schweizer Familienunternehmen Geistlich Biomaterials ist mit seiner langjährigen Expertise auf die Regeneration von Hart- und Weichgewebe in der Zahnmedizin spezialisiert und feiert dieses Jahr 25-jähriges Firmenjubiläum. Im Gespräch mit Georg Isbaner, Redaktionsleiter OEMUS MEDIA AG, geht Geschäftsführer Dr. Thomas Braun auf die Erfolgsfaktoren des Unternehmens ein.
Dr. Braun, Sie haben die Führung der Geistlich Biomaterials Vertriebsgesellschaft mbH, kurz Geistlich Deutschland, vor 25 Jahren übernommen. Wenn Ihnen damals jemand erzählt hätte, wo Sie mit dem Unternehmen heute stehen würden, hätten Sie das unterschrieben oder für überzogen erklärt?
Ich hätte es gerne unterschrieben, wenn das jemand so prognostiziert hätte! Allerdings hat keiner den Erfolg von Geistlich Biomaterials so vorhersehen können. Ich glaube, das betrifft auch viele weitere Bereiche. Als wichtiger Indikator natürlich die Implantologie, die unser Geschäft enorm beeinflusst, – da hätte man vor 25 Jahren wahrscheinlich nicht vorausgesehen, dass die Implantologie heute da steht, wo sie jetzt ist. Die vielen individuellen Lösungen und die Breite der Indikationen, die uns heute zur Verfügung stehen – ich glaube, das war damals noch nicht vorstellbar.
Was sind aus Ihrer Sicht die Meilensteine auf dem Weg zu Geistlich Deutschland, so wie man es heute kennt?
Der prägendste Meilenstein war der Unternehmergeist von Dr. Peter Geistlich gepaart mit seiner wissenschaftlichen Affinität. Dr. Peter Geistlich interessierte sich sehr für die Wissenschaft, er war promovierter Chemiker und hat sehr früh in der Entwicklung der Produkte den Kontakt zu Universitäten gesucht. Somit liegen die Affinität zur Forschung und die Nähe zur Universität schon in der Wiege unserer Biomaterialien. Der zweite Grundpfeiler war, die Entscheidung zu treffen, wir bauen den Vertrieb in verschiedenen Schlüsselmärkten selbst auf. Das prägt auch jetzt noch die Geschichte von Geistlich Deutschland. Wir haben heute weltweit elf Tochtergesellschaften. Als dritten Meilenstein sehe ich unsere Struktur als Familienunternehmen. Es ist eine stetige Kontinuität da, basierend auf Werten, Zielen und Grundsätzen. Wir sind nicht getrieben von Quartalsberichten und kurzfristigen Markttrends, sondern bei uns geht es um langfristiges Denken.
Abb. 2: Das Team der Geistlich Biomaterials Vertriebsgesellschaft mbH in Baden-Baden feiert dieses Jahr 25-jähriges Bestehen.
Welche Bedeutung spielt die deutsche Niederlassung für den Schweizer Mutterkonzern – gerade auch in den zurückliegenden Monaten, die durch die Pandemie geprägt waren?
Es gibt mehrere Vorteile. Zum einen ist es natürlich die räumliche und sprachliche Nähe zum Mutterkonzern. Das macht es einfach, zu kommunizieren. Der zweite ist die Größe des deutschen Marktes. Zusammen mit China und den USA repräsentieren wir die größten Märkte und sind somit geografisch breit aufgestellt. Diese Ausgangslage prägt die Zusammenarbeit entscheidend. Gerade die Situation der Covid-19-Pandemie hat nochmals eindrücklich bestätigt, wie wichtig eine Präsenz in verschiedenen geografischen Regionen ist. Wir haben gesehen, dass das Ausmaß des Lockdowns in den einzelnen Regionen sowohl in der zeitlichen Abfolge als auch im Ausmaß ganz unterschiedlich ausgefallen ist. Da ist es wichtig, als Konzern global aufgestellt zu sein, um die Situation besser abfedern beziehungsweise meistern zu können. Der deutsche Markt war tatsächlich einer der stabilsten in dieser schlimmen Phase.
Wie werden 25 Jahre Geistlich Deutschland in diesem Jahr gefeiert?
Wir freuen uns auf unsere Sommerschulung, wo hoffentlich alle physisch anwesend sein können und wir bei dieser Gelegenheit mal wieder Gemeinsamkeit erleben und genießen können. Deshalb überwiegt einfach nur die Freude auf ein persönliches Wiedersehen, endlich ein gemeinsames Treffen vor Ort zu haben und nicht nur verpixelte Gesichter in virtuellen Meetings zu erleben.
Welchen Stellwert hat das Thema Regeneration von Hart- und Weichgewebe in der heutigen oralen Chirurgie und Implantologie?
Unabhängig vom gewählten Implantationskonzept sind stabile und gesunde Hart- und Weichgewebeverhältnisse ein grundlegender Garant für die periimplantäre Gesundheit und den Langzeiterfolg des inserierten Implantats. In den meisten Fällen kommt es nach einem Zahnverlust zu einem Hart- und Weichgewebeverlust. Entweder man wirkt dem von Anfang an entgegen oder, wenn der Gewebeverlust schon eingetreten ist, man muss verloren gegangenes Gewebe wieder aufbauen. Dieser einfache Fall eines Zahnverlustes zeigt also ganz deutlich, welchen hohen Stellenwert regenerative Maßnahmen in der heutigen Zahnmedizin haben.
