Praxismanagement 19.11.2018

Datenschutz: Praxisgemeinschaft vs. Gemeinschaftspraxis



Datenschutz: Praxisgemeinschaft vs. Gemeinschaftspraxis

Foto: Gajus – stock.adobe.com

Zahnärzte praktizieren zum Teil nicht alleine, sondern üben ihren zahnärztlichen Beruf in einer Gemeinschaft mit anderen Zahnärzten aus. Hier gibt es verschiedene Arten der Zusammenarbeit bzw. Kooperationen. Auf der einen Seite bestehen Gemeinschaftspraxen, auf der anderen Seite gibt es die – mit einer im Vergleich deutlich geringeren Anzahl – Praxisgemeinschaften. Beide Formen klingen zwar ähnlich, sind jedoch rechtlich wie datenschutzrechtlich zwei grundlegend unterschiedliche Konstrukte. Nachfolgend sollen die beiden Kooperationen unter dem Blickwinkel der neuen Datenschutz-Grundverordnung sowie des neuen Bundesdatenschutzgesetzes und der damit zusammenhängenden Verschwiegenheitspflicht nach § 203 StGB beleuchtet werden.

Eine Gemeinschaftspraxis ist ein wirtschaftlicher und organisatorischer Zusammenschluss von zwei oder mehreren Zahnärzten, die gemeinsam ihren Beruf ausüben. Hier umfasst der Zusammenschluss das komplette Spektrum der zahnärztlichen Berufsausübung und der damit zusammenhängenden Pflichten und Rechte, die sich aus den unterschiedlichsten gesetzlichen Quellen ergeben.

Gemeinschaftspraxis: eine Praxis, ein Patientenstamm

Diese Kooperation setzt voraus, dass gemeinsame Praxisräume mit einer gemeinsamen Einrichtung und gemeinsamem Praxispersonal genutzt werden. Der entscheidende Unterschied zur Praxisgemeinschaft ist aber, dass eine Gemeinschaftspraxis einen gemeinsamen Patientenstamm und eine gemeinsame Abrechnung der erbrachten Leistungen auf gemeinsamer Rechnung der Gemeinschaftspraxis erbringt. Somit kann festgehalten werden, dass eine Gemeinschaftspraxis eine einheitliche Praxis ist, die einen gemeinsamen Patientenstamm unterhält. In diesem Aspekt des Patientenstamms unterscheidet sich die Praxisgemeinschaft grundsätzlich zur Gemeinschaftspraxis.

Praxisgemeinschaft: mehrere Praxen mit eigenen Patientenstämmen

Bei einer Praxisgemeinschaft liegt eine Organisationsgemeinschaft vor, in der jeder Zahnarzt seine eigene Praxis mit einem eigenen Patientenstamm unterhält. Es gibt Praxisgemeinschaften, die auch gemeinsame Praxisräume sowie Praxiseinrichtungen nutzen und sich auch das Praxispersonal teilen. Allerdings führen die Mitglieder einer Praxisgemeinschaft ihre Praxis jeder für sich im eigenen Namen und rechnen auch eigenständig die erbrachten zahnärztlichen Leistungen ab. Rechtlich gesehen handelt es sich somit nicht um eine, sondern um mehrere Praxen.

Zugriffsrechte der personenbezogenen Daten und Verschwiegenheit

Diese Unterschiede in den rechtlichen Gebilden haben auch Auswirkungen auf den erlaubten Umgang mit den personenbezogenen Daten, die in beiden Praxisarten erhoben werden. Die Unterscheidung zwischen Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft ist sowohl datenschutzrechtlich gemäß der neuen Datenschutz-Grundverordnung als auch im Hinblick auf die neu definierte Verschwiegenheitspflicht nach § 203 StGB von enormer Bedeutung.

Datenschutzrechtlich hat in einer Gemeinschaftspraxis jeder Zahnarzt und jeder Mitarbeiter ein Zugriffsrecht auf die Patientendaten (solange der Patient hier sein Einverständnis erklärt hat und keine Einwände geltend macht).

