Praxismanagement 02.05.2022
10-15% mehr Umsatz dank effizientem Praxismanagement
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Unternehmerisches Denken und Handeln wird laut Joachim Brandes, langjähriger und erfahrener Praxiscoach und bundesweiter Referent für zahnärztliche Kammern und Institutionen, zunehmend zum Überlebens- und Erfolgsfaktor.
In diesem Gastbeitrag erklärt er, wie das mit den effizienten Prozessen und mit Hilfe des Pareto-Prinzips gelingen kann.
Wirtschaftliche Arbeitsabläufe
Wenn ich als Praxiscoach zum ersten Mal mit einer Praxis zusammenarbeite und am Anfang erfrage, wie die Prozesse derzeit laufen (Ist-Analyse) , finde ich häufig ein bestimmtes Szenario vor: Vieles in der Praxis läuft mit der Zeit routinemäßig ab, wie in einem Hamsterrad – dadurch entsteht eine gewisse Betriebsblindheit. Es wird zu selten hinterfragt, ob die aktuellen Vorgehensweisen effizient und ob die Arbeitsabläufe, besonders auf den wirtschaftlichen Output bezogen, optimiert sind. Meist haben die Beteiligten das Gefühl, „keine Zeit” zur Analyse oder gar Optimierung zu haben. Nicht anhalten, sondern weiterlaufen ist die Devise – denn irgendwie funktioniert es ja immer.
Nicht „sinnvoll” nutzen, sollte man an dieser Stelle noch ergänzen. Um dies tun zu können, empfehle ich im ersten Schritt etwas ebenso Banales wie Effektives: Häufige Zeitdiebe und Zeitfallen analysieren und auflisten.
Die häufigsten Zeitdiebe und Zeitfallen Eine Praxis hat täglich ca. 8 bis 10 Stunden Praxiszeit. Mein Ziel als Coach ist es, dass diese zu einem sehr hohen Prozentsatz mit wirtschaftlich sinnvollen Aufgaben, Verhaltensweisen und Abläufen genutzt wird. Folgende Probleme begegnen mir am häufigsten:
Ein Wort zur unzureichenden Tagesplanung: In jeder Praxis frage ich, wer morgens eine kurze Teamsitzung abhält – so 5 bis 10 Minuten sollte sich das gesamte Team auf den Tag einstellen. Tatsächlich machen das die Wenigsten, daher kann ich nur jede Praxis ermuntern: Führen Sie diese Sitzungen ein! Sie werden direkt merken, wie viel weniger Zeit Sie am Tag mit Zwischenfragen und schlechter Organisation verbringen. Die Erfahrung zeigt, dass man durch dieses kurze Treffen sehr gut Abläufe und sogar Tagesziele definieren kann. Außerdem ist so ein gemeinsamer „Check-in” eine sinnvolle Möglichkeit, als Team weiter zusammenzuwachsen.
Show bedeutet in diesem Zusammenhang: absolute Patientenorientierung mit professioneller Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft (Patient:innen sind unsere „Kund:innen“), ohne sie irgendeinen Stress spüren zu lassen.
Das Pareto-Prinzip in der Zahnarztpraxis
Das Pareto-Prinzip sollte bezüglich Zeitmanagement von erheblicher Bedeutung sein. Es in der Zahnarztpraxis für das Praxismanagement einzusetzen, kann zu einer realistischen Umsatzsteigerung von bis zu 15 % pro Jahr führen. In Kurzform besagt das Pareto-Prinzip Folgendes: Stolze 80 % der Ergebnisse erreichen wir mit nur 20 % unserer Zeit. Für die letzten 20 % Ergebnis wenden wir jedoch 80 % unserer Zeit auf. Gehen wir also von einem zehnstündigen Arbeitstag aus, sorgen davon zwei (!) Stunden für satte 80 % Outcome. Erstaunlich, aber wahr!
Anders ausgedrückt: 20 % der täglichen Aufgaben bringen 80 % des Erfolges. 80 % der täglichen Aufgaben bringen 20 % des Erfolges.
Was sollte man also tun? Der erste Schritt ist, individuelle Zeitfallen zu analysieren und zu minimieren. Zudem ist es wichtig zu lernen, Prioritäten zu setzen. Dabei kann eine Prioritätenliste helfen, für die man die Aufgaben je nach Dringlichkeit und Wichtigkeit in A, B, C und D aufteilt.
Priorisieren lernen
Ein Beispiel für eine A-Aufgabe, das mir oft begegnet: die Ärztin erklärt dem Patienten die Möglichkeiten zur Behandlung bzw. Verbesserung der Zahngesundheit. Der Patient sagt, er könnte die Entscheidung jetzt noch nicht treffen. Was passiert anschließend in der Praxis? Leider viel zu oft nichts! Besser geht es so: Im QM sollte ganz genau festgelegt werden, wie der weitere Prozess dieser alltäglichen Situation aussieht: Wann kontaktiert wer diesen Patienten wieder (mit Fingerspitzengefühl und professioneller Kommunikation, damit es nicht aufdringlich wirkt)?
