Abrechnung 26.02.2024
Privatabrechnung der Parodontitistherapie ist kein Ausweg
Spätestens seitdem das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz beschlossen und damit die Budgetierung wieder eingeführt wurde, ist die Verunsicherung über den korrekten Umgang mit der PAR-Abrechnung riesengroß. Die Informationen seitens der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen fließen seit Jahren nur langsam und oft recht stockend in die Praxen.
Viele Unsicherheiten auf allen Seiten
Wenn es jedoch viele Unsicherheiten bei den Leistungserbringenden gibt, dann ist es umso wichtiger, dass jeder in der zahnärztlichen Praxis die BEMA-PAR-Abrechnung von Grund auf richtig verstanden hat. Jede Praxis muss sich die Zeit nehmen, um ein individuelles Praxiskonzept mit einer wirtschaftlichen Therapiestrecke für sich selbst zu erstellen. Eine echte Blaupause, die auf all die unterschiedlichen Praxisstrukturen in Deutschland passt, gibt es nicht.
Privatabrechnung der Parodontitistherapie ist auch kein Ausweg. Ein GKV-Patient hat Anspruch auf eine GKV-Behandlung, sofern es diese gibt und sie dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht. Der Anspruch erlischt auch dann nicht, wenn das Budget nicht ausreicht. Einmal begonnen, kommt die Praxis dann nicht mehr aus der mindestens zweijährigen Therapiestrecke. Und mehr noch: Ihr drohen bereits heute Regresse, wenn der Patient oder die Patientin die UPT-Termine nur sporadisch wahrnimmt.
Weil allein in den letzten Wochen Hunderte Fragen zum Thema PAR-Therapiestrecke bei uns eingegangen sind, möchten wir mit diesem Beitrag die Gelegenheit nutzen, die häufigsten Fragen zu beantworten.
1. Wer sollte über die PAR-Abrechnung Bescheid wissen?
PAR ist Chefsache UND Teamarbeit. Dentalhygienikerinnen und -hygieniker fühlen sich in den Praxen oft allein gelassen. Sie haben sich gut in die Richtlinie eingearbeitet und versuchen, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Und dann kommen die 17 KZVen mit individuellen Regelungen – wir nennen sie lieber lokale Interpretationen – um die Ecke. Die erfahrenen Abrechnungsmitarbeiter-innen kennen das schon und wissen, dass es für ihre tägliche Arbeit einfacher ist, sich an die Vorgaben der KZV zu halten und ggf. mal einen Fall mit der Krankenkasse zu besprechen. Die Praxisinhaberin oder der -inhaber müssen nun einen Kompromiss zwischen den behandlerischen Ansprüchen der DH und dem Abrechnungspragmatismus der ZMV finden. Die Assistenz, die die eigentliche Behandlung sieht und dokumentieren muss, bleibt oft außen vor. Und das, obwohl sie wahrscheinlich als Erste angesprochen wird, wenn Patientinnen und Patienten Fragen haben.
2. Welche Abrechnungsposition löst die Kontrolle nach AIT im Rahmen der systematischen Behandlung von Parodontopathien aus?
Viele Leserinnen und Leser werden jetzt die Frage bereits gedanklich mit der BEMA-Position 111 beantworten. Allerdings löst die Kontrolle allein noch keine BEMA-Abrechnungsposition aus. Für die Berechnung der BEMA 111 ist über die Wundkontrolle hinaus eine Behandlung erforderlich. Das kann zum Beispiel die Wundreinigung, eine Spülung, die Nahtentfernung oder das Auftragen einer Salbe sein. Erst damit wird die BEMA 111 vollständig erbracht und abrechnungsfähig.
Im Praxisalltag jedoch findet über den Standard-Eintrag der Nachbehandlung im Rahmen der systematischen Behandlung von Parodontitis schnell auch eine (nicht zugelassene) Standard-Abrechnung statt.
Die Dokumentation gibt in den allermeisten Fällen nicht her, dass eine der beschriebenen Behandlungen erfolgt ist. Im Falle einer nachträglichen Prüfung würde hier also die BEMA 111 gestrichen.
