Praxismanagement 01.06.2022

Teil 2: Schutzkonzepte in Praxen für  Kinder und Jugendliche



Teil 2: Schutzkonzepte in Praxen für  Kinder und Jugendliche

Foto: esthermm – stock.adobe.com

Hilfsbereitschaft sichtbar machen

Mit einer QM-Richtlinienerweiterung im Dezember 2020 durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G–BA) soll das Ziel verfolgt werden, Missbrauch und Gewalt insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen oder hilfsbedürftigen Personen in medizinischen Einrichtungen vorzubeugen, zu erkennen, adäquat darauf zu reagieren und zu verhindern. In dieser Fachartikelserie wollen wir die wichtigen Hintergründe für das zahnärztliche Gesundheitswesen zum Thema Gewalt und Missbrauch aufzeigen und Möglichkeiten der Entwicklung eines einfachen Schutzkonzepts klären.

Schutzbemühungen anzeigen

Mit einfachen Mitteln sollte in der Praxis versucht werden, ein Zeichen zu setzen und Schutzbemühungen junger Patienten erkennbar machen. Hilfsbedürftige Kinder und Jugendliche müssen erkennen können, dass sich die Praxis mit ihrem Schutz auseinandergesetzt hat und die Praxisleitung sowie Mitarbeiter angesprochen werden können. Ein engagiertes Team muss hier Brücken bauen. Um einen Hinweis im Wartezimmer zu setzen, besteht die Möglichkeit, die Bereitschaft mittels präsenter Abbildungen, z. B. eines Posters, darzustellen. Abgebildet werden drei Handzeichen (Abb. 1–3), die bei Gefahr und dringender Hilfe eingesetzt werden sollen. Diese Geste ist klein, nahezu unauffällig, und zwar mit Absicht. Sie soll dem Gegenüber auffallen, nicht jedoch demjenigen, von dem das Gewaltpotenzial ausgeht.

Hinweis: Wenn Sie sich mit jemandem unterhalten und Ihr Gegenüber macht die oben abgebildete Zeichenfolge, ist das ein klarer Hilferuf an Sie. Handeln Sie sofort, aber bitte mit Bedacht, um Ihr Gegenüber oder sich selbst nicht unnötig zu gefährden.

Mit der Auslage von Kurzbroschüren und Flyern kann ein weiteres Zeichen gesetzt werden

Praxen können sich bei ortsansässigen paritätischen Fachberatungsstellen nach Unterlagen zum Thema Gewalt gegen Kinder und Jugendliche erkundigen. Oftmals unterstützen diese Fachbehörden interessierte Parteien durch einfache und anschauliche Kurzbroschüren und Flyer. Diese themenbezogenen Unterlagen können im Wartezimmer der Praxis in die Auslage kommen. Sie beinhalten „leichte Sprache“ mit eigenen Regeln. Die Sätze sind kurz, schwere Worte werden erklärt. Sie sind besonders verständlich und zertifiziert. Entscheidend ist, dass diese Kurzbroschüren und Flyer hilfreiche Telefonnummern und weitere wichtige Kontaktadressen beinhalten. Die Praxisleitung sollte diese Unterlagen vorher ansehen. Auch hier kann es weitere wichtige Adressen geben, die im Fall, dass ein Missbrauchsopfer bekannt wird, für die Praxis wichtig sein können.

