Recht 22.07.2024

Entzug der Approbation – kann es jeden treffen?



Entzug der Approbation – kann es jeden treffen?

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Die zahnärztliche Approbation ist die Grundlage jeder zahnärztlichen Tätigkeit. Wer zahnärztlich behandelt, ohne über die Approbation zu verfügen, macht sich strafbar (§ 18 Zahnheilkundegesetz, ZHG). Zahnärztinnen und Zahnärzte haben viele Jahre lang studiert, um die Approbation endlich zu bekommen. Im Umkehrschluss ist die Frage: Was muss passieren, damit die Behörden die Approbation wieder einkassieren?

Die gute Nachricht ist: Da muss eine Menge passieren. Die schlechte: Wenn es Vorwürfe gibt, die am Ende auch nur theoretisch zu einem Approbationsentzug (rechtlich der sogenannte Widerruf oder die Rücknahme) führen könnten, dann hat der betroffene Zahnarzt gleich mehrere Probleme auf einmal.

Aber fangen wir vorne an: Wie kann überhaupt eine Approbation entzogen werden und was passiert dabei? Kurz gefasst wird es bei jedweden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft (StA) gegen einen Zahnarzt dazu kommen, dass am Ende gleich mehrere Verfahren eingeleitet werden. Das Gleiche gilt, wenn ein Behandler wegen gesundheitlicher Probleme Auffälligkeiten zeigt, wodurch die Behörden im Sinne der Patientensicherheit auf den Plan gerufen werden.

Berufsunwürdiges Verhalten?

Erläutert sei der Ablauf an einem konkreten Beispiel des Betrugs: Mit Urteil des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 2017 (Az. 21 B 16.2065) bestätigten die Richter den Widerruf der Approbation einer Ärztin wegen des Eintritts „nachträglicher Unwürdigkeit“. Die Regeln sind hier für Ärzte und Zahnärzte gleich. Doch was heißt Unwürdigkeit? Die grundlegende richterliche Definition lautet:

Unwürdigkeit liegt vor, wenn der Arzt durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufes unabdingbar nötig ist“ (VG Köln, Urt. v. 24.04.2012 – 7 K 7253/10)

Es geht also im Kern um Vertrauen. In dem konkreten Fall wurde die Unwürdigkeit aufgrund einer strafgerichtlichen Verurteilung angenommen. Der Vorwurf lautete: Betrug gegenüber der Versicherung aufgrund des Praktizierens während des Bezugs von Krankentagegeld. Nicht jede strafgerichtliche Verurteilung führt automatisch zum Widerruf der Approbation, sie verfügt aber über eine starke Indizwirkung.

Der Verfahrensablauf im Überblick

Alles beginnt mit einer vielleicht nur aus menschlicher Unachtsamkeit falsch abgegebenen Abrechnung an die KZV. In der Folgezeit merkt man bei der eigenständigen Kontrolle der Zahlen, dass dies der KZV nicht aufgefallen ist, aber im Stress des Praxisalltags geht man dem vielleicht nicht mehr nach – und dies kommt häufiger vor. Im Laufe der Zeit führt die KZV eine routinemäßige Prüfung durch. Bei dieser fällt der immer wieder auftretende „Abrechnungsfehler“ schließlich doch auf. Dies verpflichtet die KZV gemäß § 81a Abs. 4 SGB V, bei nicht nur geringfügiger Bedeutung der Anomalie für die gesetzlichen Krankenversicherungen, die zuständige Staatsanwaltschaft zu informieren.

Einerseits leitet die Staatsanwaltschaft (StA) daraufhin ein Strafverfahren gegen den betreffenden Zahnarzt ein, woraus selbstverständlich auch eine Verurteilung ergehen kann. Andererseits ist sodann von der StA sowohl die zuständige Zahnärztekammer als auch die Approbationsbehörde zu informieren. Die Zahnärztekammer kann noch weiterreichende Disziplinarverfahren einleiten, um – über die rein strafrechtliche Bedeutung hinaus – auch berufsrechtliche Konsequenzen zu ziehen. Dies meint in aller Regel Bußgelder. Auch die KZV kann selbst ermitteln, mit Konsequenzen bis hin zum Zulassungsentzug des Vertragszahnarztes.

Die für das Berufsleben insgesamt schwersten Konsequenzen können sich jedoch von Seiten der Approbationsbehörde ergeben. Um den Berufsstand zu schützen, kann diese die Approbation, wie im obigen Beispielsfall gezeigt, wegen Unwürdigkeit widerrufen. Neben der Unwürdigkeit gibt es auch noch einen zweiten Widerrufsgrund: die Unzuverlässigkeit des Arztes.

