Recht 23.02.2016

Praxismietvertrag: Sicherheit durch sorgfältige Vertragsgestaltung



Praxismietvertrag: Sicherheit durch sorgfältige Vertragsgestaltung

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Verträge über die Anmietung von Praxisräumen gilt es von Ärzten mit besonderer Sorgfalt abzuschließen. Formfehler und unwirksame Klauseln können schwerwiegende Folgen haben und mitunter existenzielle Risiken nach sich ziehen. Darauf sollte deshalb bei Neuabschluss und Änderung von Mietverträgen unbedingt geachtet werden.

I. Der Vertragsabschluss

Bei mehreren gemeinschaftlich tätigen Zahnärzten stellt sich die Frage, wer den Mietvertrag unterzeichnet. Aus Sicht jedes einzelnen Zahnarztes innerhalb z.B. einer Berufsausübungs-gemeinschaft (BAG) ist außerordentlich wichtig, darauf zu achten, dass der Mietvertrag nicht im Namen eines Mitgesellschafters, sondern im Namen der BAG, also der Gesellschaft Bürgerlichen Rechts, abgeschlossen wird. Wird dies nicht beachtet, so findet sich der Zahnarzt in der unliebsamen Rolle des Untermieters einer seiner Mitstreiter wieder.

Der Mieter sollte, gewissermaßen als Notausgang, den Mietvertrag unter die auflösende Bedingung stellen, dass er – wider Erwarten – keine Kassenzulassung oder keine Finanzierung erhält oder gar vor Beginn des Mietverhältnisses berufsunfähig wird. Tritt einer dieser Fälle ein, gilt der Mietvertrag als nicht abgeschlossen, der Mieter ist von allen Pflichten befreit.

II. Eignung und Nutzung der Mieträume

Zahnarztpraxen erfordern, anders als reguläre Büroräume, oft einen hohen technischen Aufwand, z.B. Strahlenabsicherung (Röntgengeräte), Installation von Entsorgungsgeräten (Amalgamabscheider usw.), schweren Apparaturen und Starkstromanschlüssen. Die Mieträume müssen dazu geeignet sein. Hierfür muss der Vermieter ausdrücklich vertraglich einstehen. Der Mieter sollte darauf achten, dass neben der ge nauen Bezeichnung der Heiltätigkeit auch etwaige Nebengeschäfte erfasst werden, wie z.B. Labortätigkeit, Verkauf von Heil- und Hilfsmitteln (Beispiel: Zahnpflegeprodukte in Zahnarztpraxis).

III. Zweckentfremdung von Wohnraum?

Seit 1. Mai 2014 ist es in Berlin verboten, Wohnräume zu anderen als Wohnzwecken zu nutzen. Im Grundsatz darf also eine Wohnung nicht ohne Weiteres als Zahnarztpraxis genutzt werden. Bei Zuwiderhandeln droht ein Bußgeld, schlimmstenfalls die Zwangsräumung. Natürlich gibt es für Praxen, die zu diesem Zeitpunkt bereits betrieben wurden, einen Bestandsschutz. Dies gilt auch für Zahnärzte, die eine bereits zum 1. Mai 2014 in Wohnräumen betriebene Praxis übernehmen und fortführen.

Zahnärzte, die heute beabsichtigen, in einer Wohnung eine Praxis zu gründen, müssen einen Antrag auf Genehmigung der gewerblichen Nutzung von Wohnraum beim zuständigen Bezirksamt stellen. Eine Ausgleichszahlung, wie etwa im Falle der Nutzung als Ferienwohnung, darf das Amt nicht verlangen. Auch in Hamburg und im Freistaat Bayern gilt ein ähnliches Zweckentfremdungsverbot. In jedem Fall sollten Zahnärzte frühzeitig Kontakt mit den zuständigen Behörden aufnehmen, um Fehlinvestitionen zu verhindern.

IV. Konkurrenzschutz

Der Mieter sollte unbedingt auf die Einräumung eines Konkurrenzschutzes bestehen, sodass der Vermieter sich verpflichtet, in dem Mietobjekt sowie in einem gewissen Umkreis keine Räume an branchengleiche Mieter zu vermieten.

V. Bauliche Veränderungen

In Zahnarztpraxen sind oft erhebliche Umbauten erforderlich. Dies kann auch – zum Beispiel bei einer Modernisierung des Praxisinventars – erst nach einigen Jahren der Fall sind. Für diesen Fall sollte sich der Mieter bereits mit dem Mietvertrag die Grundrisse sowie die ausdrückliche Zustimmung zu Umbaumaßnahmen geben lassen.

Es ist dringend zu empfehlen, dass Mieter und Vermieter eine klare Regelung hinsichtlich der Anbringung von Hinweisschildern vereinbaren (Größe, farbliche Gestaltung, Kosten der Anbringung, evtl. Kosten der Beleuchtung). Auch sollte für den Fall eines späteren Auszugs bereits geregelt werden, dass der Mieter innerhalb einer Übergangszeit ein Schild mit Verweis auf die neue Praxisanschrift anbringen darf.

