Wissenschaft und Forschung 28.07.2015
Säbelzahnfrösche – Ein Leben in der Spritzwasserzone
Innerhalb der einzigen für West Afrika endemischen Wirbeltierfamilie, den Säbelzahnfröschen, war bislang eine einzige Art bekannt. Morphologische und molekulare Untersuchungen lieferten aber entscheidende die Hinweise, die zur Beschreibung gleich vier neuer Arten führten. Wegen ihrer kleinräumigen Verbreitung und enge Bindung an Fließgewässer in Regenwäldern sind Säbelzahnfrösche durch die fortschreitende Lebensraumzerstörung vom Aussterben bedroht und Maßnahmen zu ihrem Schutz dringend erforderlich. Die entsprechende Publikation ist in der vom Museum für Naturkunde Berlin veröffentlichten Zeitschrift Zoosystematics and Evolution für jedermann frei zugänglich.
Erst vergangenes Jahr wurde der einzige Vertreter der
Säbelzahnfrösche Odontobatrachus natator, mehr als ein Jahrhundert nach
seiner Beschreibung, als eigenständige Wirbeltierfamilie erkannt.
Westafrikanische Säbelzahnfrösche kommen endemisch (ausschließlich) in
den oberguineischen Regenwäldern Westafrikas vor und unterscheiden sich
durch außergewöhnliche Merkmale, wie die namensgebenden zahnartigen
Fortsätze im Unterkiefer sowie gebogene Zähnchen im Oberkiefer der
ausgewachsenen Frösche oder ein Saugmaul bei Kaulquappen, von den
übrigen Familien der Frösche. Demgegenüber steht eine ausgesprochene
Ähnlichkeit aller Populationen innerhalb der Stromlinienfrösche, die
dazu führte, dass seit der Beschreibung im Jahre 1905 nur eine einzige
Art, Odontobatrachus natator, in den Wäldern Westafrikas vermutet wurde.
Die zuletzt aufgedeckte unerwartet hohe genetische Variation und
ergänzende biogeographische Erkenntnisse ließen jedoch eine höhere
Vielfalt in der als monospezifisch (eine Art führenden) geltenden Frosch
Familie vermuten. Diese Ergebnisse in Verknüpfung mit zuvor verkannten
geringen morphologischen Unterschieden ermöglichten schließlich Dr.
Barej vom Museum für Naturkunde Berlin und internationalen Kollegen die
Beschreibung gleich vier neuer Arten.
Die unerwartete Erhöhung der Artenzahl innerhalb dieser einzigartigen
Wirbeltierfamilie und damit einhergehende Verbreitungsmuster ermöglichen
es auch Forschern anderer Gruppen gezielter nach kryptischen Arten in
den Wäldern des oberguineischen Diversitäts-Hotspots zu suchen.
Die Autoren machen jedoch klar, dass eine Artbeschreibung nur der erste
Schritt sein kann und eine wichtige Grundlage für Untersuchungen der
Ökologie und des Verhaltens bieten. Vereinfacht gesagt: eine Art zu
benennen heißt nicht sie zu kennen und verstehen. Entsprechend der Roten
Liste müssen künftig alle Arten der Säbelzahnfrösche als „stark
gefährdet“ eingestuft werden und zeugen somit von der Verwundbarkeit des
oberguineischen Diversitäts-Hotspots. Die Frösche kommen ausschließlich
in den verbliebenen Regenwaldfragmenten entlang schnellfließender
Gewässer mit Stromschnellen und Wasserfällen vor. Daher verweisen die
Wissenschaftler darauf, dass westafrikanische Säbelzahnfrösche durch den
fortschreitenden Lebensraumverlust im oberguineischen
Diversitäts-Hotspot vom Aussterben bedroht sind und das, obwohl die
tatsächliche Artenvielfalt dieser Region noch längst nicht verstanden
ist. Die entsprechende Publikation ist in der vom Museum für Naturkunde
Berlin veröffentlichten Zeitschrift Zoosystematics and Evolution frei
zugänglich.
Originalpublikation:
Michael F. Barej, Andreas Schmitz, Johannes Penner, Joseph Doumbia,
Laura Sandberger-Loua, Mareike Hirschfeld, Christian Brede, Mike
Emmrich, N’Goran Germain Kouamé, Annika Hillers,7, Nono L. Gonwouo,
Joachim Nopper, Patrick Joël Adeba, Mohamed A. Bangoura, Ceri Gage, Gail
Anderson, Mark-Oliver Rödel (2015): Life in the spray zone – overlooked
diversity in West African torrent-frogs (Anura, Odontobatrachidae,
Odontobatrachus). Zoosyst. Evol. 91 (2): 115–149. DOI
10.3897/zse.91.5127
Quelle: Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung