Praxismanagement 13.10.2011
Teil 4: Praxisführung mit angestellten Zahnärzten
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Im vierten Teil dieser Serie befassen wir uns mit Betriebswirtschaft. Dass es in kleineren Praxen sehr oft an kaufmännischer Steuerung hapert, ist ein altbekanntes Thema. Leider agieren aber auch viele Inhaber großer Praxen mit Minimalstandards. Die ich an dieser Stelle etwas flapsig wie folgt umreißen möchte: Regelmäßige Verfolgung der Kontostände und der Honorarstatistik, monatlich der Blick auf die BWA und gelegentliche Gespräche mit dem Steuerberater. Deren Frequenz verdichtet sich naturgemäß, wenn es irgendwo zu klemmen beginnt. Ergänzend ist in vielen großen Praxen ein kostspieliges und wenig systematisch genutztes Abrechnungsprogramm vorzufinden.
Ansonsten verlässt man sich gerne auf die Verwaltungschefin der Praxis und konzentriert sich auf gute Zahnmedizin. Das ist der Erfolgskern, daran gibt es keinen Zweifel. Auch lassen sich mit dem oben skizzierten betriebswirtschaftlichen Light-Programm phasenweise (mal länger – mal kürzer) sehr anständige Erfolge erzielen. Wenn es allerdings der Anspruch ist, unternehmerisch planvoll zu agieren, Chancen systematisch zu nutzen, Risiken frühzeitig zu erkennen und vor allem die Praxis strukturiert nach vorne zu entwickeln, um gesetzte Zukunftsziele auch tatsächlich zu erreichen, empfiehlt sich eine dichtere Befassung mit betriebswirtschaftlichen Eckdaten.
Dies ist gerade für große Praxen elementar wichtig, da sich aufgrund des hohen Fixkostenblocks schnell magere Gewinne einschleichen können, wenn die Zügel zu locker gehalten werden. Das statistische Jahrbuch der KZBV weist eine durchschnittliche Rendite von 31 Prozent für zahnärztliche Pra-xen aus. Das bedeutet: Von jedem eingenommenen Euro verbleiben dem Praxisinhaber bzw. der Praxisinhaberin 31 Cent als Praxisgewinn. Viele Betriebe, die mit 15, 20 oder 25 Angestellten arbeiten, kommen aber nur auf rund 20 Prozent. Gesehen habe ich auch schon Renditen von unter zehn Prozent bei einem Jahresumsatz von gut zwei Millionen Euro. Also ein krasses Missverhältnis zwischen persönlichem Engagement plus Unternehmerrisiko auf der einen und finanziellem Erfolg auf der anderen Seite.
Egal, ob der Antrieb positiv (= ehrgeizige Ziele erreichen) oder eher leidvoll (einer Negativentwicklung gegensteuern) ausgelöst ist: Angemessene betriebswirtschaftliche Standards bieten ein kraftvolles Korsett. Basisinstrument jeder kaufmännischen Steuerung ist die betriebswirtschaftliche Planungsrechnung für mindestens drei Zukunftsjahre.
Betriebswirtschaftliche Planungsrechnung
Das bedeutet die Kalkulation und Antizipation der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung der Praxis. Die betriebswirtschaftliche Planungsrechnung umfasst die Umsatzschätzung (Honorar bzw. Umsatz nach Behandlern/Prophylaxe/Labor aufgesplittet), Personalplanung, Raumkostenentwicklung, alle anderen Kosten, Investitionsvorhaben, Privatentnahmen des/r Praxisinhaber/-in/nen und natürlich auch die Tilgungsvereinbarungen für Praxisdarlehen. Aus dem Datenpool leitet sich die Liquiditätsprognose ab, sodass frühzeitig erkannt werden kann, was bei planmäßigem Verlauf auf den Bankkonten passieren wird.
