Branchenmeldungen 22.07.2025

Kulzer plant seine Zukunft



Kulzer blickt in diesem Jahr auf 90 starke Geschäftsjahre und hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten als unverzichtbarer Partner für Zahnärzte und Zahntechniker etabliert. Das in Hanau ansässige Unternehmen ist weltweiter Player, wenn es um die Entwicklung hochwertiger, effizienter Dentalmaterialien geht und hat seine Vorreiterrolle in der Vergangenheit nicht zuletzt durch strukturelle Transformationen immer wieder gefestigt. Ein Interview mit Chris Holden (CEO Kulzer) über Erreichtes, die Relevanz von Visionen und bevorstehende Veränderungen.

Kulzer plant seine Zukunft

Foto: OEMUS MEDIA AG/ Kulzer

Herr Holden, Sie sind seit einem Jahr CEO von Kulzer und waren dem Unternehmen schon viele Jahre zuvor verbunden. Was hat Sie bewogen, zurückzukehren?

Wenn ich es in einem Satz zusammenfassen müsste, würde ich sagen: Kulzer fühlt sich für mich schlicht wie Zuhause an. Nach dreizehn Jahren in leitenden Funktionen bei Kulzer sowie einer Zwischenstation in einem anderen Unternehmen kenne ich die Menschen, die Kultur und das enorme Potenzial noch sehr genau. Gerade dieses Umfeld bot mir die seltene Möglichkeit, Vertrautheit mit neuer Verantwortung zu verbinden und unmittelbar Wirkung zu erzielen. Hinzu kam ein klarer strategischer Auftrag: eine fast neunzig Jahre alte, respektierte Marke durch die nächste Phase des Branchenwandels zu steuern – in einer Zeit, in der makroökonomische Herausforderungen, neue Technologien und demografische Veränderungen den Takt vorgeben. Doch der vielleicht wichtigste Antrieb ist unsere kundenzentrierte Mission. Alles, was wir entwickeln, landet letztlich im Mund eines Menschen. Diese Sinnhaftigkeit motiviert mich jeden Morgen. Emotion, Strategie und persönlicher Reiz – diese drei Elemente machten die Entscheidung am Ende sehr leicht.

Wie bewerten Sie das erste Jahr unter Ihrer Führung zurückblickend – inhaltlich, thematisch und qualitativ?

Ich wurde von einer äußerst offenen und motivierten Organisation empfangen. Zunächst habe ich bewusst den Modus „Zuhören“ gewählt, alle Produktionsstandorte und mehrere Ländergesellschaften besucht und mich mit Händlern und Anwendern zusammengesetzt. Überall lautete die zentrale Frage: „Was machen wir bereits gut und wo können wir Sie noch besser unterstützen?“ Aus diesen Gesprächen ist in kurzer Zeit strategische Klarheit entstanden. Heute fokussieren wir uns konzentrierter auf Segmente mit hohem Nutzen für unsere Zielgruppen und viele Funktionen im Unternehmen haben klar messbare Ziele. Die ersten Erfolge waren auf der IDS 2025 sichtbar: schnellere Entscheidungszyklen, ein nahtloses Zusammenspiel von Marketing und Vertrieb sowie eine spürbare Aufbruchsstimmung. Noch wichtiger ist, dass wir ein gemeinsames Fundament gelegt haben, das Transparenz und konsequente Umsetzung in den Mittelpunkt stellt. Das verschafft uns Schwung für die nächsten Jahre.

Die allgemeine Wirtschaftslage ist national wie international alles andere als rosig, dies spürt auch die Dentalbranche. Welche Strategie verfolgt Kulzer, um ein stabiles Wachstum zu fördern?

Wir investieren dort, wo wir echte „Schmerzpunkte” in Praxis und Labor adressieren können. Beispielsweise verkürzt unser digitaler Prothesen-Workflow „Pala Mill & Cast“ die Prozessschritte und sichert die Passung, während „Venus Diamond Flow Pure Shades“ die gewünschte Effizienz durch eine vereinfachte Farbauswahl ermöglicht. Mehr Produkteinführungen in kürzerer Zeit, die klare wirtschaftliche Vorteile bieten, verschaffen unseren Kunden Spielräume. Intern sorgen schlanke Prozesse und datenbasierte Entscheidungen dafür, dass wir konsequent in Forschung und Entwicklung investieren können. Zudem denken wir Partnerschaft breiter: digitale Tools und servicestarke Programme helfen unseren Kunden, trotz Gegenwind Effizienz, Margen und Patientenzufriedenheit auszubauen.