Bei einer Praxisgemeinschaft hingegen besteht kein Zugriffsrecht des einen Praxisinhabers auf die Patientendaten der anderen Praxisinhaber. Bei einer Praxisgemeinschaft darf also nur der behandelnde Zahnarzt, nicht aber der andere Behandler Zugriff auf die Daten der Patienten haben.

Bei der datenschutzrechtlichen Organisation einer Praxisgemeinschaft muss dieses wichtige Detail seine Berücksichtigung finden. Nutzen die Praxisinhaber einer Praxisgemeinschaft nun einen gemeinsamen Server und eine gemeinsame Patientenverwaltungssoftware, so muss diese Software so organisiert sein, dass jeder Praxisinhaber nur Zugriff auf die Daten seiner eigenen Patienten erhält, nicht aber auf die Daten der Patienten der anderen Praxisinhaber.

Die gleiche notwendige Organisation gilt auch für die Patientenunterlagen und weitere personenbezogene Dokumente in Papierform. Diese Patientenunterlagen sind ebenfalls nur dem jeweiligen Zahnarzt zuzuordnen undmüssen so gelagert (archiviert) und vor unberechtigten Zugriffen gesichert werden, dass nur der jeweilige Praxisinhaber Zugriff auf die Akten und Unterlagen seiner Patienten hat, nicht aber die anderen Zahnärzte der Praxisgemeinschaft.

Auch auf die Zugriffsrechte des Personals haben die neuen datenschutzrechtlichen Anforderungen ihre Auswirkungen. Falls das Personal gemeinschaftlich von der Praxisgemeinschaft beschäftigt wird, lässt sich rechtfertigen, dass das Personal auf die Daten aller Patienten aller Zahnärzte der Praxisgemeinschaft zugreifen darf.

Achtung, dies gilt aber nur für das gemeinsam beschäftigte Personal, nicht für die Mitarbeiter, die nur von einem Praxisinhaber eingestellt wurden. Diese dürfen gemäß der Datenschutz-Grundverordnung keinen Zugriff auf die personenbezogenen Daten erhalten. Falls hingegen jeder Zahnarzt eigenes Personal beschäftigt, darf wiederum nur das jeweils eigene Personal auf diese personenbezogenen Daten zugreifen.

Weiterhin muss beachtet werden, dass wenn untereinander eine Vertretung der Praxisinhaber z.B. bei Krankheit oder Urlaub erfolgt, der Patient in diese Vertretung und die Einsichtnahme des Vertreters in seine Behandlungsunterlagen (nachweislich) einwilligen muss.

Bei einer Gemeinschaftspraxis stellen sich derartige datenschutzrechtliche Fragen nicht oder zumindest nicht im selben Umfang. Eine Gemeinschafts- praxis ist datenschutzrechtlich und im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht nach § 203 StGB leichter zu organisieren, da es sich rechtlich nicht um mehrere Praxen, sondern um eine Praxis mit gemeinsamem Patientenstamm handelt.

Wer sich als Patient von einem Zahnarzt in einer Gemeinschaftspraxis behandeln lässt, geht davon aus, dass sich die Zahnärzte der Gemeinschaftspraxis über die Gesundheitsdaten des Patienten austauschen. Dieser Austausch kann sich bei der gemeinsamen Beratung des zahnärztlichen Befunds untereinander oder zur Vertretung bei Abwesenheit ergeben, und daher geht man davon aus, dass diesbezüglich von einer mutmaßlichen Einwilligung des Patienten auszugehen ist. Etwas anderes gilt, wenn der Patient z.B. bei der notwendigen Datenschutzerklärung und Einwilligung hiergegen Einwände erhebt. In diesem Fall darf auch bei Gemeinschaftspraxen ein Austausch von Daten nicht vorgenommen werden.

Der Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis 9/18 erschienen.

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