Marketing 14.06.2021

Corporate Identity: Wie tickt das Herz Ihres Unternehmens?



Corporate Identity: Wie tickt das Herz Ihres Unternehmens?

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Was im Großen funktioniert, wird im Kleinen noch wichtiger: Denn insbesondere in einer Zahnarztpraxis ist die Persönlichkeit des Inhabers tatsächlich wesentlich spürbarer als in anderen Unternehmen.

Patienten entscheiden sich heute selektiv für einen Behandler oder eine Praxis. Insbesondere in den Ballungszentren, in denen die Zahnarztdichte überproportional hoch ist, wird die aussagekräftige Praxisaußendarstellung deshalb zu einem wichtigen Baustein für den wirtschaftlichen Erfolg. Praxen und Kli­niken können nicht mehr ohne Berücksichtigung ­betriebswirtschaftlicher Aspekte erfolgreich geführt werden. Die wirtschaftliche Realität holt früher oder später jede Praxis ein. Im folgenden Tipp erfahren Sie, warum es deshalb auch für Zahnarztpraxen wichtig ist, eine Unternehmensidentität zu definieren und diese stringent zu leben.

Corporate Identity – die Basis für Erfolg

Die Corporate Identity – oder auch kurz CI genannt – beschreibt die Gesamtheit aller Merkmale, also die Charakteristika, die eine Praxis auszeichnet und ­von anderen unterscheidet. Häufig wird der Begriff fälschlicherweise mit dem Corporate Design (CD) – dem optischen Erscheinungsbild – verwechselt bzw. synonym verwendet.

Das Konzept der Corporate Identity beruht auf der Annahme, dass Unternehmen wie beispielsweise Zahnarztpraxen eine quasi „menschliche Persönlichkeit“ zugesprochen wird. Was im Großen funktio­niert, wird im Kleinen noch wichtiger: Denn insbe­sondere ­in einer Zahnarztpraxis ist die Persönlichkeit des Inhabers tatsächlich wesentlich spürbarer als in anderen Unternehmen. Deshalb können persönliche Präferenzen das Praxiskonzept entscheidend beeinflussen (siehe Praxisbeispiel).

Die Aufgabe der Unternehmenskommunikation ist es, exakt diese individuelle Charakteristik nach außen für Patienten stringent und stabil wahrnehmbar darzustellen und eine spezielle Patientenklientel anzusprechen. Die Corporate Identity ist ein nach innen und außen gleichermaßen definiertes Selbstverständnis. Ihr ist das individuelle Wertesystem des Unternehmens vorgelagert, auf der sich auch die Unternehmenskultur gründet. Die Kultur eines Unternehmens wirkt sich auf alle Bereiche des Managements aus – u. a. auch Leadership, Partnerschaften, Kommunikation und Verhalten gegenüber Mitarbeitern, Patienten und anderen Stakeholdern, wie z. B. Überweisern, Krankenkassen und der Industrie (Corporate Behavior). Jede Aktivität einer Organisation ist auf Basis ihrer Kultur entstanden und somit kulturell beeinflusst. Das Selbstverständnis der Organisationskultur gibt sowohl den Führungspersonen als auch den An­gestellten Orientierung, vereinfacht den Praxisalltag und erlaubt, Unternehmensziele besser verwirklichen zu können. Diese Signalwirkung lässt Außenstehende die Organisation besser verstehen.

Strategische Praxiskonzepte – Erfolg ist planbar

Auf Basis der Corporate Identity kann die strategische Positionierung einer Praxis erfolgen. Häufig wird dieser zukunftsweisende Prozess unterschätzt; zeitaufwendige und teure Anpassungen oder Strategiewechsel können dann später die Folge sein. Jede Praxis tut also gut daran, vor dem Start der Unter­nehmung in die strategische Planung zeitlich zu investieren. Eine wichtige Fragestellung ist, welche Faktoren ins Feld geführt werden können, um sich gezielt im Marktumfeld zu positionieren und zu differenzieren. Selbst wenn die Praxis schon lange besteht, lohnt in kontinuierlichen Abständen ein kri­tischer Blick auf das eigene Unternehmen. Die fach­liche Qualifikation, eine Vergrößerung des Behandlungsportfolios, ein sich veränderndes Marktumfeld, der Wunsch nach Erschließung einer neuen Patientenklientel oder auch die Vorbereitung auf die Pra­xisabgabe können u. a. Gründe sein, die die Außendarstellung beeinflussen.

Eine strategische Positionierung skizziert die Stellung einer Praxis im Markt. Bei der Positionierung gilt es, die Ausrichtung der Praxis in kreativen Ansätzen vo­rausschauend und nachhaltig zu planen. Essenziell ist deshalb vor allem die ehrliche Betrachtung der persönlichen Präferenzen, kombiniert mit den fachlichen Kompetenzen sowie den Chancen, die das kompetitive Umfeld bietet. Das Ziel der Positionierung ist, den Unternehmenserfolg langfristig planbar zu gestalten. In diesem Sinne entspricht die Positionierung dem Sollbild, das die Praxis von sich in den Köpfen von potenziellen Interessenten verankern will. Das Fremdbild von einem Unternehmen nennt man Corporate Image.