Schutz gelingt am besten zusammen – finden Sie Kooperationspartner

Interessierte Praxen sollten sich einen Überblick verschaffen, wer sie bei der Entwicklung oder Weiterentwicklung des internen Schutzkonzepts unterstützen kann. Ebenso sollte eruiert werden, wer im Fall einer akuten Gefährdung eines Kindes oder Jugendlichen anzusprechen ist bzw. beraten kann. Damit die Verantwortlichen der Praxis bereits zu Beginn des Prozesses der Entwicklung eines internen Schutzkonzepts Unterstützung haben, kann es sinnvoll sein, dass sie sich frühzeitig mit dem Aufbau eines Netzwerks von verschiedenen Akteuren beschäftigen. Das können auch befreundete Zahnarztpraxen sein.Darüber hinaus können externe Fachkräfte den Prozess der Erstellung eines Schutzkonzepts moderieren und begleiten. Man beachte, dass bei akuten Fällen von Gefährdungen die Praxis gegenüber dem Jugendamt einen Beratungsanspruch hat. Auch (paritätische) Fachberatungsstellen bieten die Möglichkeit einer (anonymen) Beratung.Um Fachberatungsstellen in Ihrer Region zu finden, können Sie folgende Anlaufstellen nutzen: Datenbank des Hilfeportals des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs: https://www.hilfeportal-missbrauch.de/nc/adressen/hilfe-in-ihrer-naehe/kartensuche.html

Eine Netzwerkübersicht kann behilflich sein

Praxen sind gut beraten, wenn sie sich eine Netzwerkübersicht in Form einer Tabelle erstellen. Hier wird festgehalten, welcher Ansprechpartner in einem akuten Beratungsfall anzurufen ist. Die tabellarische Übersicht kann auch hilfreich sein, um festzulegen, an welche Institutionen ggf. verwiesen werden kann und wer dann weitere wichtige Kooperationspartner für die Praxis sind. Diese Unterlage wird Bestandteil des internen Schutzkonzepts und im internen Qualitätsmanagementhandbuch verankert. Tabelle 1 stellt ein Beispiel für so eine Übersicht dar.

Kooperationen bringen Sicherheit für das eigene Handeln

Eine weitere Möglichkeit der Kooperation besteht in der Mitarbeit in regionalen oder überregionalen Arbeitsgruppen. Durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren in regionalen oder auch überregionalen Arbeitskreisen oder -gruppen kommt eine Praxis nicht nur ihrer Verpflichtung gegenüber der QM-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Qualitätsentwicklung nach, sondern sie kann auch wichtige Impulse für die Weiterentwicklung des internen Schutzkonzepts gewinnen. Um diese Art der Kooperation zu initiieren, können Praxen nach Arbeitskreisen und Akteuren suchen, die sich mit dem Schutz junger Menschen beschäftigen. Eine erste wichtige Anlaufstelle kann hier das ortsansässige Jugendamt sein, aber auch die Kommune, der Kreis und der Jugendhilfeausschuss können Auskunft geben.Ein Austausch mit den Praxen bekannten Einrichtungen und Diensten der Kinder- und Jugendarbeit im eigenen Ort kann hilfreich sein, um gute Ansätze und Ideen ggf. auch gemeinsam weiterzuentwickeln und voneinander zu lernen. Aus all den Aktivitäten und Bemühungen der Praxis resultieren wieder wichtige Informationen, die in der Praxis zur Auslage oder in den Aushang kommen können, welche die Hilfsbereitschaft der Praxis sichtbar machen und unterstreichen.Hinweis: Kooperation meint die Vernetzung mit verschiedenen Akteuren, die sich mit dem Schutz junger Menschen beschäftigen. Dazu können z. B. (paritätische) Fachberatungsstellen zählen, die bei der Erstellung eines Schutzkonzepts unterstützen können, oder das Jugendamt, das im Fall der Gefährdung eines jungen Menschen beraten und helfen kann.

Fazit

Diese Fachartikelserie umfasst insgesamt vier Teile. In der dritten Ausgabe werden wir uns mit der Vorbereitung und Sensibilisierung der Mitarbeiter auseinandersetzen. Hierzu gehört insbesondere ein auf die Praxis abgestimmter Verhaltenskodex, eine Selbstverpflichtung sowie jährliche Belehrungen, die einem Vergessen vorbeugen können. Interessierte Praxen können gerne weitere Informationen über ein Schutzkonzept für das zahnärztliche Gesundheitswesen beim Autor erhalten.

Dieser Beitrag ist im Endodontie Journal erschienen.

Mehr News aus Praxismanagement

ePaper