Branchenmeldungen 02.08.2021
Nobel Biocare N1™ System: Die Implantologie neu gestalten
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Nobel Biocare N1™ System ist mehr als nur ein Implantat – es ist ein umfassendes System aus speziellen Instrumenten, prothetischen Komponenten und chirurgischen Protokollen. Zusammen mit dem GalvoSurge® Dentalimplantat-Reinigungssystem hat das Unternehmen eine neue Technologie auf den Markt gebracht. Im Gespräch geht Stefan Lieb, Regional Director D-A-CH Nobel Biocare, auf das neue N1 System und seine Wirkweise ein.
Der Name Nobel Biocare steht seit jeher für Innovation im Bereich der dentalen Implantologie. Mit dem N1 System hat das Unternehmen ein neuartiges Implantatsystem vorgestellt, das mit konventionellen Methoden zu brechen scheint. Was macht dieses besonders?
Vorweg möchte ich anmerken, dass unser Portfolio sehr breit aufgestellt ist und auch die Randbereiche, also die Spezialisten, bedient. Von zygomatischen Implantaten bis hin zur Sofortimplantation und -belastung bieten wir seit Jahrzehnten umfangreiche Lösungen für den Zahnersatz. Wenn man sich neuere Systeme der Konkurrenz anschaut, wird man feststellen, dass es zu unseren Produkten auf dem Markt durchaus Parallelen gibt. Nobel Biocare ist und bleibt Vorreiter. Diese Philosophie führen wir mit dem System konsequent fort. Es ist ein komplett neues und einzigartiges Implantatsystem. Dagegen greifen andere Hersteller oft von unterschiedlichen Systemen am Markt einzelne Bestandteile heraus und setzen diese zu einem Implantat zusammen. Ein neuartiges Implantat zu entwickeln, braucht natürlich seine Zeit, und so haben wir sieben Jahre in Forschung und Entwicklung investiert, um das N1 System zur Marktreife zu führen. Angefangen haben wir mit Grundlagenforschung. Wir haben uns ganz genau angeschaut, wie der Knochenheilungsprozess funktioniert, was bei der Implantatbettaufbereitung gemacht wird und worauf wir achten müssen, damit wir eine schnellere, erfolgreichere Einheilung erzielen und infolge Misserfolge reduzieren können. Ganz ausschließen kann man Letztere natürlich nie, aber wir können Hilfsmittel anbieten, die erfolgreichere Implantationen ermöglichen.
Die Entwickler des N1 Systems sprechen bei der Gestaltung der Instrumente für die Aufbereitung des Knochenlagers und beim Implantatdesign von „biologischen Prinzipien“. Was ist damit gemeint?
Bei der Entwicklung haben wir uns das Bohrprotokoll angeschaut, das seit 40 Jahren eigentlich unverändert ist. Man bohrt einen Spiralbohrer mit hoher Geschwindigkeit und unter Kühlung in den Knochen. Bei unserer Grundlagenforschung fanden wir allerdings heraus, dass auf diesem Weg enorm viele Knochenzellen absterben und vitale Knochenzellen durch die Kühlung weggespült werden. Deshalb haben wir uns für den entgegengesetzten Weg entschieden und mit dem OsseoShaper ein Instrument entwickelt, das mit einer äußerst geringen Geschwindigkeit und ohne Kühlung eingedreht wird. Der große Vorteil bei der Implantatbettaufbereitung mit dem OsseoShaper ist es, dass die um die Bohrung entstehende sogenannte „Zone of Death“ – eine Zone absterbender Zellen – auf ein Minimum reduziert wird. Die vitalen Zellen verbleiben im Implantatbett, wodurch die Osseointegration des Implantats um einiges schneller abläuft. Zudem haben wir die komplette Oberfläche verändert: Das N1 System hat eine ultrahydrophile Oberfläche, die trocken konserviert ist. Dies fördert ebenfalls die Osseointegration des Implantats. Durch diese Vorteile erhält man im Anschluss zur Primärstabilität deutlich weniger Abklang zur Sekundärstabilität. Wenn zu viel Insertionsdrehmoment aufgewendet wird, ist es häufig so, dass nach der Primärstabilität eine starke Abflachung eintritt. Dies wurde bei diesem System so stark wie möglich reduziert.