VI. Vermieterpfandrecht

Der Mieter sollte darauf drängen, dass in der Rubrik Mietsicherheiten das Vermieterpfandrecht an dem Praxisinventar ausgeschlossen wird. Ausreichende Mietsicherheit kann der Zahnarzt durch Barkaution oder eine Bankbürgschaft leiten.

VII. Praxiserweiterung/Nachmieterklausel

Wichtig ist auch, dass sich der Mieter die Freiheit vorbehält, die Praxis personell zu erweitern. Der Mieter sollte sich also aus bedingen, dass er weitere Partner oder Kooperationspartner (Praxisgemeinschaft) aufnehmen darf. Insbesondere sollte er sich vorbehalten, die Praxis auch untervermieten zu dürfen. Der Mieter sollte sich das Recht vorbehalten, bei Stellen eines adäquaten Nachmieters aus dem Mietvertrag ausscheiden zu können. Für einen möglichen Übernahmeinteressenten an einer Praxis ist es sicherlich attraktiv, zu lesen, dass er zu unveränderten Konditionen in den bestehenden Praxismietvertrag einsteigen kann.

Auch für den Todesfall des einzig verbleibenden Zahnarztes sollte eine Regelung aufgenommen werden, wonach seine Erben entweder den Mietvertrag kündigen oder einen anderen Zahnarzt als Nachmieter stellen dürfen.

VIII. Sonderkündigungsrechte für den Mieter

Der Mieter sollte sich ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Fall vorbehalten, dass er nachweislich (z.B. Rentenbescheid des Versorgungswerks über Eintritt von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder Erwerbsminderung; amtsärztliches Zeugnis über den Eintritt der Berufsunfähigkeit; amtlicher Bescheid über eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 %) berufsunfähig wird.

Denkbar ist auch, dass er bei einer z.B. länger als sechs Monaten andauernden Arbeitsunfähigkeit zur Kündigung berechtigt ist. Dringend sollte auch ein Sonderkündigungsrecht vereinbart werden, für den Fall, dass dem Mieter die Zulassung von der kassenärztlichen oder kassenzahnärztlichen Vereinigung entzogen wird.

IX. Zuletzt der „Dauerbrenner“ des Gewerbemietrechts: Schriftformmängel

Gewerbemietverträge mit einer längeren Laufzeit als einem Jahr müssen zwingend in Schriftform abgeschlossen werden (§ 550 BGB). Vereinfacht gesagt bedeutet Schriftform, dass ein Mietvertrag alle wesentlichen Vertragsinhalte enthält (Person des Vermieters, Person des Mieters, Mietobjekt, Mietdauer, Miethöhe) und der Mietvertrag durch beide Parteien unterschrieben ist. Ein Mietvertrag, welcher z.B. per E-Mail geschlossen worden ist, entspricht nicht der Schriftform. Auch alle späteren Änderungen eines Mietvertrags (Nachträge) müssen immer und ausnahmslos schriftlich festgehalten werden. Falls die gesetzliche Schriftform nicht eingehalten ist, gilt der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Dies hat zur Folge, dass jede der beiden Vertragsparteien den Vertrag mit der ordentlichen Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen kann. Der Vermieter könnte also den Zahnarzt per ordentlicher Kündigung „hinauswerfen“ und die Immobilie an einen besser zahlenden Mieter vermieten.

Vorsorge:

Jegliche Änderung des Mietvertrags muss in einem schriftlichen Nachtrag fixiert werden. Mündliche Absprachen oder E-Mail-Korrespondenz genügen nicht! Ein Vermieter könnte sich also aus einem unliebsam gewordenen Mietvertrag lange vor Ablauf der Festmietzeit lösen. Für den Praxisinhaber wäre das eine Katastrophe. Andererseits ist es nicht gesagt, dass nicht auch ein Vermieter einen Mieter vor der Zeit unter Berufung auf Formmängel kündigt und dadurch Platz schafft für einen lukrativeren Mieter. In der Praxis versuchen Vermieter und Mieter dieses Risiko durch sog. Heilungsklauseln zu minimieren. Diese Klauseln haben zum Inhalt, dass beide Parteien verpflichtet sind, den Mietvertrag nicht unter Berufung auf eventuelle Formverstöße zu kündigen. Ob und inwieweit derartige Klauseln wirksam sind, ist noch nicht endgültig entschieden. Im Jahr 2014 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass eine solche Heilungsklausel unwirksam sein kann, je nachdem, wie sie formuliert ist.

Vorsorge:

Für den Fall, dass trotz aller Bemühung die Schriftform nicht gewahrt ist, ist eine sog. Heilungsklausel in den ursprünglichen Mietvertrag aufzunehmen – sie kann helfen, den Mietvertrag „am Leben zu erhalten“. Zahlreiche Heilungsklauseln aus laufenden Mietverträgen dürften aber vor dem Hintergrund der neuen Rechtsprechung unwirksam sein. Mieter sollten keinesfalls auf ältere Vertragsmuster oder Vorlagen zurückgreifen, sondern mit Blick auf die noch nicht gefestigte Rechtsprechung anwaltlichen Rat zum Thema Heilungsklauseln einholen.

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