Das allein ist erst mal kein großes Drama, denn das sind ja nur 12 Euro. Aber falls das bei mehreren Patientinnen und Patienten auffällig ist, dann läuft die Praxis Gefahr, dass sich das große Streichen auf die anderen Behandlungen ausweitet. Dafür kommt dann auch die komplette PAR-Behandlung in Betracht, nicht mehr nur die BEMA 111.
Eins ist klar: Es müssen einfach alle in der Praxis Bescheid wissen, die PAR geht alle an. Auch Auszubildende sollten bereits den Unterschied zwischen Kontrolle und Behandlung kennen und sich mit den Auswirkungen auf die Abrechnung auseinandersetzen.
3. Wie rechnen wir die unterstützende Parodontitistherapie korrekt ab?
Die meisten Fehler im Rahmen der Therapiestrecke entstehen sicherlich während der UPT-Phase. Weder können alle UPT-Leistungen bei allen Patientinnen und Patienten, noch an allen erkrankten Zähnen abgerechnet werden. Die folgende Übersicht gibt dir hier einen guten Überblick:
Jede einzelne Leistung im Bema unterliegt dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Da eine einmal begonnene PAR-Therapie nicht mal eben wieder vorzeitig beendet werden kann, ist es unabdinglich, dass bereits zu Beginn der Therapiestrecke kritisch hinterfragt wird, ob das Therapieziel überhaupt erreicht werden kann. Ist absehbar, dass die Patientin oder der Patient weder die Wichtigkeit des eigenen Mitwirkens erkennt noch regelmäßig und zuverlässig die Termine wahrnimmt, ist das wohl kaum gegeben.
Außerdem gilt es bei der Abrechnung von UPT-Leistungen auf die vollständige Erbringung des Leistungsinhaltes zu achten. Oft weist die Dokumentation hier erhebliche Lücken auf. Daher folgt hier eine weitere Übersicht:
UPTa Mundhygienekontrolle (ca. 22 €)
- Ziel: soll den Erfolg der MHU überprüfen und sichern
- Inhalt: Anfärben von Plaque, Kontrolle Entzündungszustand der Gingiva/prüfen, ob Plaque vorhanden ist
- Achtung: „Das Wegputzen der Farbe“ ist kein Leistungsinhalt
UPTb Mundhygieneunterweisung (ca. 29 €)
- Erfolgt zweckmäßig direkt im Anschluss an die UPTa
- Allerdings nicht bei JEDER Patientin und JEDEM Patienten, sondern nur, wenn die Ergebnisse der UPTa das erfordern
- Hinweis: Dokumentierte Werte (Indizes wie API/SBI) geben eine objektive Einschätzung ab und können als Beweis dienen
- Einen Grenzwert gibt es nicht, die Notwendigkeit legt der Zahnarzt/die Zahnärztin im individuellen Fall fest (dazu muss er/sie die Patientin/den Patienten kennen und die Untersuchungsergebnisse natürlich auch)
UPTc Supragingivale und gingivale Reinigung aller Zähne von anhaftendem Biofilm und Belägen, je Zahn (ca. 3,60 €)
- Ziel: vollständige supragingivale und gingivale Reinigung aller Zähne von anhaftenden Biofilmen und Belägen – auch der Zähne, die keine AIT oder CPT hatten
- Keine zusätzliche Berechnung für Airflow an den gleichen Zähnen
- Häufigkeit entsprechend dem Grad des Patienten
- Nicht an Implantaten/Brückengliedern/an Zähnen, die wegen schlechter Prognose keine AIT/CPT hatten
UPTd Messung von Sondierungsbluten und -tiefen (ca. 18 €)
- Nur Grad B und C Patienten erhalten diese “Zwischenuntersuchung”
- Bei Grad B im Rahmen der 2. und 4. UPT-Sitzung
- Bei Grad C im Rahmen der 2., 3., 5. und 6. UPT-Sitzung
- Nie in der 1. UPT-Sitzung (gilt für alle Patientinnen und Patienten)
- Nie bei Grad-A
UPTe (einwurzeliger Zahn) und UPTf (mehrwurzeliger Zahn) Subgingivale Instrumentierung (ca. 6 €/14 €)
- Möglich, falls nach der AIT noch Sondierungstiefen von 4 mm mit Blutung vorhanden sind
- Oder Sondierungstiefen mit 5 mm oder mehr ohne Blutung vorhanden sind
- Indikation ergibt sich aus der Befundevaluation oder UPTd
- Methode der subgingivalen Instrumentierung ist nicht vorgeschrieben (denkbar sind Handinstrumente, schall- oder ultraschallgetriebene Geräte oder „Pulver-Wasserstrahlgeräte“)
UPTg – Untersuchung des Parodontalzustands (ca. 39 €)
- Einmalig ab dem Beginn des zweiten Jahres der UPTs (Achtung, nicht zu früh terminieren)
- Inhalt: Untersuchung, klinische Befundung, röntgenologische Beurteilung, Vergleich der Ist-Situation mit den Ausgangswerten (auch mit den Werten aus BEVa/b, UPTd), Aufklärung über weiteres Vorgehen im zweiten Jahr der PAR-Therapiestrecke
Wie eingangs schon erwähnt, dürfen vorhandene GKV-Leistungen nicht aufgrund der Budgetierung entfallen. Die extrem gesunkenen PAR-Abrechnungszahlen (siehe Statistik Evaluationsbericht KZBV) sagen jedoch deutlich aus, dass dies gerade so passiert.