Das N1 Implantat sieht komplett neuartig aus – solch ein Design kannte man am Markt bis dato nicht. Was war der Gedanke dahinter?
Beim Implantatdesign haben wir Richtung apikal einiges aus dem NobelActive abgeleitet. Mit diesem System wird eine hohe Primärstabilität erreicht, die vor allem im spongiösen Bereich gezogen wird. Im koronalen Bereich hat das System aufgrund seiner triovalen Form signifikante Vorteile. So wird beispielsweise weniger Druck im oberen kortikalen Bereich erzeugt, um eine Knochenresorption zu vermeiden. Die Knochenhöhe bleibt so wie sie ist. Weiterhin konnten wir durch die triovale Verbindung innerhalb des Implantats eine einzigartige Implantat-Abutment-Verbindung schaffen. Hier haben wir die Vorteile zweier Welten vereint: Zum einen führt die innenkonische Verbindung zu einer absoluten Dichtheit und ermöglicht zum anderen eine einfache Indexierung und finale Positionierung des Abutments wie bei einer Stoßverbindung. Das Abutment „gleitet“ hinein und findet sofort seine finale Position. Für die Entwicklung der Innenverbindung haben wir Dr. Holger Zipprich verpflichtet, der vor einiger Zeit mit seinen Videos zum Thema Mikrospalt bei Implantat-Innenverbindungen für Aufsehen gesorgt hat. Bei der Frage, wie sich eben dieser Mikrospalt eliminieren lässt, ist er ein echter Experte. Man kann also sagen, dass das N1 System in Deutschland miterfunden und -entwickelt wurde.
Auf welche Indikationen ist das N1 System ausgelegt? Und welche Vorteile gibt es beim chirurgischen Handling?
Das System ist nicht indikationsbeschränkt – Anwendung findet es vom Einzelimplantat bis hin zum Leerkiefer. Aber da wir natürlich Experten für die Sofortversorgung sind, wissen wir, dass das N1 System genau dort seine Stärken hat. Im Vergleich zum NobelActive erreicht es eine wesentlich höhere Primärstabilität. Darüber hinaus ist das System im ästhetischen Bereich aufgrund seiner Oberfläche und des Implantatdesigns sowie der prothetischen Komponenten, die sehr schlank aus dem Implantat rauskommen, äußerst vorteilhaft. Wir erhalten damit ein sehr schönes Emergenzprofil. Was das chirurgische Handling betrifft, so gibt das Bohrprotokoll Anwendern eine haptische Rückmeldung, die seinesgleichen sucht. Dies macht es auch besonders für Einsteiger attraktiv sowie für Chirurgen, die nicht jeden Tag implantieren. Der OsseoShaper macht hier den Unterschied. Dieser ist, genauso wie das Implantat auch, trioval und hat zwei Funktionen: Er verdichtet weichen, spongiösen Knochen und schneidet harten Knochen. Zusätzlich lässt sich eine Korrelation zwischen dem Drehmoment des OsseoShaper und der Primärstabilität des Implantats erkennen. Dass dies funktioniert und zuverlässig ist, konnten wir in vielen Tests beweisen. Es gibt kein anderes System, bei dem Behandler bereits beim Bohren wissen, wie die Primärstabilität sein wird.
Welche prothetischen Besonderheiten sind durch das durchgängig triovale Implantatdesign zu berücksichtigen?
Durch die Triovalität gibt es beim N1 System drei Indexierungspunkte, was man von anderen Systemen auf dem deutschen Markt durchaus kennt. Allerdings hat das System das Problem des Mikrospalts, mit dem andere namhafte Hersteller zu kämpfen haben, eben nicht. In diesem Zusammenhang sollten wir die N1 Base nicht unerwähnt lassen: Das Vorgehen bei diesem Universal-Abutment folgt dem „One Abutment – One Time“-Ansatz. Die N1 Base wird direkt nach Insertion des Implantats eingeschraubt. Dadurch wird ein Bone-Level Implantat quasi aufs Tissue-Level gehoben, was eine Reihe an Vorteilen birgt. So kann sich beispielsweise der Chirurg sicher sein, dass Zuweiser, die chirurgisch eventuell etwas unerfahren sind, nicht unnötig am Weichgewebe herummanipulieren. Zudem wird das Risiko von Infektionen merklich reduziert. Vorteilhaft ist auch, dass man bei der N1 Base – im Vergleich zu einem Tissue-Level Implantat – nachträglich noch eine andere Höhe wählen kann, wenn das nötig sein sollte. Man kann es allerdings auch komplett herausnehmen und auf Implantatniveau versorgen. Dies bringt völlige Flexibilität und absolute Sicherheit. Weiterhin ist die N1 Base mit der Xeal-Oberfläche ausgestattet, die eine beschleunigte Mukointegration gewährleistet.
Welche Erfahrungen haben die N1 Erstanwender gemacht?
Wenn man ein neues Implantatsystem auf den Markt bringt, kann man nicht alles hundertprozentig im Blick haben – das ist immer so. Aus diesem Grund sind wir sehr am Feedback der Anwender interessiert. Anfangs bekamen wir häufig zurückgemeldet, dass sich Patienten, die schon einmal ein Implantat gesetzt bekommen hatten und bei denen dann das N1 Implantat gesetzt wurde, gewundert haben, dass es schon „drin“ ist. Das liegt daran, dass der OsseoShaper fast keine Vibration erzeugt und nahezu geräuschlos arbeitet. Ganz anders wäre es, wenn man mit 2.000 Umdrehungen pro Minute bohrte – dann wäre das Vibrations- und Geräuschniveau natürlich erheblich. Im Vergleich zu herkömmlichen Implantaten ist es für Patienten um einiges angenehmer, ein N1 Implantat gesetzt zu bekommen. In diesem Zusammenhang muss noch die neue MDR (Medical Device Regulation) erwähnt werden: Mit dem OsseoShaper wird die Komplexität der Dokumentation, die für die MDR gefordert ist, in der Praxis extrem vereinfacht, weil es sich um einen Einmalbohrer handelt, der auch im Nachgang eindeutig zugeordnet werden kann. Zudem freuen sich viele Anwender über das kleine und sehr übersichtliche chirurgische Kit. Mit dem Pilotbohrer und dem OsseoShaper sind letztlich ja nur zwei Bohrschritte erforderlich. Wir haben den Eindruck, dass sich viele Behandler genau das gewünscht haben und dass ihnen viele chirurgische Kits auf dem Markt schlichtweg zu groß sind. Ein-Patienten-Bohrer kommen da sehr gut an.
Thema: Periimplantitis. Nobel Biocare hat vor einigen Jahren in ein Implantat-Reinigungssystem namens GalvoSurge investiert. Wie funktioniert dieses?