Langfristigkeit und Nachhaltigkeit im Fokus

Für Praxen ergeben sich diverse Positionierungsmöglichkeiten; die häufigste erfolgt über die Person des Arztes. Aufgrund des Trends zu Spezialisierungen ­positionieren sich immer mehr Praxen über einen ­Tätigkeitsschwerpunkt. Ebenso ist eine Zielgruppen- oder eine Preispositionierung möglich. Es können Marktnischen bedient, der Service fokussiert oder ­Innovationen ins Zentrum der Praxis gestellt werden. Ebenso ist eine Positionierung mit Fokus auf den ­Service denkbar. Service kann über besondere Dienstleistungen, aber auch über das Thema Quali­tät gespielt werden. Während Dienstleistungen rasch erkennbar sind, gilt es, die häufig ins Feld geführte Qualität zu „beweisen“. Den Qualitätsgedanken können z. B. Garantien auf die gesamte Versorgungs­therapie, die Verwendung von Medizinprodukten renommierter Hersteller oder die belastbare Aussage „made in Germany“ effektiv untermauern. In den meisten ­Fällen wird – bewusst oder unbewusst – eine Kombination dieser Positionierungsmöglichkeiten gewählt.

Beispiel Zielgruppenpositionierung

Im Beispiel grenzt die Praxisinhaberin vor der Pra­xispositionierung zunächst die potenzielle Zielgruppe ihrer Praxis ein: Ihre Wunschpatienten sind eine gut situierte Klientel, vorrangig internationale Businesskunden, mit dem Wunsch nach hochwertigen Ver­sorgungen.

Für die Praxisinhaberin ist privat ein hoher Lebensstil wichtig, und diesen möchte sie auch in ihrer Praxis leben. Die Praxis soll Ausdruck ihrer Persönlichkeit werden. Im Gegensatz zu den meisten zahnärztlichen Kollegen spitzt sie ihre Patientenzielgruppe deshalb stark zu: Aus demografischer Sicht spielen Einkommen, Alter und Beruf eine Rolle; entscheidend sind auch psychografische Aspekte wie Zielgruppentypologie und Lifestyle.

Erst über diese Segmentierung fällt ihre Entschei­-dung zum Praxisstandort. Die Praxisneugründerin wählt eine Kombination aus Innovations-, Zielgruppen- und Servicepositionierung: Die Praxis wird eine Innovationspraxis – zugeschnitten auf diese spezielle homogene Zielgruppe, unter Berücksichtigung eines hohen Servicelevels. Von außen ist die Praxis als hochmoderne Lifestylepraxis wahrnehmbar. Differenzierung durch technischen Vorsprung ist die Maxime. Inno­vationen stehen in der Wirkung auf Patienten ­
für eine State of the Art-Zahnmedizin mit High-­End-­Versorgung. Der Kommunikationsauftritt folgt kon­gruent dem Praxiskonzept: Von der medialen Präsen­tation bis zum Praxisbesuch – alle Bemühungen rich­ten sich konsequent darauf aus, dem Anspruch der bewusst gewählten Positionierung gerecht zu werden. Der Zusatznutzen, der den Patienten vermittelt wird, ist Hochwertigkeit, Exklusivität und Modernität.Die anvisierte Patientenklientel hat eine hohe Erwartungshaltung. Um diese Erwartungshaltung zu be­friedigen und eine kundenorientierte Ausrichtung der Dienstleistungsprozesse zu gewährleisten sowie ein gehobenes Ambiente zu vermitteln, entwickelte die Praxisinhaberin ein außergewöhnliches Dienstleistungskonzept. Das Ziel hierbei ist, eine möglichst ­entspannte und angenehme Atmosphäre für alle ­Be­teiligten zu schaffen. Die Folge dieser Vorgehensweise ist eine hohe emotionale Patientenbindung, die eine stärkere Loyalität und Verbundenheit und letztendlich eine höhere Zahlungsbereitschaft bedeuten. Sogar das Behandlungsspektrum richtet sich nach den Bedürfnissen dieser anvisierten Patienten aus: High-End-Zahnmedizin, Ästhetische Zahnheilkunde, Kaufunktionsstörungen, Bruxismus, Bisshebungen. Diese zielgruppenpositionierte Praxis wird aufgrund der starken Bindung voraussichtlich kaum Preis­gespräche führen. Deshalb verwundert es nicht, dass die Praxis trotz niedriger Patientenfrequenz einen, mit größeren Praxiseinheiten, vergleichbaren Umsatz aufweisen kann. Fazit: Diese ungewöhnliche und auch polarisierende Form dieser Positionierung hat zum ­erwünschten Ergebnis in Bezug auf die anvisierte ­Patientenklientel, die Arbeitsform und letztendlich den angestrebten Geschäftszielen geführt: Die Positionierung als Innovationspraxis sorgt effektiv für die Ge­winnung von Neupatienten. Die spezielle Kombination aus Zielgruppen- und Servicepositionierung bindet die Patienten danach dauerhaft an die Praxis.

Analyse, Expertise und Fingerspitzengefühl

Der Ausgangspunkt der Corporate Identity ist in der Zahnmedizin meist die Gründerin oder der Gründer selbst. Dies erklärt auch, warum gut geführte Pra­xen bei Verkauf oder Übernahme häufig ihre Iden­-
tität verlieren, wenn der Gründer ausscheidet. Wenn dadurch die Charakteristik, für die sich ein kritischer ­Patient entschieden hat, nicht mehr erlebbar ist, kann je nach Zahnarztdichte der Wechsel von Stamm­patienten schnell vorprogrammiert sein.

Mediziner sollten deshalb vor der Gründung oder Übernahme die Marktverhältnisse anhand einer Standortanalyse genau prüfen; ebenso wie das Marktverhalten der angestrebten Patientenklientel. Mindestens genauso wichtig ist heute jedoch auch eine Analyse der eigenen Persönlichkeit, um ein ­langfristig funktionierendes Praxiskonzept zu konzipieren. Bei allen eingesetzten Analysen entscheidet letztendlich die Qualität der Tools und ebenso die Qualität der Beratung über die Nachhaltigkeit des ­Praxiskonzepts.

Der Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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