Tipps zum Umgang mit dem PAR-Problem
- Ihr Abrechnungsverlauf in der PAR-Monatsabrechnung verrät viel darüber, wie sehr Sie sich mit dem Thema beschäftigt haben. Regressforderungen stellen die Krankenkassen, nicht die KZV. Allerdings kann Ihnen beim besten Willen keine Rückzahlung erspart werden, wenn Sie Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.
- Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt auch für die PAR-Behandlung. Prüfen Sie daher jeden Fall genau, BEVOR Sie den PAR-Antrag einreichen. Nur weil eine PAR-Vorbehandlung nicht mehr ausdrücklich erforderlich ist, heißt das nicht, dass du sie nicht machen darfst. Anhand einer einzigen PZR lässt sich womöglich auch gar nicht feststellen, ob du das Therapieziel erreichen kannst. Eventuell sind hier mehrere Sitzungen notwendig.
Sehen Sie die Vorteile der ZahnreinigungsFlat als optimale Ergänzung in der PAR-Therapie an: Die ZahnReinigungsFlat von Zahnidee ist nicht nur ein Beitrag zur Mundhygiene der Patienten, sondern auch eine optimale Ergänzung in der PAR-Therapie. Wenn du diese Therapie in deine Praxis integriert, steigert sie den GOZ-Anteil – und zwar sowohl in der Vorbehandlung als auch in den zwischen UPTs und in der ganzheitlichen Erhaltungstherapie. - Wer schreibt, der bleibt. Auch wenn Sie diesen Satz vermutlich nicht mehr hören können, ist er doch im Zusammenhang mit BEMA-Leistungen mehr als aktuell. Wie möchten Sie ohne ausreichende Dokumentation beweisen, dass Sie nach S3-Leitlinie behandelt haben? Geben Sie nicht auf, in Sachen Dokumentation wird KI in den kommenden Jahren einiges erleichtern. Auf der anderen Seite wird künstliche Intelligenz aber auch den Krankenkassen die Kontrolle der Eingaben erleichtern.
Unser Tipp: Um Regressforderungen zu vermeiden, sollten Sie sich wirklich gut mit dem Thema beschäftigen, ggf. Hilfe holen und auf die Erfahrung von Abrechnungsfachleuten zurückgreifen.
Zahnärztliche Versorgung mit Zahnzusatzversicherungen optimiert
Sie möchten Ihre Praxis an die aktuellen Gegebenheiten im Rahmen der Budgetierung und des GKV-Stabilisierungsgesetzes anpassen? Dann sollten Sie die vielen Möglichkeiten im Bereich der Zahnzusatzversicherungen genau kennen.
Doch die Budgetierung ist komplex! Unbedingt notwendig ist, dass Sie sich fundiert mit den aktuellen Regelungen auseinandersetzen und im Praxisalltag gewissenhaft umsetzen. Dazu können Zusatzversicherungen entscheidend beitragen und so mögliche finanzielle Engpässe vermeiden.
Weitere Informationen zu Sandra Rauh gibt es hier: https://abrechnungsfuchs.de/podcast/
Weitere Informationen zur ZahnReinigungsFlat stehen bereit auf: https://www.zahnidee.de/
Dieser Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.
Autoren: Sandra Rauh und Maurizio Costagliola