Die Planung wird einmalig aufgebaut und dann jährlich aktualisiert. Sie ist ein kraftvolles Instrument für die schrittweise Realisierung der langfristigen unternehmerischen Ertragsziele. Der große Vorteil dieses Zahlengerüstes liegt darin, dass man sich bei dessen Erstellung zwangsläufig mit allen betriebswirtschaftlichen Eckdaten auseinandersetzt. Alle entscheidenden Details werden durchdacht, um ein fundiertes Planungsergebnis zu erreichen. Ein beabsichtigter Expansionsprozess in der Praxis sollte beispielsweise immer durch eine fundierte Planungsrechnung abgebildet werden, um Investitionsentscheidungen (in Anlagen und Personal) abzusichern, unternehmerischen Ehrgeiz zu beflügeln und ggf. auch unliebsame Überraschungen (Stichwort Rendite) zu vermeiden.
Natürlich werden die Planzahlen nicht eins zu eins eintreffen, schließlich ist das Ganze immer ein Spiel mit einigen Variablen. Dennoch ergibt sich ein aussagefähiges Gesamtwerk, das Richtung weist, Motivation vermittelt und das Fundament liefert für das komplementäre Steuerungsinstrument:
Monatliches Praxiscontrolling
Hier wird die Frage beantwortet: Wie stellen sich die Ist-Daten imVergleich zu den Plandaten dar? Für größere Praxen gibt es keine Controlling-Lösung „von der Stange“. Sicher ist nur, dass die BWA für ein wirksames Controlling nicht ausreicht. Um zuverlässig navigieren zu können, werden regelmäßig ergänzend zur BWA Informationen aus der Praxissoftware gebraucht. Folgende Basisdaten (Auswahl) verschaffen existenzielle Erkenntnisse:
– Honorarentwicklung pro Behandler (jeweils separat alle Zahnärzte/-innen und Prophylaxemitarbeiter/-innen) – Abgleich auf Planungsrechnung, s.o.
– Entwicklung der Personalkosten und Anteil der Personalkosten am Gesamtumsatz der Praxis
(Abgleich auf Planungsrechnung, s.o.)
– Fixkosten der Praxis im Ganzen (Anteil am Umsatz – Trend verfolgen)
– Entwicklung des Praxisgewinns und der Umsatzrendite (Abgleich auf Planung)
– Patientenfallzahlen (s. Grafik 1)
– Neupatientenzahlen
– Fallwerte pro Patient (s. Grafik 2)
– Quote der Privatliquidationen (Selbstzahler-/Zuzahlerleistungen plus PKV-Leistungen)
am Gesamtumsatz
Ergänzend empfehlen sich Controllingbausteine, die dafür sorgen, dass die zentralen Zukunftsziele der Praxis stetig im Blick bleiben. Wenn es beispielsweise darum geht, Selbstzahler- und Zuzahlerleistungen zu steigern, könnte das Zukunftsziel für Füllungen mit Mehrkostenvereinbarungen präzise festgelegt werden. Anschließend wird jeden Monat Ist mit Soll verglichen (s. Grafik 3).
Teilweise ist die Aufsplittung der Daten nach Behandlern sinnvoll, weil es meistens große personenabhängige Unterschiede in der Behandlungskonzeption gibt, die im Praxisalltag häufig gar nicht auffallen. Dieses Planungs- und Controllingprinzip ist für alle einzelnen Praxisleistungen und Behandlungsspezialitäten anwendbar. Letztlich geht es darum, die zentralen Erfolgssäulen für den eigenen Betrieb vorausschauend zu definieren und konsequent monatlich zu verfolgen. Wichtig ist dabei die Konzentration der Praxisressourcen. Bei zwei konkreten Zielen ist die Chance groß, beide zu erreichen. Bei zehn formulierten Zielen verzetteln sich mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kräfte und am Ende ist nur wenig gewonnen.
Profit Center
Abschließend verdient natürlich auch die Profit-Center-Rechnung Erwähnung. Bei diesem Steuerungsinstrument wird der Praxisbetrieb in einzelne Leistungsbereiche aufgeteilt (beispielsweise drei Zahnärzte/-innen, die Prophylaxe und das Labor = 5 Profit Center), um den wirtschaftlichen Erfolg getrennt ermitteln zu können. Der Aufbau dieser Kalkulation ist aufwendig, weil die Kostenpositionen möglichst kleinteilig und passgenau zugeordnet werden müssen. Im Ergebnis lassen sich dann aber sehr wertvolle Erkenntnisse gewinnen, die ein hervorragendes Fundament für den Ressourceneinsatz und die Rentabilitätssteuerung einer großen Praxis bieten.