Psychologie 09.04.2024
Psychologie für den Praxisalltag: Wie Kritik wirklich ankommt
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Viele Praxisinhaber und Zahnärzte empfinden den Umgang mit dem Personal als eine der anspruchsvollsten Aufgaben im Praxisalltag. Während man im Studium für die Zahnmedizin perfekt ausgebildet wird, ist die Führung der Mitarbeiter in der Regel ein Themenfeld, das bis heute ziemlich ausgeklammert wird – obwohl es einen der entscheidenden Erfolgsfaktoren darstellt.
Eine gute Zusammenarbeit im Team, der wertschätzende Umgang und die professionelle Führung des Personals zählen zu den wichtigsten Aspekten für die Motivation und Bindung der Mitarbeiter. Wer also die Herausforderung des Mitarbeitermangels erfolgreich angehen möchte, kommt keineswegs darum herum, sich damit zu beschäftigen, wie die Angestellten bestmöglich geführt werden und eine gute Stimmung im Team sichergestellt wird. Dafür ist eine Menge psychologisches Wissen erforderlich. Wenn man versteht, wie Menschen ticken, ist es kein Zufall mehr, wie die andere Person reagiert, welche Gespräche fruchten und wie sich Beziehungen entwickeln. Indem man seinen Mitarbeitern mit kommunikationspsychologischem Wissen begegnet, lassen sich viele Störungen vermeiden beziehungsweise unkompliziert aus dem Weg räumen.
Beispielsweise haben wir es extrem in der Hand, wie kritische Rückmeldung beim Mitarbeiter ankommt. Je stabiler die Beziehung zu unserem Mitarbeiter ist, umso besser können auch kritische Worte angenommen werden. Damit Feedback beim Anderen ankommt, ist es daher generell wichtig, auf einen guten Umgang miteinander zu achten und im Alltag aber auch in Kritikgesprächen auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Es ist absolut entscheidend, seine Worte bewusst zu wählen und im Prinzip mit den eigenen Worten zu jonglieren. Auf sogenannte Reizworte (z. B. „lügen“, „arrogant“, „zickig“) sollte man verzichten aber auch Verallgemeinerungen wie „immer“ und „nie“ lieberweglassen und etwas abschwächen („häufig“, „selten“).
Menschen möchten nicht ihr Gesicht verlieren. Jemanden vor Anderen zu entlarven, ihn bloßzustellen, verbal in die Ecke zu drängen oder Druck auszuüben, führt daher selten zum Erfolg. Die wichtigen Gesprächsinhalte dringen nicht mehr durch; der Andere wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts ändern. Damit ein Mensch sich ändert, muss das Feedback unter vier Augen und aus der Ich-Perspektive annehmbar rübergebracht werden und der Feedback-Empfänger es anschließend reflektieren.
Und selbst dann wird sich nach der ersten Rückmeldung höchstwahrscheinlich nicht dauerhaft etwas ändern: Nach einer kurzen Bemühung verfällt der Mensch in der Regel wieder in sein altes Muster. Denn der Mensch lernt (wie andere Säugetiere im Übrigen auch) durch Wiederholungen. Dabei ist es entscheidend, die Dinge nicht unzählige Male einfach immer im gleichen Modus zu wiederholen. Viel effektiver ist es, Schritt für Schritt berechenbar etwas ernster und formaler zu werden. Wenn dann das gewünschte Verhalten gezeigt wird, kann man geschickt die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass dies wiederholt passiert. Jeder Hundebesitzer kennt die Mechanismen aus der Hundeerziehung: Mit positiver Verstärkung lernt es sich am besten. Beim Hund bedienen wir uns des Leckerlis, beim Menschen sollte dies in verbaler Form geschehen: indem man gutes Verhalten positiv registriert, dies erfreut zurückmeldet oder sich auch bedankt. Ein „Na, geht doch“ ist so ziemlich die ungünstigste Reaktion, damit ein anderer etwas wieder tut, was uns wichtig ist. Dies funktioniert im Übrigen – wie alle Empfehlungen – nicht nur im Praxisalltag, sondern auch zu Hause.
Dieser Beitrag ist in der cosmetic dentistry erschienen.