* modifiziert nach Terheyden H. (2010). DZZ 65:320–331
Gibt es so etwas wie moderne Therapiekonzepte oder ist alles schon mal dagewesen?
Für mich sind moderne Therapiekonzepte patientenindividuelle Konzepte. Das ist der große Schritt, den die Implantologie oder die Medizin im Allgemeinen gemacht hat und noch am Gehen ist. Wir sind noch lange nicht am Ziel angekommen. Moderne Konzepte sind individuell, das heißt, wir haben es hier mit einer sehr hohen Komplexität in den Behandlungskonzepten zu tun. Das sind keine Standardverfahren, sondern wir müssen uns sehr stark auf die Gesamtsituation des Patienten einstellen und nicht nur den einzelnen Defekt betrachten. Aus dieser Sicht ist noch viel Forschungsarbeit zu leisten, um zum Beispiel besser zu verstehen, wodurch das regenerative Potenzial bei einem Patienten eingeschränkt werden kann. Man muss genau schauen, was Materialien tatsächlich im menschlichen Körper in der Phase der Regeneration machen. Wie verhält sich dieses Material konkret in der Wunde? Welche Reaktionen ruft es hervor? Das sind ganz wesentliche Aspekte. Es gibt riesige Unterschiede bei den Materialien, und dafür müssen wir ein wirklich gutes Verständnis entwickeln, um bei den Patienten vorhersehbare Ergebnisse zu erzielen. Die Forschungsarbeit bleibt hier extrem wichtig.
Welche Verfahren und Materialien stehen hier zur Verfügung?
Eine erfolgreiche Regeneration knöcherner Defekte setzt die Stabilisierung des Augmentats im Defektbereich voraus. Die GBR ist ein etabliertes und wissenschaftlich sehr gut dokumentiertes chirurgisches Verfahren, bei dem Knochenersatzmaterialien und Barrieremembranen verwendet werden, um die Knochenregeneration in Defekten zu stimulieren und zu dirigieren. Durch die Abschirmung gegen einwirkende mechanische Kräfte können Dislokationen des verwendeten Knochenersatzmaterials verhindert und eine ungestörte Knochenheilung gewährleistet werden. Abhängig von der Lage, der Größe und der Geometrie des Defekts bieten sich unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten an. Das defektorientierte Geistlich-Konzept verbindet die bewährten Geistlich-Produkte Bio-Oss und Bio-Gide mit drei verschiedenen Behandlungs- und Stabilisierungsmethoden: Guided Bone Regeneration (GBR) mit Membranfixierung durch Titan-Pins für kleinere Defekte, Stabilized Bone Regeneration (SBR) mit stabilisierenden Schirmschrauben für Defekte mit fehlender Knochenwand und Customized Bone Regeneration (CBR) mit dem Yxoss 3D-Titangitter für komplexe Defekte mit vertikaler und horizontaler Ausprägung. Diese individuell angefertigten Titangitter bieten zudem den Vorteil, dass sie durch die Passgenauigkeit die OP-Zeit für die knöcherne Rekonstruktion des Defekts deutlich reduzieren und damit Risiken minimieren.
Die „Geistlich Schirmschraube“ hat sich zu einem erfolgreichen Konzept entwickelt, obwohl es ja keine neue Idee ist. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?
Sie erwähnen hier das Produkt, aber das Produkt steht eigentlich gar nicht so sehr im Mittelpunkt, sondern es geht darum, dass wir daraus ein Konzept entwickelt haben – die SBR. Wir haben gesehen, dass in bestimmten Situationen das Augmentat weiter fixiert werden muss. Aus diesem Grund haben wir die bisherigen Komponenten, Bio-Oss und Bio-Gide, um eine Komponente, die eben zusätzliche Stabilität ins Augmentat bringt, erweitert. Die Schirmschraube hat keinen Einfluss auf die Heilungsprozesse, im Sinne eines Störfaktors. Sie zeichnet sich besonders durch ihr einfaches Handling aus, sie lässt sich schnell in die Defektregion einbringen und bietet für das partikulär eingebrachte Augmentat Raum und Ruhe zur Regeneration. Die Schraube selbst osseointegriert nicht und lässt sich nach der Einheilzeit leicht entfernen. Die Distanz vom Knochen zum Schraubenkopf, in vertikaler und horizontaler Richtung, legt die geplante Außenkontur des Knochenaufbaus fest. Somit können Knochendefekte gezielt und effektiv behandelt werden. Der Erfolg beruht auf der Kombination dieser einzelnen Komponenten.
Wo sehen Sie Geistlich Deutschland in den nächsten fünf bis zehn Jahren?
Wir werden uns auch in fünf bis zehn Jahren weiterhin mit dem Thema Regeneration beschäftigen. Das Thema bietet noch sehr viele Möglichkeiten zu expandieren. Wir werden die Thematik sicherlich breiter aufstellen, das heißt, es gibt andere Indikationen, die man sich vorstellen kann – gerade im Hinblick auf die patientenindividuellen Lösungen. Auch beschäftigen wir uns mit extraoralen Anwendungen in der Regeneration, die wir teilweise auch schon in Bearbeitung haben. Zudem werden wir weiterhin in die Forschung und Entwicklung investieren, um die Kompetenz als Spezialist für regenerative Maßnahmen beizubehalten und den Behandlern sowie den Patienten individuelle und passgenaue Lösungen bereitzustellen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Braun!
Dieser Beitrag ist im Implantologie Journal erschienen.