Denken wir auch mal etwas größer. Laut Experten hat die Hälfte der Weltbevölkerung keinerlei Zugang zu oraler Versorgung. Jede Kapazität, die wir in Praxen und Laboren freisetzen, kann langfristig dabei helfen, dieses Versorgungsloch zu schließen. Für uns schließen sich wirtschaftlicher Erfolg und gesellschaftliche Wirkung nicht aus – sie verstärken sich.

Am Markt kursieren derzeit Gerüchte zu geplanten Transformationsprozessen. Alles nur Spekulation?

Keineswegs – wir gestalten unsere Weiterentwicklung bewusst und transparent. 2025 haben wir ein Reorganisationsprogramm angekündigt, das unsere Strukturen verschlankt, Entscheidungen beschleunigt und funktionsübergreifende Zusammenarbeit stärkt. Dazu gehört auch, Teile der Produktion wieder zurück nach Deutschland und andere europäische Standorte zu verlagern. So verkürzen wir Lieferwege, reduzieren Währungsrisiken und erhöhen die Versorgungssicherheit für unsere Kernmärkte.

Gleichzeitig richten wir Vertrieb und Marketing stärker digital aus: Ein ausgebautes E-Commerce-Angebot und datenbasierte Kampagnen machen den Zugang zu Kulzer einfacher, schneller und direkter. Für Kundinnen und Kunden bedeutet das weniger Komplexität, kürzere Reaktionszeiten und eine Betreuung, die sich nahtlos von der Online-Bestellung bis zur Anwendung vor Ort spannt.

Personell sichern wir Kontinuität. René Schiller, der drei Jahre lang als Country Manager den DACH-Markt verantwortet hat, nimmt außerhalb von Kulzer eine neue Herausforderung an. Sein Nachfolger Andre Sauer – seit 2008 im Unternehmen und zuletzt Vertriebsleiter Zahnmedizin Deutschland / Handelsmanagement DACH – übernimmt die Verantwortung. Mit seiner tiefen Marktkenntnis und seinem bestehendem Kundennetzwerk wird er unsere führende Position in Deutschland weiter ausbauen und zugleich den engen Draht zu Praxen und Laboren pflegen, der Kulzer seit Jahrzehnten auszeichnet. So verbinden wir frische Impulse mit bewährter Kundennähe.

Bitte beschreiben Sie uns Ihren zukünftigen Kurs genauer.

Wir bringen gezielt Produkte auf den Markt, die konkrete Probleme lösen. Beispiele sind der erwähnte digitale Prothesen-Workflow und mit Kulzer Vivida eine neue Generation der Zahnaufhellung. Besonders in Europa sehen wir in den verschiedenen Ländern mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Deshalb vernetzen wir die Märkte stärker, um Best Practices schneller zu teilen. Marketing, Forschung und Entwicklung sowie Vertrieb arbeiten so eng zusammen wie nie zuvor. Ein neuer Webshop und mobile Services holen unsere Kunden dort ab, wo sie sind: online, mobil und on demand. Dabei halten wir uns nicht länger als nötig auf: Schlankere Prozesse, klare Verantwortlichkeiten und ein robuster Ideenfilter verkürzen den Weg vom Konzept bis zur Anwendung am Behandlungsstuhl oder im Labor. Zugleich vertrauen wir auf die Expertise unserer Mitarbeitenden und fördern eine transparente Kommunikation, damit sich jede und jeder ermächtigt fühlt, zu handeln, zu lernen und zum Erfolg unserer Kunden beizutragen. Denn erst wenn unsere Produkte im Labor oder in der Praxis unserer Kunden Wirkung entfalten, wird Strategie lebendig.

Welche Vorteile ergeben sich für Ihre Kunden durch die von Ihnen beschriebenen Veränderungen?

Chris Holden im Gespräch mit Lutz Hiller © Kulzer

Der entscheidende Gewinn liegt in der vertieften Kundenbeziehung. Eine klarere Aufstellung von Innovation und Marketing sorgt dafür, dass Marktfeedback ohne Umwege schneller in Forschung, Produktmanagement und Schulung zurückfließt. Unser neues Organisationsmodell reduziert Komplexität, beschleunigt Entscheidungen und fördert die Zusammenarbeit zentraler Funktionen. Dadurch können Kundenanliegen rascher bearbeitet und in praxistaugliche Lösungen übersetzt werden.

Innovationen erreichen Praxis und Labor damit spürbar schneller und Workflows werden durchgängiger und planbarer. Unsere Außendienstmitarbeiter bleiben feste Ansprechpartner vor Ort und erhalten zusätzlichen Rückhalt durch digitale Service-Kanäle. Zugleich entstehen passgenauere Materialien und Geräte, weil Datenauswertung, klinische Evidenz und Anwendungstechnik von Beginn an gemeinsam denken, statt erst am Ende zusammengeführt zu werden. Kundinnen und Kunden können neue Verfahren dadurch schneller einführen, ihre Effizienz steigern und sich in einem herausfordernden Marktumfeld echte Wettbewerbsvorteile sichern.

Viele Ihrer Kunden stehen derzeit selbst vor Veränderungen. Was raten Sie diesen, wenn es um Transformation, Effizienz und Zukunftsfähigkeit geht?

Mein Rat lautet: Investieren Sie nur dort, wo der Mehrwert klar belegbar ist, und vermeiden Sie Veränderungen um ihrer selbst willen. Gehen Sie die Digitalisierung schrittweise an, denn selbst kleine Automatisierungen, eine KI-gestützte Terminplanung oder datengetriebene Schichtmodelle können enorme Effizienzgewinne freisetzen. Suchen Sie sich Partner, die Ihre Herausforderungen wirklich verstehen und bereit sind, Chancen, Erkenntnisse und Risiken zu teilen. Und bleiben Sie lernbereit. Kontinuierliches Training und eine offene Dialogkultur verwandeln die Transformation von einer Bedrohung in einen Wachstumstreiber.

Zu guter Letzt: Welche Rolle spielt Innovation zukünftig bei Kulzer?

Innovation ist seit neunzig Jahren unser Motor – gemessen immer an ihrem realen Nutzen. Die jüngsten Produkte zeigen, wie das in der Praxis aussieht. Kulzer Vivida ist das erste System für die Zahnaufhellung zu Hause unter zahnärztlicher Aufsicht in unserem Portfolio. Es ermöglicht eine effektive Zahnaufhellung in 15 bis 30 Minuten bei deutlich geringerer Sensibilität. Die Venus Diamond Flow Pure Shades erlauben mit vier perfekt abgestimmten Farbtönen schnelle, einfache und ästhetische Restauration in monochromatischer Schichtung.

Auch für Dentallabore hat Kulzer in diesem Jahr einige Neuheiten vorgestellt. Die neue Fräsmaschine cara Mill 2.5L pro+ bietet ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis und ist insbesondere für kleine und mittlere Labore interessant. Das Portfolio der Frässcheiben wurde ebenso überarbeitet: dima Mill Zirconia besteht nun nur noch aus drei Linien – das ist einfach und wirtschaftlich. Ein weiteres Highlight sind die neuen HeraCeram cre-active 2D- und 3D-Massen zur ästhetischen Individualisierung und Finalisierung von Vollkeramik-Restaurationen. Mit dem neuen Lichthärtegerät HiLED Power ist eine schnelle und homogene Polymerisation erreichbar. Pala Mill & Cast ermöglicht digitale Totalprothetik ohne Klebeaufwand und spart somit Zeit im Labor. Und mit dem 3D-Drucker cara Print Cube bieten wir einen echten Plug-and-Print-Prozess, der sich von der Slicer-Software bis zur LED-Nachhärtung erstreckt – schnell, reproduzierbar und sofort einsatzbereit.

Was all diese Lösungen vereint? Weniger Komplexität, mehr Vorhersehbarkeit und ein klarer wirtschaftlicher Hebel für unsere Kunden. Und wir sind noch lange nicht am Ziel. Für 2025 und das kommende Jahr planen wir weitere Produkteinführungen – selbstverständlich in enger Zusammenarbeit mit Zahnärzt:innen, Techniker:innen und Meinungsbildnern. Denn eine Innovation verdient ihren Namen nur, wenn sie in der Praxis jeden Tag einen Unterschied macht.

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