Unzuverlässig als Arzt ist, wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft seine beruflichen Pflichten zuverlässig erfüllen werde.“   (VG Köln, Urt. v. 24.04.2012 – 7 K 7253/10)

Im Gegensatz zur Unwürdigkeit ist bei der Unzuverlässigkeit jedoch laut der Rechtsprechung eine negative Zukunftsprognose erforderlich, d. h. es ist zu überprüfen, ob der Zahnarzt nach den gesamten Umständen wahrscheinlich willens und in der Lage ist, künftig seine beruflichen Pflichten zu erfüllen.

Für die Fallgruppe der Erkrankungen des Zahnarztes, wo meist Suchtkrankheiten eine große Rolle spielen, gibt es einen eigenen gesetzlichen Widerrufsgrund. In den vielfältigen Fällen meiner anwaltlichen Berufspraxis in diesem Gebiet geht es ohnehin fast immer um eine Kombination von vermeintlicher Unwürdigkeit, Unzuverlässigkeit und verschiedenen Begleiterkrankungen des Zahnarztes.

Sauberes und nüchternes Argumentieren

Haben die Behörden – StA, Kammer, KZV, vor allem Approbationsbehörde – die Verfahren eingeleitet, gilt es, eine einheitliche Strategie zu entwickeln, mit der der drohende Entzug der beruflichen Lebensgrundlage möglichst abgewehrt werden kann. Recht häufig ist an den Vorwürfen nichts dran: Als Rechtsanwalt ist man dann zugleich Strafverteidiger des Zahnarztes im StA-Verfahren und argumentiert gegenüber Kammer, KZV und Bezirksregierung dagegen. Wichtig ist eine klare Kommunikation und das ehrliche Eingestehen der Vorwürfe, an denen rechtlich etwas dran ist – bei gleichzeitig begründeter Zurückweisung von – nicht gerade selten vorkommenden! – rechtlichen Fehlannahmen oder Fehlinterpretationen der Behörden.

Auflagen als milderes Mittel

Manchmal kann auch ein Deal mit der Approbationsbehörde das Ergebnis sein: Hat ein Zahnarzt beispielsweise Alkoholprobleme und ist im Zustand der Trunkenheit Auto gefahren (mit entsprechender Strafbarkeit nach § 316 StGB), so kann als „letzte Chance“ nach womöglich vielen Schriftsätzen und Gutachten mit der Behörde vereinbart werden, dass eine Therapie gemacht und Abstinenzkontrollen durchgeführt werden, um die Approbation zu retten. Alles, was letztlich diesem Ziel dient, ist ein gutes Ergebnis.

Und im Ernstfall?

Nicht nur in True Crime-Podcasts heißt es: Jeder kann zum Täter werden. Dies kann im Praxisalltag und erst recht im Privatleben recht schnell und auch „im Kleinen“ geschehen. Bereits vereinzelte Steuerhinterziehungen können die Verfahren vor den genannten Behörden auslösen. Um sich abzusichern, sollte jede Zahnärztin und jeder Zahnarzt folgende Tipps beherzigen:

  • Gute Praxisorganisation und doppelte Kontrollen, um den Vorwurf des Abrechnungsbetrugs zu vermeiden.
  • Bei Verhalten mit Außenwirkung ganz besonders auf Selbstkontrolle achten (dies meint auch Selbstverständlichkeiten wie: keine Aussagedelikte im Internet, keine Trunkenheitsfahrten).
  • Bei beginnenden Krankheiten, die einem den Praxisalltag spürbar erschweren, frühzeitig professionelle Hilfe holen.
  • Sollte die Zahnärztekammer, die StA, die KZV oder die Approbationsbehörde einen „bösen Brief“ mit Vorwürfen schicken und um Stellungnahme bitten, gilt: kein Wort an die Behörden ohne Anwalt.
  • Sollte die Polizei zu einer Befragung laden oder gar die Praxis durchsuchen, gilt nochmals: kein Wort an die Behörden ohne Anwalt.

Ja, es kann jeden treffen. Denn niemand ist davor gefeit, unverschuldet irgendwelchen Vorwürfen ausgesetzt zu werden. Was kafkaesk klingt, ist Realität. Ebenso kann es jedem passieren, dass ihm oder ihr zeitweise die Kontrolle über das eigene Leben entgleitet und es zu berufsrelevanten Problemen kommt – bei denen es dann gilt, mit professioneller Hilfe sorgsam und konsequent das Schlimmste, nämlich den Wegfall der beruflichen Lebensgrundlage, zu vermeiden.

Sie haben noch mehr Fragen? Im #reingehört-Podcast der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis spricht Dr. Tobias Witte detailliert zum Thema Approbationsentzug.

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