Recht 23.06.2015

Stolperfalle für Freiberufler: Gewerbesteuer für Zahnärzte



Stolperfalle für Freiberufler: Gewerbesteuer für Zahnärzte

Foto: © Syda Productions – Fotolia

Neues vom Bundesfinanzhof zur Freiberuflichkeit von Ärzten

Freiberufliche Einkünfte unterscheiden sich steuerlich von den gewerblichen Einkünften vor allen Dingen dadurch, dass die persönliche Arbeitsleistung im Vordergrund steht und der Berufsträger dabei leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Ist das Finanzamt z.B. anlässlich einer steuerlichen Betriebsprüfung der Auffassung, dass es hieran mangelt, droht auch einem an sich typischen Freiberufler wie dem Zahnarzt die Einstufung als Gewerbebetrieb und folglich die Belastung mit Gewerbesteuer.

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) bereits mehrfach entschieden hat, wird das Problem der Eigenverantwortlichkeit insbesondere dann akut, wenn fachlich vorgebildete Arbeitskräfte eingesetzt werden, denn gerade das Berufsbild eines Arztes oder Zahnarztes ist durch die höchstpersönliche und individuelle Arbeitsleistung am Patienten geprägt. Insoweit können aus Sicht der Finanzverwaltung Zweifel an der Eigenverantwortlichkeit aufkommen, wenn in einer Zahnarztpraxis angestellte Zahnärzte beschäftigt werden. Verschärft wird das Problem in der Gemeinschaftspraxis, denn wegen der für Personengesellschaften geltenden sog. „Abfärbetheorie“ droht für die gesamten Praxiseinkünfte die Gewerbesteuer, wenn auch nur ein kleiner Teil der Einnahmen als „gewerblich“ eingestuft wird. Wir kannten das in der Vergangenheit bereits beim Problem des Verkaufs von Zahnhygiene- und Pflegemitteln. Zwar neigt der BFH mittlerweile zu einer Bagatellgrenze von 3 % der Gesamtnettoumsätze, höchstens 24.500 € im Veranlagungszeitraum (BFH, Urteile vom 27.8.2014, VIII R 16/11 und VIII R 6/12); jedoch gibt es hierfür noch keine gesetzliche Regelung, so dass ein Restrisiko im Einzelfall verbleibt. Besser ist hier eine steuerliche und organisatorische Trennung der Einkünfte.

Durch ein neues Urteil des BFH vom 16.7.2014 (VIII R 41/12) wurde das Augenmerk wieder auf das Problem der Eigenverantwortlichkeit von Ärzten gerichtet. Hier hatten die Gesellschafter einer Gemeinschaftspraxis für Anästhesie in Rechtsform einer GbR ihre Berufstätigkeit ohne eigene Praxisräume als mobiler Anästhesiebetrieb in der Praxis von fremden Ärzten bei deren Operationen unter Narkose ausgeübt. Für den steuerlichen Ausgang war entscheidend, dass jeweils einer der Gesellschafter eine Voruntersuchung durchführte und eine Behandlungsmethode vorschlug, während die eigentliche Anästhesie von einem anderen Arzt der Gemeinschaftspraxis übernommen wurde. In einfach gelagerten Fällen nahm auch eine angestellte Ärztin der GbR solche Anästhesien nach den Voruntersuchungen der Gesellschafter vor, während problematische Fälle den Gesellschaftern der GbR vorbehalten blieben. Das Finanzamt sah die Tätigkeit der Angestellten als steuerschädlich an. Dieser Auffassung konnte sich der BFH zum Glück nicht anschließen. Der Senat führte in seiner Urteilsbegründung aus, dass die Mithilfe qualifizierten Personals für die Freiberuflichkeit des Arztes unschädlich sei, wenn dieser bei der Erledigung der einzelnen Aufträge aufgrund eigener Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich auf die Tätigkeit des angestellten Fachpersonals patientenbezogenen Einfluss genommen habe, so dass die Leistung den „Stempel der Persönlichkeit“ des Freiberuflers trage. Das Kriterium der leitenden eigenverantwortlichen Tätigkeit sei erfüllt, wenn der selbständige Arzt die Voruntersuchung bei den Patienten durchgeführt, die Behandlungsmethode festgelegt sowie sich im Einzelfall die Behandlung „problematischer Fälle“ vorbehalten habe. Dagegen würde das Verlangen einer unmittelbaren Ausführung der Tätigkeit durch die Gesellschafter nach Auffassung des BFH den Bogen überspannen und den Einsatz fachlich vorgebildeten Personals im Bereich der Heilberufe faktisch ausschließen.

Als Konsequenz der Entscheidung ist zu erwarten, dass sich die Finanzverwaltung – obwohl im Streitfall unterlegen – zukünftig noch stärker mit der Frage der Eigenverantwortlichkeit beschäftigen wird. Bereits nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH konnte der Arzt oder Zahnarzt den durch die Zahl der Aufträge und der angestellten Mitarbeiter gekennzeichneten Umfang der Praxis nicht beliebig vergrößern, ohne dass seine Freiberuflichkeit in Frage gestellt war. Nachdem der BFH die Kriterien jetzt weiter konkretisiert hat, weiß auch der Betriebsprüfer des Finanzamts, in welche Richtung er seine Prüfungsplanung auszulegen hat. Dabei wird ihm auch das kürzlich erlassene Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14.11.2014 zu den „Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ hilfreich sein. Der zum Teil in der Beraterschaft höchst umstrittene Erlass ermöglicht einen erweiterten Zugriff auf die Datenverarbeitungssysteme des Steuerpflichtigen. Den sich hieraus ergebenden Herausforderungen muss sich auch der Zahnarzt stellen.

BFH, Urteil vom 16.7.2014, VIII R 41/12

Mehr News aus Recht

ePaper