Praxismanagement 14.06.2011

Haferkamps Expertentipp (3)



Haferkamps Expertentipp (3)

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Über viele Jahre hinweg hat sich Wolfgang Haferkamp insbesondere bei kieferorthopädischen Praxen einen Namen als aufmerksamer Beobachter, zuverlässiger Partner und wertvoller Berater gemacht. So entwickelt er nicht nur individuelle und an aktuelle Vorgaben angepasste Konzepte, sondern begleitet Praxen auch durch den Dschungel an gesetzlichen Anforderungen, Verordnungen oder Richtlinien. Im Rahmen dieser KN-Artikelserie gewährt Wolfgang Haferkamp Einblicke in verschiedenste Themenbereiche und vermittelt das entsprechende Hintergrundwissen.

Teil 3: Das Röntgengerät ist defekt – Woher soll das Geld für das neue herkommen?

„Hilfe!!!!!!!!! Mein Röntgengerät ist defekt und eine Reparatur lohnt sich nicht. Ich muss das neue aus meiner Privatschatulle bezahlen!“ Eine Klage, die tatsächlich so geäußert wurde. Und eine Einstellung, die unter Kieferorthopäden und anderen Freiberuflern – übrigens nicht nur Zahnmedizinern und Medizinern – weit verbreitet ist: Alles Geld, das nach Abzug der laufenden Kosten auf dem Konto verbleibt, ist mein Gewinn. Das gehört mir und ich kann damit machen, was ich will – was ja auch gar nicht so falsch ist. Gut, es müssen noch Kredite und Zinsen bedient werden und regelmäßig erhebt das Finanzamt Steuern – wenn der ausgewiesene Gewinn dies bedingt. Doch Geräte altern und veralten, müssen repariert werden und sind irgendwann nicht mehr funktionstüchtig. Röntgengerät, Behandlungsstühle, UV-Lampen, Fotoap - parate, Anmischgeräte, Trimmer und vieles mehr halten nicht immer ein komplettes kieferorthopädisches Berufsleben. Wer bei der Einrichtung seiner Praxis auf Gebrauchtgeräte zurückgegriffen hat, wird mit einer Ersatzinvestition eventuell noch früher konfrontiert.

Im Bestreben, kein Geld für neue Geräte auszugeben, wird repariert und repariert, ohne im Blick zu haben, dass ab einem gewissen Punkt diese Kosten höher sind als die entsprechende Finanzierung oder Abschreibung auf eine Neuinvestition. Viele achten auch nicht darauf, dass beispielsweise bei Schäden, die durch selbst reparierte Elektrogeräte entstehen, keine Versicherung zahlt.

Optimal funktionierende Instrumente und Geräte sind eine der Grundvoraussetzungen für den Erfolg einer kieferorthopädischen Praxis. Kaum etwas ist ärgerlicher als eine Turbine, die nicht läuft, wenn sie gebraucht wird, ein Röntgenbild, für das der Patient in eine andere Praxis geschickt werden muss, oder ein Termin, der nicht vergeben werden kann, weil die EDV streikt. All das kostet zusätzlich Geld, da Arbeiten doppelt ausgeführt und Personalkapazitäten – auch die der Behandler – vergeudet werden. Das Honorar für das Röntgen wandert in andere Taschen. Tritt ein derartiges Problem das erste Mal auf, sind die meis ten Patienten bereit, darüberhinwegzusehen, wenn ehrlich damit umgegangen wird. Häufigere Geräteausfälle oder Terminwiederholungen beeinflussen dagegen negativ den Praxisruf mit langfristigen Folgen.

Häufig entstehen Probleme mit der Finanzierung von Neugeräten, weil die alten immer noch ab bezahlt werden, obwohl diese gar nicht mehr existieren. Wer ei ne Pra xisfinanzierung über 20, 25 oder mehr Jahre abgeschlossen hat, finanziert immer noch Behandlungsstühle, die längst abgeschrieben oder sogar ersetzt sind, weil die Motoren inzwischen alle streikten.

Ein gutes Mittel, nicht in die Situation zu kommen, für das neue Röntgengerät das Privatvermögen einsetzen zu müssen, ist, ein eigenes Konto für Ersatzinvestitionen einzurichten. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann über seinen Steuerberater ein sogenanntes „Anderkonto“ einrichten, das zweckgebunden ist. Das Konto ist ein Ansparkonto, mit dem zum Zeitpunkt der Ersatzinvestition diese finanziert werden kann. Doch wie wird die optimal anzusparende Summe pro Jahr errechnet? Hier bieten sich zwei Möglichkeiten an, die je nach Gerät auch kombiniert werden können: Abschreibungszeitraum und Lebenszeit des Gerätes.

Ein Behandlungsstuhl ist nach 10 Jahren abgeschrieben. Manche halten zwar länger, aber oft wird der Bezug aufgrund der hohen Belastung (vor allem durch die ständige Desinfektion) schon vorher rissig und muss ausgetauscht werden. Ein Röntgengerät ist nach 8 Jahren abgeschrieben, die Laboreinrichtung nach 14 Jahren. Die Finanzverwaltung hat eine „amtliche AFA-Tabelle“ erstellt, die die Steuerberater zur Verfügung stellen können. Wird ein Gerät überdurchschnittlich genutzt und kann dies nachgewiesen werden, ist eine kürzere Abschreibungszeit durchsetzbar. Ist eine Investition absehbar, kann auch ein sogenannter Investitionsabzugsbetrag (früher: Ansparabschreibung) steuerlich in Ansatz gebracht werden. Dies ist allerdings nur bis zu einem Gewinn von 100.000 Euro (2008) bzw. 200.000 Euro (2009/2010) möglich.

Wer sie nicht schon hat, sollte eine Geräteliste erstellen mit den jeweiligen Neuanschaffungskosten, die regelmäßig aktualisiert werden, und den entsprechenden Summen je Quartal (Investitionskosten je Gerät geteilt durch Abschreibungs-/Lebensjahre, geteilt durch 4). Das Quartal ist eine sinnvolle Zeiteinheit, da ein Großteil der eingehenden Zahlungen quartalsweise erfolgt. Die Kieferorthopädinnen und Kieferorthopäden, die ihre Praxis bereits etliche Jahre betreiben – das werden die allermeisten sein –, müssten diese Zahlen entsprechend modifizieren.

Eine Alternative zur sukzessiven, gerätebezogenen Ansparung ist ein kontinuierliches Investitionskonto, beispielsweise bestückt mit einer festen Summe von 50.000 Euro, das bei Bedarf immer wieder aufgefüllt wird. In beiden Fällen sollten in die Investitionskosten auch Instrumente einbezogen werden, die als geringwertige Wirtschaftsgüter sofort ab geschrieben werden. Ein Satz Zangen kann durchaus ins Geld gehen. Dass Banken meist gern Ersatzinvestitionen über Kredite finanzieren, ist bekannt. Was sinnvoller für den Einzelnen ist, muss dieser entscheiden. Eine kieferorthopädische Praxis ist ein Unternehmen und das Röntgengerät zum Beispiel ist ein Betriebsmittel und muss als solches behandelt werden und nicht als Privatinvestition. Wer seine Praxis stets handlungsfähig halten möchte, sollte vorsorgen und diese als Unternehmer führen. Er sollte jederzeit in der Lage sein, ein defektes Röntgengerät, das nicht mehr repariert werden kann bzw. dessen Reparatur sich nicht mehr lohnt, zu ersetzen.

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