Finanzen 09.02.2015
Freiberufliche Tätigkeit selbstständiger Ärzte
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In einem am 7.1.2015 veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofes (Az. VIII R 41/12), welches dieser bereits am 16.7.2014 erlassen hat, stellt das oberste deutsche Finanzgericht noch einmal klar, welche Grundlagen sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung gelten, damit die ärztliche Berufsausübung aus steuerlicher Sicht als freiberufliche Tätigkeit gem. §18 Einkommensteuergesetz qualifiziert werden kann.
In unserem „Steuer-Tipp“ in der ZWP 5/2014 hatten wir über ein Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf berichtet, wonach dieses von einer gewerblichen Tätigkeit einer Berufsausübungsgemeinschaft ausgegangen war, weil eine Mitgesellschafterin der Ärztegesellschaft nur eine sogenannte „Schein-Gesellschafterin“ war und ansonsten ihre Patienten eigenverantwortlich und ohne die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung der Hauptgesellschafter behandelt hatte. Im oben genannten Urteil des BFH stellt dieser klar, dass eine freiberufliche Tätigkeit einer Gemeinschaftspraxis von Anästhesie-Ärzten gegeben sein kann, auch wenn die eigentliche Anästhesie im weiteren Behandlungsverlauf von einer nicht an der Gemeinschaftspraxis beteiligten angestellten Ärztin durchgeführt wird. Das Finanzamt sah die Tätigkeit der Ärztegemeinschaft wegen der Beschäftigung der angestellten Ärztin nicht als freiberufliche Tätigkeit der Gesellschafter an und ging deshalb von einer gewerblichen Tätigkeit aus.
In konsequenter Fortsetzung seiner bisherigen Rechtsprechung, z.B. Urteil vom 22.1.2004, Az. IV R 51/01, stellt der BFH klar, dass die Mithilfe qualifizierten Personals für die Freiberuflichkeit des Arztes unschädlich ist, wenn dieser bei der Erledigung der einzelnen Aufträge aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Dies bedeutet, dass der freiberuflich tätige Arzt eine höchstpersönliche, individuelle Arbeitsleistung am Patienten schuldet und deshalb einen wesentlichen Teil der Dienstleistung selbst übernehmen muss. Allerdings reicht es dafür aus, dass der oder die Praxisinhaber aufgrund ihrer Fachkenntnis durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich auf die Tätigkeit ihres angestellten Fachpersonals – patientenbezogen – Einfluss nehmen, sodass die Leitung den „Stempel der Persönlichkeit“ des Steuerpflichtigen trägt. Diese Voraussetzungen sind jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen. In dem, dem Urteil vom 16.7.2014 zugrunde liegenden Sachverhalt stellte das Finanzgericht in der Vorinstanz fest, dass die oben genannten Punkte dadurch erfüllt waren, dass die Praxisinhaber ausschließlich selbst die jeweiligen Voruntersuchungen durchgeführt und danach die Behandlungsmethode höchstpersönlich festgelegt haben.
Außerdem stellte das Finanzgericht fest, dass die Praxisinhaber „problematische Fälle“ selbst behandelt haben. Die Finanzverwaltung wurde durch den BFH mit der im Urteil ausdrücklich enthaltenen Feststellung insoweit reglementiert, dass es die Anforderungen der Regelungen gem. §18 Einkommensteuergesetz zur Anerkennung einer freiberuflichen Tätigkeit überdehnt, wenn es die unmittelbare Ausführung der Anästhesietätigkeit durch die Gesellschafter als unverzichtbare Voraussetzung für die Freiberuflichkeit verlangt. Damit würde faktisch der Einsatz fachlich vorgebildeten Personals im Bereich der Heilberufe ausgeschlossen, was der Gesetzgeber aber gerade nicht gewollt hat.
Das Finanzamt hat mit der Veröffentlichung des Urteils diese Argumentation des BFH nunmehr bestätigt. Wie oben erläutert, stellt aber auch der BFH klar, dass es auf die Würdigung des jeweiligen Einzelfalls ankommt. So wurde in einem anderen Fall, bei dem ein selbstständiger Krankengymnast mit vier bis fünf angestellten Mitarbeitern und zusätzlich mit drei bis vier Honorarkräften arbeitete, durch den 3. Senat des Finanzgerichts Hamburg entschieden (Az. 3 K 80/13 vom 10.9.2013), dass nebeneinander eine gewerbliche (als Praxisinhaber) und eine freiberufliche Tätigkeit (als selbst Behandelnder) möglich ist. Diese Tätigkeiten seien nach Ansicht des Hamburger Finanzgerichts dann auch steuerlich getrennt zu behandeln, wenn eine Trennung anhand konkreter Maßstäbe oder einer plausiblen Schätzung möglich ist. In dem entschiedenen Fall kam der 3. Senat unter Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass in den Streitjahren jeweils ein freiberuflicher Anteil von 25 Prozent des Gesamtgewinns als am wahrscheinlichsten anzunehmen sei. Das Urteil ist wegen der Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde durch das Finanzamt (BFH – Az. VIII B 126/13) zwischenzeitlich rechtskräftig.