Abrechnung 05.07.2016
Korrekte Nutzung des Gebührenrahmens beim digitalen Röntgen
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Wer kennt nicht die Bescheide der Beihilfe, in denen die Begründung „Digitales Röntgen“ des Zahnarztes pauschal als „nicht abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle“ und/oder „nicht patientenbezogen“ verworfen wird. Die zahnärztliche Leistung bei der Erstellung eines digitalen Röntgenbildes hat sich prinzipiell nicht verändert, außer dass anstelle des Röntgenfilms Speicherfolien oder CCD-Sensoren verwendet werden. Der deutlich erhöhte Mehraufwand entsteht in der Regel nach der Aufnahme aufgrund der verschiedenen Möglichkeiten der digitalen Nachbearbeitung und der damit einhergehenden wesentlich umfangreicheren Diagnostik.
Der eigentlich in der GOÄ vorgesehene Ausgleich des beträchtlich höheren Aufwands in Form des Zuschlags GOÄ-Nr. 5298 für die Anwendung digitaler Radiografie ist bei den Gebührennummern Ä5000, Ä5002 und Ä5004 ausgeschlossen. Auch eine Höchstsatzüberschreitung bei Röntgenleistungen ist nach § 2 Abs. 3 GOÄ generell nicht möglich. So verbleibt dem Zahnarzt nur die Ausschöpfung des Gebührenrahmens, der bei den Röntgenleistungen auf maximal 2,5 begrenzt ist.
Zur korrekten Begründung der Faktorsteigerung
Gemäß Paragraf 5 Absatz 2 GOÄ sind innerhalb des Gebührenrahmens die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwands der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen.Paragraf 5 Absatz 2 GOÄ schließt explizit aus, dass Leistungen nach Abschnitt O – Strahlendiagnostik – im Falle einer Steigerung über dem 1,8-fachen mit der Schwierigkeit des Krankheitsfalls begründet werden kann.
Eine verfahrenstechnische Begründung wie beispielsweise „Besonderer Umstand durch Leistungserbringung mit digitaler Radiografie“ entspricht dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 GOÄ. Aber ungeachtet dessen ist es grundsätzlich problematisch, technische Weiterentwicklungen an Geräten als alleinige Begründung für einen höheren Steigerungssatz zu verwenden, da das digitale Röntgen selbst weder eine besondere Schwierigkeit darstellt, noch zeitaufwendiger als konventionell analoges Röntgen ist – auch wenn dies aus betriebswirtschaftlicher Sicht geboten wäre, da ja digitale Röntgengeräte höhere Investitionskosten mit sich bringen.
So weist das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart mit Urteil vom 25.10.2013 (Az.: 12 K 4261/12) darauf hin, dass die Begründungen „digitales Röntgen“ „geringere Strahlenbelastung“ oder „Umweltschonung“ durch digitale Bildgebung aus der Sicht des Gerichtes keine ausreichende Begründung darstellten, da diese nicht in der Person des Klägers begründet seien und nur allgemein eine bestimmte Art der Behandlung beschreibe.
Insofern bietet es sich im konkreten Fall an, die gesteigerte Höhe der Gebühren beim digitalen Röntgen mit den tatsächlich vorhandenen anatomischen, leistungs- und patientenbezogenen Besonderheiten und Schwierigkeiten (zusätzlich) zu begründen.
Beispiele zur Begründung erhöhter Steigerungssätze
- Erhöhte Schwierigkeit und Zeitaufwand aufgrund erschwerter Positionierung des Sensors bei digitaler Abbildung wegen erheblichen Platzmangels durch hochliegenden Mundboden/flachen Gaumen/hohen Tonus der Mundboden- oder Wangenmuskulatur/erhöhten Würgereiz.
- Überdurchschnittlich hoher Zeitaufwand und besondere Umstände bei der Leistungserbringung mittels digitaler Röntgentechnik aufgrund umfangreicher/schwieriger Auswertung mehrerer Schichtebenen mit umfangreicher patientenbezogener Datenauswertung/ -messung
- Erhöhter Zeitaufwand bei digitaler Nachbearbeitung (spezifische Röntgenfilter, plastische Darstellung, Kontrast und Helligkeitsveränderungen, Detailvergrößerungen, Farbdarstellungen etc.) zur erweiterten Diagnostik
- Erhöhte Schwierigkeit aufgrund schwieriger Einstellung des Patienten im digitalen Orthopantomografen wegen Platzangst/Adipositas / Wirbelsäulenerkrankungen/Röntgenphobie / reduziertem Allgemeinzustand etc.
- Erhöhter Zeitaufwand durch intensive Erläuterung des Röntgenbefundes bzw. -diagnose
Hinweis
Eine Erstattungsgarantie für den Patienten gibt es allerdings trotz korrekter Anwendung der Gebührenordnung nicht.
Diese Ausführungen basieren auf dem GOZ-Kommentar von Liebold/Raff/Wissing.