GalvoSurge macht nichts anderes, als den Biofilm des Implantats zu entfernen. Was sich schlicht anhört, ist nichts weniger als eine Revolution. Das Implantat wird sowohl außen als auch innen lückenlos und ohne mechanische Manipulation gereinigt – man könnte auch sagen, von innen heraus. GalvoSurge ist das einzige System auf dem Markt, das dies kann. Nur wenn ein Implantat komplett gereinigt wird, kann im Anschluss bei ordentlichem Knochenaufbau und Weichgewebsmanagement die Re-Osseointegration des Implantats erreicht werden. Die Wirkungsweise von GalvoSurge ist simpel: Das komplette Implantat wird mit einer leitfähigen Reinigungsflüssigkeit benetzt, bevor darüber eine kleine Spannung angelegt wird, durch die sich der Biofilm mithilfe des Galvanoprinzips löst. GalvoSurge funktioniert grundsätzlich bei allen Titanimplantaten, und das ist auch gut so, da es bei Implantaten mit Mikrospalt ein deutlich höheres Periimplantitis-Risiko gibt. Allerdings gibt es natürlich auch einen „Point of no Return“, der von der Größe des Defekts abhängt. Wenn der Defekt so groß ist, dass selbst erfahrene Behandler den Knochen durch Knochenaugmentation sehr schwer oder gar nicht mehr auf eine Höhe kriegen, auf der ein Implantat hält, dann macht auch GalvoSurge keinen Unterschied. Dann kann man das Implantat zwar reinigen, aber der Knochen wird sich nie wieder ans Implantat legen. In solchen Fällen empfehlen wir natürlich, das Implantat rauszunehmen und eine vollständige Rehabilitation des Knochenlagers und des Weichgewebes anzustreben.
Wie lässt sich GalvoSurge in ein bestehendes Recall-Konzept einer Praxis integrieren?
Wenn ein Zahnarzt, bei dem ein Implantat-Patient im regelmäßigen Recall ist, an irgendeinem Punkt merkt, dass eine Periimplantitis entsteht, dann kann er mit GalvoSurge sofort reagieren. Dies ist ein großer Vorteil. Zusätzlich zum normalen Recall-Prozess hat der Behandler auch die Möglichkeit, über das GalvoSurge seinen Patienten eine Garantie für größere Implantatarbeiten auszusprechen. Denken wir hier nur mal an das „All-on-4“-Behandlungskonzept oder eine Prothetik auf sechs Implantaten: Wenn nur ein Implantat eine Periimplantitis hat und mit GalvoSurge behandelt wird, kann die komplette Brücke gerettet werden. Außerdem nimmt die Prognose für eine Folgeimplantation von Mal zu Mal ab. Je länger man das periimplantär anfällige Implantatlager in Schach halten kann, desto besser. Die Kostenersparnis für Patienten ist somit enorm. Das Ganze funktioniert bei einer verschraubten Prothetik natürlich am besten. Wir bei Nobel Biocare sind ja ohnehin seit Jahren Verfechter der okklusal verschraubten Prothetik. Eine verschraubte Brücke lässt sich einfacher runternehmen als eine zementierte, das ist klar. Es muss jedoch betont werden: GalvoSurge reinigt nur. Wenn der Knochendefekt im Anschluss zur Implantatreinigung nicht ordentlich aufgebaut und das Weichgewebsmanagement nicht beherrscht wird, dann wird es ultimativ genauso zum Implantatverlust kommen. Demnach ist es wichtig, dass Behandler diese Schritte beherrschen und auch durchführen. Aus gutem Grund bieten wir entsprechende Kurse an und schulen Behandler zu diesem Thema.
Wo ist das Gerät bereits zugelassen und wer darf es in der Praxis anwenden?
Zugelassen ist GalvoSurge derzeit nur in Europa. Am 15. Oktober letzten Jahres haben wir mit dem Verkauf begonnen. Allerdings hatten wir schon seit drei Jahren einen riesigen Pool an Anfragen, und viele Behandler haben auf GalvoSurge gewartet. Auch nach der Markteinführung war das Feedback der Anwender überaus positiv. GalvoSurge darf ausschließlich vom Behandler anwendet werden. Das Team darf lediglich vorbereiten und zureichen. Hier gibt es allerdings keine Einschränkung – alle Behandler dürfen GalvoSurge verwenden.
Dieser Beitrag ist im Implantologie Journal erschienen.