Branchenmeldungen 16.10.2025
Ein Drittel aller Ärzte und Pflegekräfte leidet an Depressionen
Eine neue Studie der WHO/Europa zeigt in bislang nie dagewesener Deutlichkeit, wie stark Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte in Europa psychisch belastet sind. Rund ein Drittel aller Befragten leidet unter Depressionen oder Angstzuständen, jede zehnte Person gab an, in den vergangenen zwei Wochen daran gedacht zu haben, „besser tot zu sein“ oder sich selbst zu verletzen – sogenannte passive Suizidgedanken, die als Warnsignal für mögliche Suizidhandlungen gelten. Damit treten Suizidgedanken in dieser Berufsgruppe doppelt so häufig auf wie in der Allgemeinbevölkerung. Grundlage der Untersuchung sind mehr als 90.000 Antworten aus allen EU-Mitgliedstaaten sowie Island und Norwegen – die bisher größte Erhebung zur psychischen Gesundheit von Beschäftigten im Gesundheitswesen in Europa.
Die Daten zeichnen das Bild eines Systems am Limit: Ein Drittel der Befragten berichtete von Mobbing oder gewalttätigen Drohungen, zehn Prozent von körperlicher Gewalt oder sexueller Belästigung. Hinzu kommen überlange Arbeitszeiten, ein Viertel der Ärztinnen und Ärzte arbeitet mehr als 50 Stunden pro Woche sowie unsichere Beschäftigungsverhältnisse. Fast ein Drittel der Ärztinnen und ein Viertel der Pflegekräfte haben befristete Verträge. Diese Faktoren stehen in engem Zusammenhang mit der Zunahme von Depressionen, Angstzuständen und Suizidgedanken.
WHO-Regionaldirektor Dr. Hans Kluge sprach von einer „unzumutbaren Belastung für diejenigen, die für uns sorgen“ und forderte entschlossenes Handeln: Null-Toleranz gegenüber Gewalt, Reformen von Schichtplänen und Überstunden, Investitionen in Personal und digitale Entlastung sowie den Zugang zu vertraulicher psychologischer Hilfe ohne Stigmatisierung.
Trotz der Belastung betrachten viele Beschäftigte ihre Arbeit als sinnstiftend. Drei Viertel der Ärztinnen und zwei Drittel der Pflegekräfte empfinden ihre Tätigkeit als bedeutsam. Doch die WHO warnt: Ohne strukturelle Veränderungen droht Europa bis 2030 fast eine Million Fachkräfte zu verlieren, mit gravierenden Folgen für Versorgung, Patientensicherheit und Gesundheitssysteme.
Quelle: WHO