Es ist wenig Aufwand, hat aber ggf. einen großen Outcome. Dieses Potenzial wird in vielen Praxen noch nicht genutzt, weil sie nicht selbst aktiv werden, sondern auf den Patienten warten – der meldet sich aber sehr oft nicht wieder. Oft fallen dem einen oder anderen Prozesse auf, die sinnvoller Weise einmal überprüft werden müssten, im Alltagstrubel geht die Idee dann jedoch wieder unter.
Mein Tipp: Schreiben Sie alles, was Sie im Alltag stört oder was Sie schon lange verändern wollten, in eine Excel-Liste! Hat man es einmal aufgeschrieben, geht es nicht mehr verloren. Wichtig ist aber, dass man sich ein Zeitfenster setzt, bis wann man die Aufgabe erledigt haben möchte. Mit allem, was man umsetzen möchte, sollte man innerhalb von 72 Stunden beginnen. Erfahrungsgemäß werden über 90 % aller Vorhaben niemals umgesetzt, wenn man diesen time slot nicht einhält.
Erfolgreiche interne & externe Kommunikation
Was sich meiner Erfahrung nach sehr bewährt, sind „Auftakt-Team-Meetings” zu Beginn des Jahres. Hier wird folgendes besprochen:
- Was sind unsere Ziele fürs Jahr? Beispiel: Sie haben eine PZR-Auslastung von 85 % im vergangenen Jahr und möchten diese nun auf 90 % steigern.
- Wie erreichen wir diese Ziele? Überlegen Sie zusammen, was Sie benötigen, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Mehr qualifizierte Mitarbeiter:innen? Besseres Recall-System? Patientenaufklärung? Eine optimierte Webseite und Marketing, um neue Patient:innen zu finden? Sind Aufgaben und Prozesse klar?
Dieses Meeting kann auch sehr gut außerhalb der Praxis stattfinden, um einerseits den Kopf freizubekommen und andererseits auch das Team zu stärken. So kann man z. B. ein Wochenende im Januar gemeinsam wegfahren; tagsüber wird gearbeitet, abends steht Wellness auf dem Plan.
Und im Alltag?
Um im Alltag zu entscheiden, welche Aufgaben wie wichtig und dringend sind, ist die interne Kommunikation ebenfalls unabdingbar. Dazu zählen morgendliche Briefings, ein jährliches Gespräch unter vier Augen mit der Praxisleitung (in dem auch persönliche Themen einen Platz finden sollten) sowie die regelmäßige Team-Sitzung. Diese Gespräche dürfen nicht ausfallen; sie beispielsweise für Patientenbehandlungen zu opfern, ist keine gute Idee. Fehlende Absprachen und Unklarheiten rächen sich im Alltag.
Und auch die externe Kommunikation hat einen riesigen Einfluss darauf, wie es in der Praxis läuft. Fragen, die man sich hier stellen sollte, sind folgende:
- Sind die Mitarbeiter:innen in der Lage, hochprofessionell mit Patient:innen zu sprechen?
- Können sie auch schwierige Gespräche führen (Stichwort Beschwerdemanagement)?
- Wie kann das Team bei der Weiterentwicklung unterstützt werden?
- Mein Tipp: Regelmäßige Schulungen und eine QM-Doku sparen hier viel Zeit und Nerven!
Digitale Materialverwaltung
Wer seine Praxis wirklich effizient managen, Prozesse verschlanken und modernisieren möchte, kommt an der digitalen Materialbeschaffung und Lagerverwaltung nicht herum. Wawibox ist ganz klar ein Muss!
Aus meiner Erfahrung haben Praxen meist folgende Probleme:
- es wird zu viel bestellt,
- das Material wurde nicht rechtzeitig bestellt
- Material verfällt,
- das FIFO-Prinzip wird nicht angewendet
All diese Fehler schaden der Wirtschaftlichkeit einer Praxis; mit Wawibox ist man dank Verbrauchsstatistiken und Bestandswarnungen hingegen auf der sicheren Seite.
Übrigens: Auch die Dokumentation und Leistungsabrechnung sind fehleranfällig. Praxen tun gut daran, 5 Minuten in die Behandlungszeit für eine saubere Dokumentation einzuplanen.
Direkt ins nächste Zimmer zu hetzen, ist in vielen Praxen Alltag – und das ist ein großer Fehler, denn durch falsches oder unzuverlässiges Dokumentieren gehen Praxen jährlich bis zu 15 % Umsatz verloren!